Weltreise Tagebuch

#15 Mit dem Bus nach Kambodscha

Carsten

4. Januar 2018

Wir wechseln das Land. Statt zu fliegen, nehmen wir den Bus. Eine bewusste Entscheidung.  Aber auch die Richtige? Mit Geduld und Vorbereitung geht´s durch Korruption und Armut zum überraschenden Finale nach 12 Stunden.

Unser erster Monat in Thailand neigt sich dem Ende. Wir hatten   eine tolle Zeit und freuen uns nun auf Kambodscha mit den Tempelanlagen rund um Angkor Wat und alles was uns noch so begegnen wird.

Doch vorher steht die lange Busfahrt samt berühmt berüchtigten Grenzübertritt an. Wir finden im Netz und im Reiseführer Beschreibungen über all das was uns erwarten kann. Es klingt manchmal sehr abenteuerlich und unglaublich. Die Normalroute, von Koh Chang nach Siem Reap in Kambodscha, läuft folgendermaßen ab: Abholung an der Hauptstraße beim Hotel, Transfer zum Hafen, Überfahrt mit der Autofähre zum Festland, Weiterfahrt zur Grenze, Grenzüberschreitung zu Fuß, Weiterfahrt mit kambodschanischem Bus zu einem außerhalb liegenden Busbahnhof von Siem Reap und letztendlich eigenständige Weiterfahrt mit Tuktuk zum Hotel. Das ganze auf Straßen, die teilweise katastrophal sein sollen, mit Bussen die liegenbleiben können, klein und eng sind, und einem Grenzübergang mit Visum, der an Korruption kaum zu überbieten sein soll. Es werden 7-12 Stunden Fahrzeit aufgerufen. 7-12 Stunden? Es stellt sich heraus, dass es sieben Stunden reine Fahrtzeit sind und der Rest geht für Warten, warten, warten, Ausreisestempel, Visum, warten, Einreisestempel, warten, warten usw. drauf 🙂 Mit der Option bei Halbzeit auszusteigen, wenn mein Rücken nicht mitspielt, wollen wir es angehen. Wir kaufen unsere Tickets und sind froh zwei Tage vor unserer Abreise noch welche bekommen zu haben, denn bei mehreren Ticketverkäufern gab es keine mehr. Wir sind gespannt welch ein Busunternehmen wir gebucht haben. Es soll da unterschiedliche Qualitäten geben und wir wissen noch nicht welche wir bekommen. Sicherheitshalber gibt uns die Ticketverkäuferin ihre Handynummer mit den Worten: Besser ist es.

Am Abreisetag werden wir mit einem Minibus um 7.30 Uhr vor unserer Haustür abgeholt und zum Hafen gebracht. Der Van ist mit uns bis auf zwei Plätze belegt und die werden noch für das ganze Gepäck gebraucht. Hoffentlich kommt da keiner mehr hinzu. Fehlanzeige, es kommen noch zwei Reisende mit weiteren Rucksäcken. Es wird gerückt und umgepackt, bis alles, von Tagesrucksack bis Kinderwagen, irgendwie Platz gefunden hat. Die beiden, die zu letzt zusteigen haben echt wenig Platz und passen nur hinein, weil sie recht kurze gelenkige Beine haben und damit zurecht kommen, dass sie von Gepäckstücken eingekeilt sind – und damit meine ich eingekeilt!

Hafen auf Koh Chang

Alle stehen sauber aufgereit und warten auf die Autofähre

Am Hafen wird gewartet, der Fahrer isst eine Suppe und wir könnten auch noch einkehren, wenn wir wüssten wieviel Zeit uns bleibt – Info, Fehlanzeige. Egal, wir haben uns entschieden dem zu Erwartenden mit Genügsamkeit zu begegnen. Während wir so warten fällt uns auf, das alle Minibusse vom gleichen Busunternehmer sind. Alles läuft über ein und den selben Anbieter, einem Kambodschaner. Die Ticketverkäufer haben ihre Kontingente und wenn die weg sind kaufst du halt beim nächsten, macht eh keinen Unterschied. Nur der Preis ist bei dem einen höher und bei dem anderen niedriger – je nach persönlichem Verhandlungsgeschick 😉 Die Busse sind alle ähnlich alt und außen hui und innen naja…vor allem sehr sehr vollgepackt.

Autofähre nach Trat aufs Festland

Tschüss Koh Chang

Es folgt eine ruhige Überfahrt mit schönem Rückblick auf Koh Chang und nach anderthalb Stunden geht es auf dem Festland weiter. Die Stoßdämpfer, äh Blattfedern sind wohl irgendwie da, jedoch total fertig. Bei uns federt mal nix mehr. Glücklicherweise sind die Straßen und unsere Sitze deutlich besser als befürchtet. So rollen wir dahin und geniessen die Aussicht aufs ländliche Thailand. Interessanterweise gehören hier in Thailand die Busse zu den schnellsten Verkehrsteilnehmern, noch vor Pkws, seltsam. Bei jedem Vorbeifahren/Überholen wird ausgiebig gehupt, also nicht wie in den Alpen oder auf schmalen Straßen vor unübersichtlichen Kurven, sondern IMMER!

Nach zwei Stunden bekommen wir eine Toilettenpause mit der Möglichkeit etwas zu Essen einzukaufen. Ich frage den Fahrer wie lange wir stehen werden. Wir haben 10 Minuten Zeit und wir entscheiden uns für leckere frische Ananas. Es läuft echt gut für uns, wir düsen relativ entspannt, wenn auch etwas holpriger, in Richtung Kambodscha. Nach ca. anderthalb Stunden erreichen wir die Grenzstadt Aranyaprathet, wo wir eventuell eine Nacht pausieren wollen, – nein wollen wir nicht. Erstens geht es uns noch gut und zweitens ist es echt nicht schön hier, also weiter zur Grenze Visum kaufen. Ähm, nee doch noch nicht. Wir werden an einem Restaurant in der „Nähe“ (sieht zwar so aus wie, ist es aber nicht) der Grenze aus dem Bus heraus komplimentiert. „So, da hinsetzen warten und Reisepässe bereithalten!“ Das ist mal ne Ansage, davon hatten wir gelesen, die Busfahrer bzw. ihre Komplizen wollen uns für viel Geld unsere Visa besorgen, was wir allerdings auch alleine könnten. Wir wollen uns nicht darauf einlassen und suchen die Grenze. GPS sei dank…nee wat’n Sch…ca. halbe Stunde Gehzeit, hmpf!

Diskussion mit den bösen Jungs erfolglos.

Telefongespräch mit der Ticketverkäuferin, erfolglos.

Info Asien Reiseführer von Stefan Loose: Aussitzen, erfolgreich 🙂

Ein paar andere Mitreisende spielen auch unser Spiel und so sind wir nicht alleine. Fühlt sich besser an, da die bösen Jungs echt unangenehm aggressiv sind. Nach einer Stunde geht es in einem weiteren Minibus für uns weiter zur Grenze. Die anderen, die „freiwillig“ das Doppelte!! bis Dreifache!!! für ihr Visum bezahlt haben fahren in einem anderen Bus auch nur bis zur Grenze. Wir holen uns zuerst unseren Ausreisestempel bei den thailändischen Grenzern (nachdem wir gewartet haben) und dann ab zur Visumstelle der Kambodschanischen Grenze Poi Pet. Hier füllen wir unser Formular aus, legen pro Nase 30$ dazu und werden darauf hingewiesen, dem doch netten Beamten vor dem Schalter auch noch 100 Baht zu „schenken“. Dieses Geschenk ignorieren wir, weil vollkommen unnötig (laut Reiseführer) und bekommen trotzdem nach kurzem Warten unser Visum. Damit geht es hundert Meter weiter, wieder Formular ausfüllen und wieder anstellen und warten. Diesmal dauert es länger und wir sehen Mitreisende in der Warteschlange, die die überteuerten Visa gekauft haben. Letztlich muss doch jeder zu Fuss über die Grenze und das ganze Abstempelprozedere durchlaufen. Doppelt oder dreifach bezahlt hilft da auch nicht. Der Stefan Lose Reiseführer hat sich ausgezahlt 😉

Grenzstadt Poi Pet

Wer braucht schon eine Anhängerkupplung? Starke Arme tun es auch. Und obendrauf hockt auch noch einer!

Das ganze hat ca. zwei Stunden gedauert, bei 30 Grad im Schatten, zwischen schwitzenden Touristen, bettelnden Schwerbehinderten, Trickbetrügern, korrupten Beamten und freundlichen hilfsbereiten Menschen. Was eine Mischung und wie unterscheiden wir gut von böse? Keine Ahnung, Bauchgefühl und nicht einlullen lassen. Wir warten in dem uns zugewiesenen großen Reisebus auf die Weiterfahrt. Wir sehen Spielkasinos (in Thailand verboten) und ihre Angestellten in schicken Uniformen neben extremer Armut. Wir atmen den Gestank von Müll, gebrochenem Abwasserrohr, Staub und Abgasen. Alle Busse lassen ihre Motoren im Stand laufen. Die Fahrzeuge in Kambodscha sind noch mehr überladen und teilweise noch abgewrackter als in Thailand und gleichzeitig fahren die gleichen Nobelkarossen durch die Straßen, nur seltener. Die Straße ist unglaublich staubig und die Armut ist spürbar größer als in Thailand. Die Menschen die uns an der Grenze begegnen geben uns einen Vorgeschmack auf das, was wir noch öfter sehen werden. Landminenopfer, bittere Armut bei jung und alt, und Menschen die es schaffen trotzdem zu lachen. Wir dürfen gespannt bleiben und weiter warten. Abfahrtzeit bleibt trotz nachfragen unbekannt. Im neuen Bus riecht es nach Schimmel, aus der Klimaanlage und eigentlich überall. Nadines Nase geht langsam zu. So nach einer guten Stunde fahren wir plötzlich los, endlich.

Ja, wer liegt denn da im Gepäckraum?

Stopp mitten im Markt

Unser Reisebus nach Siem Reap

Es folgen weitere zwei Stunden Fahrzeit, eine weitere Pause und es dauert noch eine weitere Stunde bis wir Siem Reap nach 12 Stunden bei völliger Dunkelheit erreichen. Dann passiert das ungewöhnlichste des Tages. Nein, nicht, dass wir ausserhalb von Siem Reap ausgeladen werden und noch einen weiteren Transfer brauchen (obwohl wir bis Siem Reap gebucht haben), dass wußten wir schon vorher 😉 Nein, das Busunternehmen hat Tuktukfahrer organisiert, die uns kostenlos zum jeweiligen Hotel fahren! Kostenlos! Wo ist der Haken? Kommen wir zu unserem Hotel oder werden wir woanders hingefahren? Keine Ahnung, wir lassen es darauf ankommen, denn dieser Tag hat bei uns Spuren hinterlassen und wir sind hungrig und müde und einfach groggie in the middle of nowhere. Unser Tuktukfahrer ist nett, fährt uns zu unserm Hotel und möchte uns gerne die nächsten Tage zum Andkor Wat fahren. Wir überlegen kurz, er macht einen freundlichen Eindruck und fährt uns kostenlos zum Hotel, OK, übermorgen 5.30Uhr zum Sonnenaufgang soll es losgehen. 20$ für den Tag, wir handeln nicht, wollen auch freundliche dankbare Touristen sein.

Den morgigen Tag brauchen wir zur Entspannung, erstmal ankommen in der neuen Umgebung.

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