#119 Budapest – schönste Stadt in Osteuropa?
Nadine
03. – 05. Oktober 2018
Budapest gilt als das Paris des Ostens, als schönste Stadt Osteuropas und die berühmte Kaiserin Sissi wollte aus Ungarns Hauptstadt ein noch pompöseres Wien machen. Bei diesen Vorschusslorbeeren liegt die Messlatte ziemlich hoch. Wir haben 48h Zeit um die Stadt zu erkunden und uns eine eigene Meinung machen zu können.
Unser Ziel heißt eigentlich Slowakei. Aber zwischen Rumänien und der Slowakei liegt eben noch Ungarn. Wäre doch schade einfach nur durchzufahren ohne nicht wenigstens die Hauptstadt zu besuchen, oder? Ohnehin wäre es uns zu viel Fahrerei gewesen 😉 Also buchen wir vorab ein Hostel und bringen noch in Erfahrung wo wir unser Auto parken können. Denn natürlich herrscht – wie in jeder Metropole – Parkplatzmangel. Aber unser Gastgeber hat einen Tipp, wo wir nur 10 Gehminuten entfernt ein bewachtes Plätzchen für unseren Wagen finden. Und das ganze für nur 8€ pro Tag. Sehr cool.
Wir fahren noch im Dämmerlicht in Rumänien los und kommen an der ungarischen Grenze vor dem Berufsverkehr an. Da wir von einem EU Land in ein anderes fahren, geht alles flott und unkompliziert. Zusätzlich dürfen wir die Uhren wieder eine Stunde zurückdrehen. Endlich passt der Sonnenstand wieder besser mit der Uhrzeit zusammen!
Insgesamt viereinhalb Stunden brauchen wir bis wir Budapest erreichen. Bevor wir zum Hostel fahren, nehmen wir noch einen Skateboard Laden in einer Shoppingmall mit. Carsten erfüllt sich seinen Wunsch wieder auf dem Skateboard zu stehen wie als kleiner Bub vor -zig Jahren. 😉 Da einer der Verkäufer zufällig auch noch Deutsch spricht, artet das Verkaufsgespräch in gefühlte Stunden aus! Aber irgendwann endet Carstens Gesprächs- und Testbedarf und mit seinem neuen Bord und strahlendem Gesicht geht es zurück zum Auto 😉
Der oben angesprochene Parkplatz entpuppt sich als eine Art kleiner schottriger Innenhof und der Besitzer, der in einer Art Wärterhäuschen hockt, lebt dort auch. Ein kleines privates Dixie Klo ist seine einzige Rückzugsmöglichkeit. Unglaublich. Wir nehmen unsere Taschen und Tüten und laufen zu unserer Unterkunft. Alles funktioniert rein automatisch und ohne Rezeption. Hier ein Geheimcode für die Tür, da ein Pin für das Schlüsselkästchen und schon sind wir drin in unserem spartanischen Zimmer. Küche und Bad teilen wir mit drei anderen Zimmern. Wir nächtigen im Stadtteil Pest. Budapest setzt sich aus den Stadtteilen Alt-Buda, Buda und Pest zusammen. Die Donau trennt Buda (Westen) und Pest (Osten). Während in Buda die Landschaft hügelig ist, und viele gut situierte Menschen wohnen, ist Pest der Stadtteil, wo Arbeiter, Künstler und Studenten leben. Hier pulsiert das Leben mit Cafes, Theatern und Vergnügungsvierteln. Noch immer stimmt der Spruch: „In Buda wohnen und in Pest leben.“
Unser Nachmittags Spaziergang führt uns zur ersten Sehenswürdigkeit – dem Heldenplatz. Hier thront eine 40m hohe Statue des Erzengels Gabriel und viele ungarische Fürsten und Könige zieren zwei prachtvolle Kolonnaden. Polizei Präsenz und ein weitläufiges Absperrband verhindern, dass Touristen auf dem Heldenplatz herumlaufen. Es findet nämlich gerade eine Militärparade statt. Wir schauen diesem Theaterspiel eine Weile zu und stellen mal wieder fest, dass antiquierte Traditionen nicht unser Ding sind.
Direkt hinter dem Heldenplatz liegt das Stadtwäldchen. Ein Naherholungsort mit dem größten Thermalbad Europas, einem Zoo, einem See mit Wald und einem Schloss namens Vajdahunyad. Die ungarische Sprache ist übrigens die komplizierteste, die wir auf unserer Europa Reise antreffen. Lange Wörter mit vielen Strichen, Doppelpunkten und Kringeln. Und dazu eine schräge Aussprache. Witzig wird es morgen, wenn wir auf die Metro angewiesen sind und uns irgendwie die Haltestellen, wo wir ein- und aussteigen wollen, merken müssen 😛
Das Schloss Vajdahunyad sieht von weitem eher aus wie eine Burg. Betritt man aber den Innenhof, vermischen sich die verschiedensten Architekturstile. Ebenso wie der Heldenplatz wurde auch Schloss Vajdahunyad 1896 zum tausendjährigen Bestehen des ungarischen Reiches errichtet. Die Sonne lässt das Gemäuer in warmen Rottönen noch einmal aufstrahlen und wir beeilen uns um noch ein paar Aufnahmen im Kasten zu haben bevor sie ganz untergeht.
Am nächsten Morgen ziehen wir für uns beide jeweils ein 24h Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Das funktioniert überraschend easy und rentiert sich schon ab der dritten Fahrt. Wir können nun Bus, Straßenbahn und Metro in ganz Budapest nutzen. Coole Sache! Carstens Namensgedächtnis ist ja eher „sieb“-ig, also widme ich mich dem Metroliniensystem mit all seinen Farben, Namen und Endhaltestellen. Das klappt dann wenigstens auch 😉
Die berühmteste Kirche der Stadt ist die Matthiaskirche – auch Krönungskirche genannt, da hier schon mehrere Könige gekrönt worden sind. Unter anderem auch die berühmte Kaiserin Sissi und ihr Franz aus Österreich. Als Ungarn noch zu Österreich gehörte, wurden die beiden hier zu König und Königin von Ungarn ernannt. Sissi liebte die Stadt und das Land und verbrachte viel Zeit hier. Ihr Bestreben aus Budapest ein noch pompöseres Wien zu machen zeigt sich bis heute im Stadtbild.
Das Besondere an der Matthiaskirche sind die beiden extrem ungleichen Türme. Da ist zum einen der pechschwarze Béla-Turm, der kaum höher ist als das Kirchenschiff selbst und da ist zum anderen der schneeweiße Matthias Turm, der 80m in die Höhe ragt. Auffällig sind auch die bunt gemusterten Ziegel des Kirchendaches. Es lohnt sich die Kirche auch von innen anzuschauen und den Eintrittspreis zu zahlen. Es gibt viel zu sehen und das integrierte Museum beantwortet die ein oder andere Frage für Kirchenliebhaber 😉 Und auch die Geschichte von Sissi wird gerne aufgegriffen.
Direkter Nachbar der Matthiaskirche ist die Fischerbastei, die mit ihrer ungewöhnlichen Optik einen sehr hübschen Kontrast darstellt. Vorallem aber hat man von hier aus einen tollen Blick über die Stadt. Zumindest wenn man nicht gerade zur höchsten Besucherdichte da ist. Wir sind ein bisschen zu spät dran und sind wirklich erschrocken wieviele Menschen hier herumwuseln. Im Oktober ist wohl noch keine Nebensaison in Budapest 😛
Wir schlendern weiter bis zum berühmten Burgpalast, wo ein prunkvolles Gebäude nach dem anderen steht, u.a. die Ungarische Nationalgalerie, die Nationalbibliothek und das Burgmuseum. Auch hier fließen wir im Touristenstrom mit, bewundern die Aussichten und die vielen beeindruckenden Fassaden.
Als wir genug haben steigen wir vom Burgberg wieder herunter und spazieren bis zur berühmten Kettenbrücke, die die Donau überspannt und sowohl für Fußgänger als auch für den Verkehr gebaut wurde. Zum Zeitpunkt ihres Baus war sie mit 375m die längste Brücke Europas. Es lohnt sich die Brücke auch einmal zu Fuß zu überqueren, denn hier bekommt man tolle Aussichten und Fotostopps geboten. Auf der anderen Seite angekommen, laufen wir geradewegs auf ein weiteres opulentes Gebäude zu. Schon von weitem sieht man die Kuppel und die Türme der St. Stephans Basilika. Sie gehört zu den größten Kirchen des Landes und lockt viele Besucher an. Carsten hat erst mal genug von Kirchen und so gehe ich allein ins Innere. Ich lasse einfach mal die Bilder sprechen:
Eine Besonderheit ist noch erwähnenswert: in einer Reliquie hinter Glas liegt die mumifizierte rechte Hand des Königs Stephan I. Sobald ein Zahlungsfreudiger einen Euro in einen Automaten wirft, wird die Hand beleuchtet und optimal für ein Handy Bild in Szene gesetzt 😉 Am 20. August pilgern übrigens Tausende zum Fest des Heiligen Stephan zu seiner rechten Hand. Verrückt 🙂
Weiter geht es zu dem Wahrzeichen Budapests schlechthin. Dem Parlamentsgebäude. Assoziationen zum Londoner House of Parliament sind durchaus berechtigt. Die Budapester haben sich nämlich davon inspirieren lassen 🙂 Und es ist definitiv beeindruckend es live und in Farbe zu sehen! Bei einer Gesamtlänge von 268m und einer Anzahl von 691(!) Zimmern bleibt einem schon mal kurz die Kinnlade hängen. Und irgendwer hat all die großen und kleinen Türme und Türmchen gezählt und kam auf unglaubliche 365. Für jeden Tag im Jahr einer 😛
Und weil es so schön ist, sind wir gleich noch mal zum Sonnenuntergang und zur blauen Stunde dagewesen 🙂
Den Abend lassen wir bei einem megaleckeren Dinner in einem angesagten veganen Restaurant ausklingen. Dank Carstens Hartnäckigkeit ergattern wir die letzten beiden Plätze – unser Magen hing schon durch 😉
Am Abreise Morgen checken wir schon zeitig aus, bringen die Sachen zum Auto und nutzen noch die restlichen Stunden unseres 24h Tickets. Wir fahren noch einmal Richtung Fischerbastei. Wir wollen dieses Highlight ohne andere Touristen genießen und Fotos bei Morgenlicht machen. Bis auf ein paar andere Frühaufsteher geht der Plan auch auf 🙂 Unerwartet, aber praktisch und gut: zu der frühen Stunde ist es noch möglich auf die sonst kostenpflichtige Mauer zu gehen. Ein Brautpaar nebst Fotografen macht sich diese tolle Location zu Nutze. Und wir sie natürlich auch 😀
Im Anschluss besuchen wir noch die Große Synagoge von Budapest – es ist die zweitgrößte Synagoge der Welt. Wir sind überrascht wieviel Andrang vor dem Eingang herrscht. Eine Schulklasse nach der anderen will das jüdische Gotteshaus besichtigen. Hoffentlich fördert es das gemeinsame Verständnis und gibt einen Einblick in die Geschichte. Ein Mahnmal direkt an der Donau lässt den grausamen Völkermord an die Juden jedenfalls nicht vergessen. Es sind Dutzende aneinandergereihte Metallschuhe, die daran erinnern sollen, dass hier unzählige Unschuldige erschossen und anschließend in die Donau geworfen wurden. Heute stehen viele Besucher rund um die Schuhe, stellen ihre eigenen Füße und Schuhe daneben und fotografieren fleißig. Wir fragen uns wieviele den Hintergrund davon kennen…
Ein letztes Mal noch fahren wir mit der Metro bevor das Ticket abläuft. Übrigens ist die Linie M1 ebenfalls auf der Liste der Weltkulturerben. Sie ist nach der Londoner U-Bahn die älteste der Welt und wurde 1896 eingeweiht. Besonders die Haltestellen unterhalb der bekannten Andrássy Allee strahlen eine Art Nostalgie aus, mindestens mal ein Harry Potter Feeling 😉
Budapest ist eine wirklich sehenswerte Stadt und wir haben nur einen kleinen Teil gesehen. Hier hätten wir es auch definitv länger ausgehalten 😉 Die Stadt kann mit westlichen Metropolen locker mithalten und muss sich nicht hinter Paris oder Wien verstecken. Es gibt wirklich viel zu erkunden und selbst wenn ihr, wie wir, viel zu Fuß unterwegs seit, es lohnt sich die günstigen öffentlichen Verkehrsmittel mit zu benutzen, da zwischen den Sehenswürdigkeiten auch oftmals viel Strecke liegt. Auffällig war wie oft das Martinshorn von Polizei und Rettungsfahrzeugen zu hören war. Da fühlten wir uns fast wie in New York wie man es aus Filmen kennt. Trubelig ist es definitiv. Wir haben direkt gemerkt wie wir uns an die Gehgeschwindigkeit der Städter angepasst haben und schnell noch zur runterzählenden Ampel gesprintet sind um die Grünphase mitzunehmen 😉 Fazit: die Stadt hat uns richtig gut gefallen und wir sind froh, dass wir Budapest als „Zwischenstopp“ mitgenommen haben!