Weltreise Tagebuch

#46 UXO

Nadine & Carsten

12. März 2018

Laos ist das Opfer eines entsetzlichen Alptraums, der in den 1970ern Realität wurde. Bis heute leidet das liebenswerte Land unter den Folgen und selbst als Tourist wird man immer wieder an dieses Ereignis erinnert. Was es damit genau auf sich hat und welchen besonderen Menschen wir kennenlernen, wollen wir heute mit dir teilen.

In jedem Krieg gibt es Bomben und Granaten, die nicht explodiert sind und weiterhin eine Gefahr für die Menschen in den ehemaligen Kriegsgebieten darstellen. Sie werden auch UXO = unexploded ordnance (Blindgänger) genannt.

Während des Vietnamkrieges wurden über Laos von den USA mehr Bomben abgeworfen als im gesamten 2. Weltkrieg. Mehr als 2 Millionen Bomben wurden in über 500.000 Angriffen abgeworfen. Damit ist Laos das am meisten bombardierteste Land der Welt.

WARUM fragt man sich da? Und WAS hat Laos mit Vietnam zu tun? Weil die US-Amerikaner einen von den Vietcong genutzten Pfad auslöschen wollten, der zum großen Teil durch Laos führte. Da sie natürlich nicht genau wussten, wo er langging, haben sie einfach alles kurz und klein geballert und auch chemische Waffen wie Agent Orange verwendet. Und lange Zeit bestritten, dass sie Laos bombardieren würden. Unfassbar…..

Leider kamen auch die heutzutage verbotenen Clusterbomben zum Einsatz. Diese enthielten alle zusammen insgesamt 270 Millionen Bombies, von denen ca. 30% nicht explodierten und als UXO im Land verteilt liegen. 25% der Dörfer Laos sind davon betroffen. 41 der 46 ärmsten Gebiete sind UXO kontaminiert. Sie sind hauptsächlich für die fast täglichen Verletzungen, Amputationen und vereinzelten Todesfällen verantwortlich. Auch wenn die Unfallzahlen rückläufig sind, ist die Gefahr noch lange nicht vorbei.

Nur eine Auswahl an tödlichen Waffen

Cluster Bombe – bis zu 680 Bombies können in den Containern enthalten sein

Wir haben das UXO Besucherzentrum in Luang Prabang besucht, das eine Ausstellung von den eingesetzten Waffen zeigt und über Informationstafeln und Fotos über die Geschichte und ihre Folgen aufklärt. In einem weiteren Raum werden Kurzdokumentationen (mit englischen Untertitel) gezeigt, wo erläutert wird wie aufwendig die betroffenen Gebiete mit Metalldetektoren bis in eine Tiefe von zwei Metern gescannt werden müssen. Ein zweiter Schwerpunkt ist die Aufklärung der Bevölkerung in den Dörfern und der Kinder in den Schulen. Die Kurzberichte von Betroffenen erschütterten uns zutiefst. Spielende Kinder, Bauern bei der Bearbeitung des Ackers oder anderen alltäglichen Arbeiten stoßen auf die Blindgänger, die bei Berührung, Hitze (Feuerstelle), dem Versuch sie zu öffnen (Kinder nach dem Finden) oder der Einwirkung von Spaten bzw. Hacke explodieren.

Laos ist das meist bombardierteste Land der Welt

Jedes der roten Pünktchen auf der Karte steht für einen Bombenangriff

Unterm Strich leidet Laos noch immer massiv unter den Folgen des Krieges und als eines der ärmsten Länder wären landwirtschaftlich nutzbare Flächen ohne Todesgefahr essentiell wichtig für die Bevölkerung. Das zur Verfügung stehende Geld reicht nicht aus um beantragte Flächen zeitnah zu scannen und von Blindgängern zu befreien. Gerade die Landbevölkerung, die immer wieder auf die Erschliessung neuer, teils kleinster Gebiete angewiesen ist, hat keine Zeit zu warten und hofft darauf Glück zu haben. Oft vergebens, denn fast täglich wird jemand durch UXO verletzt oder getötet!

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Wir sind uns sicher, das jeder Tourist irgendein Foto von diesen Bomben mit nach Hause nimmt und bestimmt auch nachdenkliche Momente hat. Doch sind wir nicht viel zu sehr an den Anblick von Waffen und Bomben gewöhnt? Sei es durch Nachrichtenmagazine oder Hollywood, irgendwie ist es Altmetall, und die Häufigkeit der Kriegsberichterstattungen läßt uns Nicht-Betroffene abstumpfen. Kriege hat es schon immer gegeben, hören wir immer wieder. Und nun? Weitermachen wie bisher? Nach uns die Sinnflut? Manchmal zweifeln wir an dem gesunden Menschenverstand.

Und nun wollen wir zu dem besonderen Menschen von unserem Titelbild kommen: er heißt Kai, ist ein Laote und in Muang Noi geboren. Mit 12 Jahren ist er beim Fischen Opfer eines UXO geworden. Die linke Hand samt halbem Unterarm mußte amputiert werden. Glücklicherweise konnte er weiter zur Schule gehen, konnte in der Hauptstadt Englisch studieren und bekam die Möglichkeit für verschiedene Firmen zu arbeiten. Kai ist nach Muang Noi zurückgekehrt, baut im Nachbarsdorf pestizidfrei Obst und Gemüse an, welches er in seinem Restaurant „Gecko“ verarbeitet. Englisch sei gut und schön, aber sein Herz schlägt fürs Kochen! Deshalb eröffnete er das Gecko und gibt auch Kochkurse. Weitere Pläne sind Kaffeeanbau sowie eine Rösterei und vollwertige Backwaren mit seiner Lebensgefährtin zu produzieren. Nebenbei hilft er dem Dorf mit selbst organisierten Müllsammelaktionen und Aufklärung über die Zusammenhänge von Umweltgiften und Natur. Den Ärmsten hilft er finanziell und so schätzt und kennt jeder im Dorf den amputierten jungen Mann. Wir sind sehr glücklich Kai getroffen zu haben. Ein Nachkriegsopfer voller Herzlichkeit und Visionen, welches ein nachhaltiges Miteinander statt Gegeneinander lebt. Mit nur einer Hand schnibbelt, kocht und serviert er nach Herzenslust und nebenbei macht er die Welt ein klein wenig besser. Wer einmal nach Laos kommt und Muang Noi und die Gecko Bar nicht besucht, ist selber schuld 😉

Die Gecko Bar in Muang Noi – sehr empfehlenswert!

Kai in unserer Mitte ist ein Mensch voller Herzlichkeit und Visionen

Seine Currys sind im ganzen Dorf die besten!

Klassisches Pad Thai

Geht immer: Gemüsereis

In dem Dorf aus dem er stammt liegen Zünder und Bomben als Deko und Mahnmal zugleich auf fast jedem Grundstück. Es wird immer wieder darauf hingewiesen die gesicherten Pfade nicht zu verlassen und teilweise werden besonders gefährliche Gebiete gekennzeichnet. Doch wenn man sich die hunderttausenden geflogenen Angriffe anschaut, wird einem schnell klar, wie groß und weiträumig die Gefahr weiterhin sein muss.

An wie vielen Kriegen nehmen wir allein durch unsere deutschen Waffenlieferungen teil? Was bleibt übrig, wenn die Kriege vorbei sind? Wann ist ein Krieg für die Zivilbevölkerung wirklich vorbei? In Laos bist du Zeuge der Kriegsfolgen der 1970er Jahre. Du kannst nicht einfach durch Wälder gehen. Eine Flussquerung kann dein Ende bedeuten und die amputierten Menschen hatten in den seltensten Fällen vorher Krebs oder einen Unfall ohne Bombeneinfluss.

Laos und seine Bewohner haben uns sehr beeindruckt. Es ist ein wunderschönes Land mit wunderbaren Menschen und einem sehr entspannten Lebensstil, trotz allen Leids und Gefahren.

Bei der traurigen Geschichte, die bis heute das Leben in Laos beeinträchtigt, vergeht einem das Lachen.

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