Weltreise Tagebuch

#70 Die Baumriesen von Kandy

Nadine

04. – 07. Juni 2018

Unsere letzte Station in Sri Lanka ist die so niedlich klingende Stadt Kandy. Wirklich süß ist hier aber nicht viel und wir entscheiden uns für einen Besuch im Botanischen Garten, der mit zu den schönsten ganz Asiens gehören soll. Uns erwarten neben den obligatorischen Gewächshäusern und sagenhaft schönen Orchideen auch uralte Baumriesen.

Wieder einmal steht uns eine Busfahrt bevor, aber ganz die Profis die wir sind 😉 , haben wir uns an das sri lankische Bussystem gewöhnt und kennen das Spiel. Denn echte Fahrpläne gibt es nicht. Man läuft einfach zum nächsten Busbahnhof und fragt sich durch, wo denn der Bus nach XY steht. Denn eins ist sicher. Es wird einen Bus geben. Jeder noch so kleine Ort auf der Insel ist mehrmals am Tag mit einem Bus erreichbar. Ist der richtige Bus gefunden, kann man einsteigen und warten auf die Dinge, die da passieren. Eine echte Abfahrtszeit gibt es nicht unbedingt. Ist der Bus voll, geht es auch los. Ein unmissverständliches Zeichen ist auch immer, wenn der Busfahrer einsteigt. 😉 Der Busschaffner ruft noch über die Köpfe der Wartenden das Endziel und die letzten Passagiere stürzen in den Bus. Schon im Rollen springt schließlich auch der Busschaffner dazu und sammelt das Geld für die Tickets ein.

Carsten und ich machen es uns auf einer Dreierbank bequem und genießen die vorbeifliegende Landschaft. Die Fahrt verläuft unspektakulär und ich bin froh, dass ich mein Fenster in dem Moment zugeschoben hatte als eine Frau vor mir sich zum Fenster beugt, es aufreisst und in hohem Schwall ihren Mageninhalt entleert. Nur, dass bei 60km/h kein hoher Schwall möglich ist, sondern alles direkt in Fahrtwindrichtung nach hinten fliegt und an die Fenster klatscht. Uurgh 🙁 Auch der Mann hinter mir hatte sein Fenster geschlossen. Glück gehabt 😛 Trotzdem bin ich froh, als es irgendwann anfängt zu regnen und die getrockneten Bröckchen weggewischt werden.

In Kandy kommen wir nach 5,5 Stunden an und checken im Hotel ein. Ein kurzer Spaziergang zum nächsten Lokal zeigt uns, dass die Stadt ziemlich laut und atemberaubend ist. Wortwörtlich atemberaubend bei den ganzen Abgaswolken. Kein Wunder. Gefühlt bestehen die Straßen fast nur aus Bussen und die sind echte Abgasmonster. Da hilft auch nicht, dass Kandy auf 500 Höhenmeter zwischen Wäldern liegt. Mittlerweile gibt es schon eine Kampagne #saveyourlungskandy, die darauf aufmerksam machen will, dass durch die vielen Abgase so Krankheiten wie Asthma und COPD (eine chronische Bronchitis), entstehen können. Denn es trägt so gut wie keiner hier eine Atemschutzmaske. Schon gar nicht die Tuk Tuk Fahrer, die ständig im Stop and Go hinter den Bussen stehen müssen. Wirklich unfassbar.

Busfahren in Sri Lanka

Von außen und innen eher wenig ansprechend, aber recht zuverlässig funktionierende Arbeitstiere

Wie gut, dass wir uns gleich am nächsten Morgen auf den Weg zum Botanischen Garten machen, der über eine Busfahrt gut erreichbar ist. Im Park angekommen, freuen wir uns über Ruhe und bessere Luft. Als erstes statten wir dem berühmten Birkenfeigen Baum einen Besuch ab. Er steht auf einer riesigen Wiese und umspannt wie ein Regenschirm die darunter liegende Erde. Noch vor einigen Jahren betrug diese Fläche einmal stolze 1600 Quadratmeter und es konnten 2000 Menschen unter der Krone Platz nehmen. Mittlerweile musste sie an den weiten Ausläufern beschnitten werden und einige dicke, tief nach unten hängende Äste werden von Stelzen gestützt. Trotzdem noch ein beeindruckender Baum.

Die berühmte Birkenfeige des Parks

Mittlerweile braucht sie ein bisschen Stützhilfe und Teile mussten auch schon abgesägt werden – trotzdem immer noch eine riesige weitgreifende Baumkrone

Weiter geht es vorbei an unglaublich hohen, schlanken und verdammt windschief gewachsenen Krummtannen. Der Park ist riesengroß (rund 60 Hektar) und wir fühlen uns wie mitten in einem Wald voller unglaublich verschiedener riesiger Baumarten. Bäume, die Äste haben, so dick wie ein Baumstamm. Bäume, die wie aus einer vergessenen Zeit aussehen. Die etwas so Altes und Weißes an sich haben, dass selbst Filmemacher sich von ihnen inspirieren liessen. Und Bäume, die von anderen Bäumen eingenommen wurden und nun ein komplexes und verworrenes Konglomerat aus Wurzeln und Stämmen bilden. Ja, Bäume können verdammt beeindruckend sein! Besonders wenn man sie mit eigenen Augen sieht und wie ein Zwerg am Stamm steht.

Während wir so wie Hans-guck-in-die-Luft nach oben gucken, entdeckt Carsten eine große Eule, die mit gelben großen Augen majestätisch zu uns herabstarrt. Was für ein tolles Tier!
Die vielen verschiedenartigen Bäume hier sind natürlich die perfekte Voraussetzung um ein breites „Wohngebiet“ voller unterschiedlicher Tiere anzubieten. Schon können wir die nächsten Bewohner hören. Indische Riesenflughunde! Obwohl gerade Schlafenszeit ist, sehen wir sie nicht nur kopfüber in den Kronen der hohen Bäume hängen, sondern auch immer wieder durch die Lüfte segelnd. Überall kleine Batmans 😉 So eine Kolonie kann mehrere hundert Flughunde umfassen und die sind nicht zu übersehen!

Fischeule

Gelbschnabeldrosslinge

Indischer Riesenflughund

Im Tandem

Der Botanische Garten von Kandy soll mit zu den schönsten Asiens gehören und blickt auf eine über 700 jährige Geschichte. Angefangen von dem Lustgarten eines Königs, wurde das Areal schließlich 1824 von der britischen Krone zu einem Garten umgewandelt. Mittlerweile findet man hier mehr als 4000 verschiedene Pflanzenarten aus aller Welt. Mehr als genug um sich hier den ganzen Tag aufhalten zu können. Weniger für die Pflanzen als viel mehr für die Ruhe und die relative Einsamkeit interessieren sich verliebte einheimische Pärchen, die sich kichernd und turtelnd hinter dem ein oder anderen dicken Baumstamm verstecken 😉

Treehugger 🙂

Hinter Palmettopalmen

Natürlich treffen wir auch wieder auf die Hutaffen, die durch Bambuswälder toben, über die Wiesen sprinten und auf Mülltonnen springen und den Mechanismus zum Öffnen längst durchschaut haben und nach Futter suchen. Wir schauen ihrem Treiben eine Weile zu und entdecken schließlich einen Affen, der es geschafft hat, eine der riesigen Jackfrüchte an einer Seite zu öffnen und riesige Streifen von ihr abzieht um an das klebrig süße Fruchtfleisch zu kommen. Da lassen die anderen nicht lange auf sich warten und schon ist eine ganze Meute da, die die Frucht zerpflücken. Auf die schweren Früchten, die stattliche 50kg erreichen können, sollte man eh immer ein Auge haben. Wenn die vom Baum fallen, möchte man nicht als Zielscheibe herhalten. Wir haben eine zerplatzte und völlig zerfetzte Frucht am Boden liegen sehen.

Wir lassen die Affen zurück und betreten das Orchideenhaus, das seinen Namen wirklich verdient hat. Eine unglaubliche Vielfalt an Farben und Formen präsentiert sich den Besuchern. Darunter auch grüne Varianten, eine Geistervariante, welche die nach Kakao duften oder das Aussehen eines Skorpions haben. Ein wahres Fotografierfest!

Wir wandeln durch Königspalmen Alleen, sehen die größten und schwersten Samen des Pflanzenreichs, die von den Seychellen Palmen getragen werden und staunen über den Riesenbambus, der Höhen bis zu 40m erreicht und in der Wachstumsphase bei optimalen Bedingungen 70cm am Tag zurücklegen kann. Unglaublich!

Wir bewundern so verrückte Pflanzen wie den Kanonenkugelbaum, der Früchte trägt, die die Größe einer Honigmelone haben und das Aussehen einer braunen Kanonenkugel.

Neben Waranen, Vögeln aller Art und Streifenhörnchen entdecken wir auch kleine Schildkröten, die in einem Teich zwischen zahlreichen Seeblüten hervorlugen und sich die Sonne auf den Kopf scheinen lassen 🙂 Und auch ein kleiner neongrüner Minidrache darf für unsere Kamera posieren!

Der Botanische Garten gefällt uns richtig gut und auch wenn die Eintrittspreise mittlerweile bei 9€ pro Person liegen, können wir diese Ruheoase nur weiterempfehlen! Auch das Wetter ist uns wohlgesonnen, denn statt Dauerregen, gibt es nur ein paar graue Wolken und ab und zu lugt auch die Sonne hervor.

Wir verabschieden uns, nehmen für den Rückweg ein Tuk Tuk zurück ins Zentrum und atmen noch einmal ordentlich Abgase ein. Ob da unser Buff über die Nase gezogen hilft? Hust, hust…

Wurzelriese

Neben dem seh ich ja noch winziger aus!

In Kandy verbringen wir noch einen Tag bei Regen, den wir gemütlich beim Bummeln in einer Shoppingmall vertrödeln, wo wir noch zwei Gläser mit Kithul Honig besorgen, der uns in Ella schon so gut geschmeckt hat. Wenigstens ein Andenken wollen wir mitnehmen! Unsere Rückreise nach Deutschland steht bevor und wir freuen uns auf den zweiten Teil der Reise. Geplant ist ein Roadtrip durch Europa und wir sind gespannt in welche Länder es uns hinführen wird.

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