Weltreise Tagebuch

#161 Frühlingstage an Portugals Südküste

Nadine

März 2019

Unser nächster Roatrip steht wieder an und wir wollen den Frühling im Süden Portugals verbringen. Hier versprechen wir uns Temperaturen, die Autocamping um diese Jahreszeit schon möglich machen und hoffen auf eine ruhige Nebensaison in Portugals beliebtester Touristenregion – der Algarve.

Nach unserer Ankunft in Deutschland, bereiten wir unseren überwinterten Wagen wieder aufs Reisen vor, füllen die Kisten mit Kleidung, Ausrüstung und Lebensmitteln und verstauen alles unter unserem eingebauten Podest auf dem auch unsere Matratze liegt. Da wir keine Standheizung besitzen und wir mit kalten Nächten rechnen, haben wir zusätzlich zu Decken und Kissen auch unsere kuscheligen Schlafsäcke mitgenommen – die beste Entscheidung wie sich später zeigen wird! 😉 Denn auch wenn wir Richtung Südküste fahren, so ist es eben doch erst März und nachts kühlt sich der Wagen ordentlich ab und die Feuchtigkeit lässt alles klamm werden – außer eben man liegt im muckeligen Mumienschlafsack!

Die geplante Strecke bis zu unserem Zielort an der Algarve summiert sich auf fast 2600km und da Carsten im spritsparendem Fahrtempo von maximal 100km/h fährt, haben wir fünf Tage einkalkuliert. Natürlich ginge es auch viel schneller, aber mit (Koch-)Pausen und ohne Fahrerwechsel ist länger fahren keine Alternative.

Zu unserem Glück begleitet uns noch eine kalte Regenfront, so dass es wirklich ein Vergnügen ist, wenn wir abends den Wagen schlaftauglich umräumen müssen 😛 Und natürlich windet es immer dann wenn wir den Kocher rausholen wollen und es gar nicht so einfach ist den Spiritusbrenner mit Streichhölzern ans Brennen zu bringen. Die Pfanne können wir auch gleich verpackt lassen, ohne Topf und Deckel wird hier nix warm ;-). Nebenbei frieren auch Finger, Nasenspitze und Ohren ab. Wenigstens haben wir anständige Klamotten mit und sind doppelt (Nadine) und dreifach (Carsten) in Jacken eingewickelt 😉

Übernachten an der Autobahn – wir sind froh über Schlafsack und Decke!

Kochen bei Wind klappt nur zwischen den Hecktüren (hier schon in Portugal)

Wir reißen also Kilometer um Kilometer ab, fahren auf den teuren mautpflichtigen Autobahnen von Frankreich, bekommen dafür immerhin zahlreiche große Parkplätze mit kostenlosen, sauberen Toiletten, Picknickbereichen, Spielplätzen und teilweise sogar mit Wifi, queren die Grenze zu Spanien, wo der Sprit wieder bezahlbar wird und wechseln hinter Valencia auf eine kostenlose Autobahn. Hier ändert sich dann nicht nur die Qualität der Autobahn, sondern auch die der Parkplätze. Es gibt keine öffentlichen Toiletten mehr und ausgeschriebene Parkplätze tauchen nur sehr selten auf. So übernachten wir einmal an einer Tankstelle mit angeschlossenem LKW-Parkplatz und finden uns zwischen laut röhrenden Megatrucks wieder. Bei all dem Getöne, Gepiepe und Motorenjaulen sobald die LKW’s rückwärts einparken, kommt wenig Freude auf, also verziehen wir uns in den vorderen Parkbereich der Tankstelle, wo es zwar ruhiger ist, dafür aber grelle Lampen direkt ins Auto strahlen. Pest oder Cholera 😛 Wenigstens können wir uns ablenken mit ein paar Offline Folgen von „Big Bang Theorie“ 😉

Der Wecker klingelt jeden Morgen recht zeitig und noch bevor wir frühstücken, packen wir den Wagen wieder um und fahren erst mal los, um endlich die Heizung anwerfen zu können und die klammen Glieder wieder aufzuwärmen.
Kurz vor der Grenze zu Südportugal gönnen wir uns eine Nacht auf einem Campingplatz um wieder Strom zu haben und duschen gehen zu können. Und endlich wird es auch wieder sonniger und wärmer 🙂 Am 13. März überqueren wir die Grenze zu Portugal und sind nur noch zwei bummelige Stunden über Landstraßen unterwegs bis wir endlich an der Südküste des Landes ankommen.

In der Ortschaft Alcantarilha finden wir einen sensationell günstigen Campingplatz, der uns alles bietet was wir brauchen. Ruhig, mit schattigen Bäumen, kostenlosem Wifi, Aufladestationen für unsere Power Banks und den Laptop, Waschmachinen und sauberen Sanitäranlagen. On Top gibt es sogar noch Schwimmbecken und Tennisplätze und unser großer Stellplatz bietet uns zwei starke Bäume an, zwischen denen wir unsere bisher noch ungenutzte Slackline spannen können. Auch ein Tarp, dass uns das Kochen auch bei Regen ermöglichen soll, bauen wir auf. Für weniger als 8€ am Tag kann man echt nicht meckern 😉 Wir haben den perfekten Ausgangspunkt zur Erkundung der Algarve gefunden!

Unsere ersten Slackline Versuche 🙂

Unser Stellplatz: gut eingerichtet mit Tarp und Slackline 😉

Ponta da Piedade

Die Südküste Portugals wird gerne gleichgesetzt mit der Algarve. Fakt ist aber, dass nicht nur die Küstenlandschaft zur Algarve gehört, sondern auch das hügelige Hinterland. Aber das nur mal am Rande 😉 Was uns direkt überrascht hat, war wie grün die Algarve ist. Im Hinterland wachsen viele Korkeichenwälder und die Küste selbst ist voller blühender Agaven, Mittagsblumen und Büschen aller Art. Der Frühling lässt grüßen 🙂 Wir haben eine schöne Zeit erwischt!

Unser erstes Ziel hat es direkt in sich, gilt es doch als die schönste Felsformation der Algarve. Ponta da Piedade ist das Ende einer spitzen Landzunge und bildet eine Felslandschaft voller Grotten, Felsbögen, Tunneln und steil abfallenden Felsklippen.

Die Algarve und ihre bizarren Felsformationen

Ponta da Piedade

Die Küste ist überraschend grün – zumindest im Frühling 🙂

Ein Parkplatz in der Nähe eines Leuchtturms ist der Ausgangspunkt zur Erkundung dieser bizarren Felsenwelt. Von hier aus führen unzählige kleine Pfade direkt an den Klippen entlang und bieten immer wieder neue Perspektiven auf die Felsformationen im Wasser. Einer dieser Pfade führt direkt zu einer Treppe, die in den Sand- und Kalkstein gebaut wurde und bis zum Strand geht. Aber ganz ehrlich: den Blick von oben finden wir deutlich spektakulärer 🙂 Die Besucher verteilen sich dank der vielen Wege auch ganz gut, aber es ist schon einiges los. Wir stellen uns lieber nicht vor, wie es hier im Sommer aussieht. Die Nebensaison hat schon Vorteile 😉

Alcantarilha

Alcantarilha ist ein kleiner eher unbekannter Ort. Das liegt sicher auch daran, dass es kein Küstenort ist, obwohl es bis zum Strand nur 4km sind. Für die meisten Badetouristen ist das aber zu weit weg. Trotzdem ist es schön durch diesen Ort zu schlendern, spiegelt er doch das typische Aussehen eines Dorfes an Portugals Südküste wider.

Die kleine Ortschaft Alcantarilha

Ortserkundung

Portugiesische Häuser setzen gerne farbliche Akzente

Wie jede Ortschaft, besitzt auch Alcantarilha eine Kirche. An sich nichts Besonderes. Lässt man aber die Hauptkirche außer Acht und wirft einen Blick in die Kapelle am rechten Seiteneingang, dann darf man sich auf eine Skurillität einstellen. Die Knochenkapelle hat ihren Namen nicht von ungefähr. Hier liegen Hunderte menschlicher Gebeine und Schädel gestapelt. Zu dieser „Beerdigung“ kam es vor ca. 300 Jahren. Der Friedhof war damals völlig überfüllt und man grub die Toten wieder aus um Platz zu schaffen. Sie sollten eigentlich an einen anderen Ort überführt werden, aber die damalige Bevölkerung protestierte und so entstand die Knochenkapelle. Spannende Entstehungsgeschichte, oder?

Capela dos Ossos – diese Kapelle beherbergt…

…jede Menge menschliche Knochen und Schädel

Praia da Marinha

Eine weitere sehr bekannte Sehenswürdigkeit ist der Strand von Marinha. Besonders eine Felsformation zieht die Blicke auf sich. Man könnte meinen McDonalds hat sich hier inspirieren lassen, denn der markante Doppelbogenfelsen hat durchaus Ähnlichkeiten mit dem gelben M 😉

Als wir ankommen, verzieht sich gerade der Morgennebel und ein paar Resttröpfchen aus der Luft fallen auf den Boden. Die Sonne bricht aus den Wolken hervor und malt einen wunderschönen Regenbogen über die goldgelben Felsen. Einfach wunderschön!

Morgenlicht mit Regenbogen 🙂

Erosions-Kunst

Am Praia da Marinha

Praia da Marinha mit dem berühmten Doppelbogen

Zum Strand selber führen Treppen und je nach Tidenhub, ist der Sandstrand mal kleiner, mal größer. Steht das Wasser sehr hoch, kommt man zu dem Doppelbogen nur wenn man über die von den Klippen heruntergestürzten Felsbrocken klettert. Die vielen Warnschilder sollte man aber nicht ignorieren und lieber nicht zu nah an den Klippen entlang laufen. Das Gestein ist brüchig und immer wieder brechen kleine oder größere Stücke ab. Das gleiche sollte man auch beachten, wenn man auf einem der Küstenpfade oberhalb der Klippen unterwegs ist. Hängt ein Stück über, sollte man es besser nicht betreten.

Wir hatten Glück, denn es war gerade Ebbe und so konnten wir bequem bis zum Doppelbogen vorlaufen. Und weil wir schon am Morgen da waren, gab es außer uns nur noch ein weiteres Pärchen. Ja, der frühe Vogel wieder mal…. 😛

Wir bestaunen die Felsenwelt und schlendern am Strand entlang, beobachten die Wellen und die Luftakrobatik der Möwen. Wie so oft weht ein kräftiger Wind, aber für diese Seevögel ein Kinderspiel. Beneidenswert 😀 Wir steigen die Treppen wieder auf und folgen einen der vielen Klippenpfade. Kurz bevor wir umdrehen wollten, öffnet sich die Bucht und präsentiert ein echtes Schmuckstück an Strand. Leider – oder zum Glück? – gibt es keinen Zugang vom Festland aus. Man muss sich schon mit dem Boot hierher fahren lassen 😉

Praia do Pau – einfach traumhaft schön, oder? 🙂

Auch wenn wir hier nur die Schönwetterbilder zeigen, bedeutet das nicht, dass wir nur sonniges Wetter hatten. Rein statistisch gehört der März mit elf Regentagen sogar zu den regenreichen Monaten der Region. Und Regen hatten wir auch reichlich 😉 Tatsächlich wurde es sogar noch mal richtig kühl und ohne Langarmklamotten hätte der Schlafsack allein nicht ausgereicht. Während der Regentage haben wir unsere Reise in Afrika aufgearbeitet und auf dem Blog fertiggestellt, haben Reiserecherche für die letzten Wochen unserer Weltreise betrieben und eine grobe Route durch Portugal und Nordspanien festgelegt.

Übrigens wollen wir euch nicht unsere Dauerbesucher auf dem Campingplatz vorenthalten. Leider waren sie alle schüchtern und zeigten sich uns nur dann besonders nah, wenn wir keine Kamera in der Hand hielten. Aber nach unzähligen Versuchen sie einmal doch auch näher an die Linse zu bekommen, hat es doch irgendwann geklappt. Wir sprechen natürlich von tierischen Besuchern 😉

Stetiger Besucher am Campingplatz: Wiedehopf

Ebenfalls oft gesehen aber schüchtern vor der Kamera: die Blauelster

Bestäuber im Anflug 😉

Gelbe Mittagsblume

Neben dem Wiedehopf und den Blauelstern, turtelten regelmäßig zwei hübsche Tauben auf immer dem gleichen Baum auf unserem Stellplatz. Außerdem hatten wir regelmäßig Besuch von Spatzen, die sich direkt vor unserem Auto in dem trockenen halbsandigen Boden „gesuhlt“ haben um ihr Federkleid zu reinigen und dabei kleine Kulen hinterlassen haben 😛 Einer von ihnen war besonders neugierig und kam uns gerne besuchen und sprang auch schon mal auf den Tisch oder Stuhl 🙂 Man könnte ja meinen, Spatzen sehen alle gleich aus, aber diesen einen Frechdachs haben wir irgendwann trotzdem von den anderen unterscheiden können 🙂 Die kleinen Vögelchen haben eben auch alle einen eigenen Charakter und sind so individuell wie wir Menschen. Wir haben unsere tierischen Besucher wirklich lieb gewonnen. Auch spannend waren die fleißigen Ameisen, die in unserer Nähe einen unterirdischen Bau hatten und die alles was sie unter unserem Tisch an verkleckerten Lebensmittelresten aufspürten, scheinbar mühelos in den Eingang zogen. Unglaublich faszinierende Tiere.

Außer der Entdeckung der Langsamkeit und der Faszination Tierwelt, entdeckten wir auch die hohe Notwendigkeit von Geduld und Bescheidenheit wenn man sich das erste Mal auf einer Slackline versucht 😀 Kaum zu glauben, dass man jemals die ganze Line laufen kann, wenn doch am Anfang das Seil zittert wie Espenlaub. Dabei überträgt sich einfach nur jede kleine Muskelbewegung des Körpers auf das Seil. Eine richtig gute Übung für Koordination und Balance. Und Spaß macht’s auch 🙂

Spaß macht auch die Erkundung der Südküste und damit der Beitrag nicht zu lang wird, gibt’s im kommenden weitere Highlights der Algarve 🙂

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