Weltreise Tagebuch

#71 Zurück in Deutschland

Nadine

07. Juni – 01. Juli 2018

Die erste Hälfte unserer Weltreise ist vorbei. Wir verlassen Asien und fliegen zurück nach Deutschland, wo unser Auto in Hamburg auf uns wartet. Mit unserem rot-grünen Dacia wollen wir einen Roadtrip durch Europa machen. Wir sind traurig Sri Lanka verlassen zu müssen, freuen uns aber gleichzeitig auf den zweiten Teil unserer Reise. Wie fühlt sich Deutschland nach 6 Monaten Asien an?

Ein letztes Mal frühstücken in Sri Lanka – diesmal ganz westlich mit einer Smoothie Bowl – und schon geht es mit dem Bus von Kandy nach Colombo zum Flughafen. Noch ein letztes Mal für gute drei Stunden aus dem Fenster schauen und das Leben der Sri Lanker beobachten können und noch ein letztes Mal scharfe Samosas als Snack essen können. Wer weiß, wann wir wieder hier sind? Ein letztes Mal vorerst, aber nicht das letzte Mal für immer. Fest steht, Sri Lanka müssen wir irgendwann wieder sehen! Das Land bietet eine Menge Sehens- (und Essens 😉 )wertes!

Smoothie Bowl in Sri Lanka

Wir werden die bunten Trucks und Busse des Landes vermissen 😉

Wir fliegen am frühen Abend zunächst einmal nach Abu Dhabi, wo wir mitten in der Nacht landen, bevor es dann weiter geht nach Frankfurt. Während des Fluges schießen uns viele Gedanken durch den Kopf. Da ist zum einen viel Vorfreude. Endlich keine neuen Mückenstiche mehr (zumindest nicht täglich!). Endlich hört das Dauerschwitzen auf. Ich werde es nicht vermissen, mir mit der Hand ständig meinen Oberlippenschweißtropfenbart wegzuwischen 😉 Keine mit 80% Feuchtigkeit geschwängerte Luft mehr, die die Klamotten schnell zu einem klammen Haufen verwandelt. Und jaaa – worauf wir uns auch richtig freuen: endlich wieder länger Tageslicht! Denn in Asien liegt der größere Teil einfach viel näher am Äquator und somit steht die Sonne so zwischen 6 – 7 Uhr auf und geht schon um 6 Uhr wieder unter. Davor und danach ist es leider finster. Lange Dämmerung gibt es nicht. Sonne weg. Licht aus. Sofort. Auch wird uns die Mittagshitze nicht mehr umhauen und uns zur Siesta zwingen. Endlich wieder sauberere Luft. Und endlich wieder Trinkwasser aus der Leitung. Das ständige Wasserflaschen kaufen trägt nicht grad zur Plastikreduktion bei. Auf der anderen Seite werden wir die Vielfalt der Tierwelt vermissen, die leckere asiatische Küche, die vielen zuckersüßen Früchte, die neuen Geschmäcker von vorher unbekannten Gemüsesorten, die vielen freundlichen Menschen und natürlich auch die so unterschiedlichen und wunderschönen Landschaften, die wir entdecken durften.

Irgendwann fallen uns doch die Äuglein zu und wir dösen vielleicht 1 – 2 Stunden bis wir um 6 Uhr morgens in Frankfurt landen. Unsere Weiterreise nach Hamburg gehen wir mit einem Fernbus an. Weitere 9 Stunden brauchen wir um endlich unser Ziel erreicht zu haben. Wir haben nun insgesamt 36 Stunden gebraucht um von Kandy nach Hamburg zu kommen. Dazu noch ein kleiner Zeitunterschied von 3,5 Stunden. Zu unserem Glück kommen wir in Hamburg bei Freunden unter und dürfen uns wie zu Hause fühlen. Obendrauf werden wir noch bekocht, bekommen Wäsche gewaschen und werden einfach rundum versorgt. Herrlich! 🙂

Blütenstaub überall

Halbblinde Spiegel und Scheiben

Noch mehr Pollen und Spinnweben

Intensivreinigung 🙂

Unser Auto steht seit dem Start unserer Weltreise in einem Ortsteil von Pinneberg und als wir am Carport ankommen, sind wir  doch ein bisschen erschrocken wie verstaubt und alt der Wagen aussieht. Wie wir aber erfahren kamen ganze Wellen von Blütenstaub angerauscht und der deckte so ziemlich alles ab 😉 Der Wagen wurde nun sechs Monate nicht gefahren und wie zu erwarten war, ist die Autobatterie komplett tot. Da wir damit gerechnet hatten, haben wir direkt eine neue mitgebracht. Carsten baut sie geschwind ein und – siehe da – der Wagen springt wieder an und auch sonst scheint alles in Ordnung zu sein und wir haben auch keinen Marder als Untervermieter gehabt. Ab zur Wäsche und runter mit dem Blütendreck. Endlich sieht er wieder aus wie (fast) neu 😉

Nach Hamburg steuern wir die Ostsee an,  Scharbeutz genauer gesagt, dort wo Carsten als Kind viele Urlaube verbracht hat. Nach 6 Monaten herumreisen wollen wir uns nun ein paar Tage Nichtstun auf einem kleinen Campingplatz gönnen. Noch keine Pläne machen, keine Fotos bearbeiten und keine Unterkünfte buchen. Alles was einfach vorher tagtäglich anstand. Ihr könnt gerne lachen, aber Langzeitreisen ist anstrengend! So viele neue Eindrücke, neue Währungen, neue Kulturen, andere Menschen und andere Sitten. Neue Geschmäcker und das ständige Organisieren von Transfers, Unterkünften, Ausflügen und nicht zu vergessen – die ganze Recherchearbeit. Ist eben kein Pauschalurlaub 😉 Dafür bleibt’s spannend und ist viiiiiel günstiger!

Zwei Jacken an, aber kurze Hosen und Crocs 😛

Kühles Scharbeutz

Bei Sonne geht’s auch ohne Jacke 😉

Die vier Tage in Scharbeutz tun gut und wir unterhalten uns über die Unterschiede, die wir bisher in Deutschland feststellen konnten. Zum einen ist da die gefühlt staubig trockene Luftfeuchtigkeit. Ja, es ist wahr. Wir haben uns scheinbar doch an die schwüle Affenhitze in Asien gewohnt. Denn kaum in Deutschland angekommen, fängt unsere Haut an übelst auszutrocknen und zu schuppen. Kleine Pustelchen und Pickelchen tauchen auch noch auf. Wir haben ständig das Gefühl eine(n) vertrocknete(n) Nase und Hals zu haben. Und bei all dem Wind an der Ostsee lernen wir endlich wieder das Gefühl von frieren kennen! 😛 Nachts im Auto haben wir nur 13 Grad. Brrr.
Was auch unglaublich ist in Deutschland: die Ruhe! Selbst der Verkehr in Frankfurt oder Hamburg fühlt sich nur nach Landstraße an. Keiner hupt, keine Geisterfahrer, keine Fußgänger, die einfach über die Straße rennen. „Ganz schön langweilig, das Autofahren hier.“ sagt Carsten. Nur an den Rechtsverkehr müsse er sich noch gewöhnen 😉 Aber neben ruhigem Verkehr ist auch sonst kaum etwas zu hören. Die S-Bahnen und Busse fahren so still und leise (und das trotz hoher Geschwindigkeit!), dass man sich sogar im Flüsterton unterhalten kann. Tatsächlich aber unterhält sich auch fast keiner der Passagiere. Man traut sich gar nicht die Stille zu unterbrechen 😛

Die Städte, an denen wir vorbeikommen, wirken wie ausgestorben. Wo sind die ganzen Menschen? In Frankfurt sind sie nicht, in Hamburg sind sie nicht. Nirgendwo kommt es uns voll vor. Kein Wunder. Wir sind das Lebensbild in Asien schon total gewohnt. Leben findet hier auf der Straße statt. Es wird alles draußen gemacht: gekocht, gegessen, gedöst, verkauft, Wäsche gewaschen, Zähne geuptzt, auf dem Handy gedaddelt und wer nicht anders kann: auch Toilette gemacht. Drinnen hält man sich nur nachts zum Schlafen auf.

Positiv überrascht sind wir bisher von der Freundlichkeit der Leute. Irgendwie hatten wir die Menschen in Deutschland mürrischer in Erinnerung. Aber bis auf einen Vollidioten (einen muss es immer geben) treffen wir nur auf entspannte Menschen.

Sogar zwei Sitze und ein Tisch passen ins Auto

Kochen auf einer Flamme mit insgesamt nur 2 Töpfen ist ab nun angesagt

Müsli am Morgen bei gefühlter Eiseskälte

Weiter geht die Reise über Haltern am See und Essen, wo wir Carstens Bruder und seine Frau wiedersehen bis hin nach Schluchsee in den Schwarzwald, wo meine Eltern wohnen und wir einige Dinge für unsere Europa Reise eingelagert haben. Unser Aufenthalt in Schluchsee verlängert sich leider ungeplant, da wir beide eine eMail von unserer Bank bekommen, in der wir die Info erhalten, dass unsere Kreditkarten aus Sicherheitsmaßnahmen gesperrt werden, wir keine Gründe erfahren werden, unsere alten Karten entwertet werden dürfen und wir nun 14 Tage auf die neuen warten sollen. Bäm. Ein Schlag ins Gesicht. Zum Glück, haben wir kein Geld verloren und es ist alles in Ordnung auf unseren Konten. Schon seltsam. Da reisen wir ein halbes Jahr durch Asien und nutzen ständig unsere Kreditkarten. Kommen dann in Deutschland an, wollen Bargeld abheben und bekommen dann beide (!) eine Kreditkartensperrung. Nicht schön, aber wer weiß warum. Vielleicht besser hier als woanders. Es dauert dann „nur“ neun Tage, satt 14 und in der Zeit schreiben wir am Blog, gehen ein bisschen wandern, treffen Freunde, recherchieren über unsere Ziele und optimieren den Wagen und seinen Inhalt für die bevorstehende Reise.

Wir verzichten auf Zelt und Schlafsäcke, denn Carsten hatte schon vor der Weltreise den Wagen so umgebaut, dass statt einer Rücksitzbank ein Podest steht, auf dem wir eine Matratze mit Decke und Kissen haben und unter dem Podest Staufläche für Kisten und Rucksäcke haben. Carsten passt so tatsächlich mit seiner vollen Länge von 1,90 Meter rein und ich kann sogar in voller Länge drin sitzen ohne den Kopf anzustoßen 😉

Schluchsee im Schwarzwald

Hier habe ich fast 12 Jahre gelebt

Wir übernachten auf einem kostenfreien Parkplatz am Waldrand, kochen mit unserem kleinen Kocher und verbringen die Vormittage im Kurhaus, wo wir Internet und Toiletten haben. Kleine witzige Story am Rande: man wollte uns die Polizei auf den Hals jagen. Wir sind ein paar Leuten aufgefallen (besonders unser bunter Wagen mit dem fremden Kennzeichen) und die haben sich gewundert, was wir den ganzen Tag so machen. Man hatte den Verdacht, wir würden herumspionieren um Häuser auszurauben. Man stelle sich mal vor! Nur durch einen Zufall wurde geklärt, dass wir sogar in Schluchsee wohnhaft sind. Mein Vater arbeitet in der Gemeinde und bekam das Gespräch des Bürgermeisters über einen roten-grünen (unseren!) Wagen mit und teilte ihm dann mit, dass ich seine Tochter bin und wir im Kurhaus sitzen um unsere Reise zu recherchieren. Oh, war das dem Bürgermeister wohl peinlich 😉 Carsten findet es lustig und sagt zu mir, er hätte zu gerne das Gesicht des Polizisten gesehen, wenn er ihm den Personalausweis mit der Schluchseeer Adresse gezeigt hätte 😛

Blick vom Bildstein auf den Schluchsee

Ort Schluchsee

Nun, wo alles geklärt ist, geht die Fahrt ins Allgäu nach Oberstdorf weiter. Wir holen unsere Sommerreifen in einem Schuppen bei einem Bekannten ab und lassen sie an Stelle der Winterreifen montieren. Nach einer Übernachtung geht es direkt wieder weiter. Ab nach Türkheim zu einem befreundeten Paar, bei denen wir ein wundervolles Wochenende verbringen dürfen. Und wo Casten noch eine Osteo Behandlung für seinen Rücken obendrauf bekommt. Danke euch!

Und dann endlich endlich, ist es soweit. Unser zweiter Teil beginnt. Wir haben uns entschlossen Osteuropa anzuschauen. Entgegen unserer eigentlichen Wünsche. Geplant war ein Bergsommer mit vielen Wandertouren, Klettersteigtouren und auch Hüttentouren. Leider ist Carstens Rücken noch nicht so fit um schwere Rucksäcke über längere Zeit zu tragen. Und viele Höhenmeter gehen auch noch nicht. Wir wollen kein Risiko eingehen und haben uns deshalb diese schöne spannende Alternative rausgesucht.

Schluchsee im Schwarzwald

Wir sind gespannt welche andere schöne Plätze wir in Europa sehen werden 🙂

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