#108 Alte Ruinen, neue Ruinen und eine traumhaft schöne Landschaft
Nadine
14. – 15. September 2018
Heute treffen wir nicht nur auf den coolsten aller Campingplätze bisher, sondern auch auf unglaublich schöne Küsten- und Seenlandschaften, auf Schlangen und Schildkröten, auf eine antike Ruinenstadt und – last but not least – auf abgefahrene moderne Ruinen.
Unser Ziel heute heißt Ksamil und liegt auf einer langgezogenen Halbinsel am Ionischen Meer. Hier soll es zahlreiche Badebuchten, winzige vorgelagerte Inselchen und eine UNESCO ausgezeichnete Ruinenstadt aus der Antike geben. Wir haben schon viel gehört von den traumhaften schönen Sandstränden Albaniens. Einen ersten Vorgeschmack gab es gestern ja schon 🙂 Unsere Anfahrt nach Ksamil wird immer wieder unterbrochen von den atemberaubend schönen Landschaften, die uns „zwingen“ anzuhalten um sie ausgiebig bestaunen zu können. Mal im Ernst: sieht das nicht super-mega-genial aus? 😀
Unseren angepeilten Campingplatz in Ksamil finden wir erst nicht, da uns Google auf irgendeinen Schleichweg führt, der im Nirgendwo endet. Dafür haben wir von hier aus einen richtig tollen Blick auf die Bucht von Ksamil. Gegenüber liegen ein paar kleine Inseln und ebenfalls ganz nah liegt die griechische Insel Korfu. Traumwetter. Traumkulisse 🙂 Den Campingplatz finden wir anschließend dann auch ohne Googles Hilfe. Wir folgen einfach den sehr unscheinbaren Holzschildern mit einem aufgemalten Zelt 😉 Wir werden sehr herzlich von dem Besitzerehepaar begrüßt und herumgeführt. Hier gibt es einfach alles. Neben mehreren (kostenpflichtigen) Waschmachinen darf alles andere kostenlos benutzt werden. Es gibt eine große Herdplatte, unzählige Töpfe, Pfannen, Gewürze, Öle, Besteck, Teller, mehrere Mixer, ein Waffeleisen und ich weiß nicht, was ich grad noch alles vergesse. Alles im Preis dabei (lächerliche 15 Euro für uns beide pro Nacht) Dazu super saubere Sanitäranlagen und jeden Tag gibt es auf dem sprichwörtlichen Silbertablett Kaffee, Wasser oder Orangensaft und ein Schälchen voll mit Zimt- und Anisbonbons. Es ist der Wahnsinn! Ach ja, und WLAN funktioniert auch tadellos 🙂 Nur einen winzigen – quasi fast unbedeutenden – Haken gibt es. Der Platz ist richtig richtig eng und man kommt unweigerlich mit den Nachbarn ins Gespräch. Schon bei der Anfahrt. Denn damit ein Neuankömmling überhaupt reinpasst, müssen auch schon mal Stühle und Bänke kurz zur Seite geschafft werden. Ein großer Spaß für die Fahrer 😛 Aber die beiden Besitzer weisen alle sehr akkurat ein und jeder hilft mit. An dem Abend lernen wir viele nette Menschen kennen und zur Krönung des Tages wird von den talentierten Sängern und Gitarristen unter ihnen ein Ständchen nach dem anderen gespielt 🙂
Am nächsten Morgen kommen wir wieder mit unseren Nachbar Campern zusammen und werden von Daniela und Emre aus München zum Pfannkuchen essen eingeladen. Da sagen wir alle nicht Nein 😉 Die beiden sind die ersten, die wir auf der Europa Reise treffen, die – wir wir – ganz minimalistisch unterwegs sind und auch zu zweit in ihrem Kombi schlafen. Die meisten haben dann doch einen Camper oder neben ihrem Auto ein Zelt mit, das sie aufbauen. Und weil die zwei ebenfalls vegan leben, haben sie auch einige Spezialitäten im Auto mit, die sie auch noch mit uns teilen wollen 🙂 Mega!
Butrint
Nach der Pfannkuchen Verköstigung fahren wir zur nahe gelegenen Ruinenstadt Butrint. Sie gehört mit zu den beliebtesten Touristenzielen Albaniens und lockt viele Besucher an. Kein Wunder, die uralten Gemäuer sind nicht nur seit 1992 UNESCO Weltkulturerbe, sondern sind in einer landschaftlich wunderschönen Kulisse eingebettet. Butrint liegt mitten im gleichnamigen Nationalpark und ist umgeben von Seen, Kanälen, Bergen und schattenspendenden Bäumen.
Die ersten Bewohner der Stadt waren Illyrer und Griechen. Das liegt weit über 3000 Jahre zurück. Später kamen die Römer ins Land und brachten ihre Einflüsse mit. Noch später die Venezianer und Osmanen. Am besten erhalten ist das aus dem 3. Jahrhundert n.Chr. stammende halbrunde Amphitheater was bis zu 2000 Besuchern Platz bot.
Direkter Nachbar ist das Schatzhaus des Asklepios Tempels aus dem 4. Jahrhundert n.Chr. Ein Holzsteg führt über einen kleinen dunkelblauen Tümpel. Im Augenwinkel sehe ich eine Bewegung auf dem Wasser und entdecke eine kleine Wasserschlange. Den Zoom der kleinen Kamera auf Anschlag will ich mich gerade der Schlange langsam nähern als auch noch eine Schildkröte auftaucht! Bei so vielen Fotomotiven weiß man ja gar nicht wo man zuerst hin soll 😛 Ich wende mich zuerst der Schlange zu, denn allein schon ihre anmutigen Bewegungen durchs Wasser sind faszinierend. Schildkröten sehen wir später noch einige mehr, denn auf der Ausgrabungsstätte gibt es immer wieder sumpfige Gebiete oder ehemalige Thermalbäder in denen sie ihre Köpfchen aus dem Wasser strecken.
Es folgen die Reste einer Basilika aus dem 6. Jahrhundert n.Chr., die Reste eines Palastes und Wohnungen der Römer, ein Gymnasium und eine Taufkapelle. Letztere besitzt einen reich verzierten Mosaikboden – zumindest auf der Infotafel kann man ihn begutachten. 😉 Heute und auch das ganze Jahr über wird er aber von einer Sandschicht bedeckt gehalten um ihn vor Witterungsbedingungen zu beschützen. Nur zu besonderen Ereignissen wird er der Öffentlichkeit präsentiert. Schade, auf dem Bild sieht er wirklich beeindruckend aus. Aber dafür gab es schon in der Nähe der Thermalbäder einen Mosaikboden zu bewundern. Richtig alt ist das Löwentor – eins von sechs Eingängen in die Stadt. Es stammt aus dem 4. Jahrhundert vor Christus. Irre alt 🙂 Noch heute kann man den Löwen entdecken, der gerade einen Stier erlegt hat:
Die letzte Station unserer Ruinenerkundung befindet sich auf einer kleinen Anhöhe und stammt aus der Zeit der Venezianer. Die Burg aus dem 14. Jahrhundert wurde in den 30ern wiedererbaut und beherbergt heute ein Museum, das Fundstücke der Ruinenstadt ausstellt und ihre Geschichte erzählt. Nach guten zwei Stunden haben wir uns alles angeschaut und stellen wieder mal fest, dass nach Angkor Wat andere Ruinen bei weitem nicht mehr so beeindruckend sind 😛 Trotzdem ist der Besuch sehr schön gewesen und hat sich allein schon der Landschaft wegen gelohnt.
Nun haben wir fast alle Punkte aus unserer Überschrift abgehakt. Fehlt nur noch der Teil mit den neuen Ruinen. Tja, wie so oft in Albanien finden sich wirklich viele halb angefangene Bauten wie Villen oder sogar Hotels wieder. Oft sogar fast komplett fertig gestellt. Aber keine einzige Menschenseele wohnt darin. Da hat dann wohl das Geld nicht ganz ausgereicht. Und so verkommen die Gebäude und die Natur holt sie sich peu a peu wieder zurück. In Ksamil brach Anfang der 2000er ein Bauboom aus Man wollte sich unbedingt zu einem mondänen Badeort mausern. Viele bauten schwarz, manch anderes Experiment misslang. Und so stehen reihenweise Stahlbeton-Skelette in der Ortschaft herum.
Wer Ruhe und Einsamkeit sucht wird in Ksamil im Sommer nicht wirklich fündig. Der Ort ist auch bei den Albanern so beliebt, dass hier wirklich jeder Zentimeter am Strand ausgenutzt wird. Wer aber ein bisschen auf die Suche geht wird noch abgelegene ruhige Strandabschnitte finden. Leider trübt der unfassbar viele Müll hier überall den Gesamteindruck erheblich. Schade, denn die Natur ist wirklich wunderschön.