#121 Kleine Tour in der Niederen Tatra
Nadine
10. Oktober 2018
Auf dem Weg zur Hohen Tatra im Norden der Slowakei passieren wir auch die Niedere Tatra. Und auch wenn die Berge hier nicht spektakulär hoch sind, so wollen wir die Landschaft doch im Zuge einer kleinen Wanderung erkunden. Einen kleinen Zwischenstopp machen wir noch im dem Örtchen Hronsek. Dort wartet ein Holzhaus der besonderen Art auf uns.
Da wir heute zwei Stopps auf dem Weg zu unserer Unterkunft in der Hohen Tatra einlegen werden, machen wir uns schon früh vom Acker – ääh vom Campingplatz 🙂 Bei schönstem Morgenlicht geht es über die Schotterpiste vorbei an grasigen Hügeln, Rehen und dem ein oder anderen vereinzelt stehendem Häusschen. Während wir hier noch beobachten können wie die feuerrote Sonne immer höher steigt und heller wird, ändert sich nach einer guten Stunde Fahrt die Wetterlage und wir fahren durch dichten Nebel. Insgeheim hoffen wir ja, dass wir bei der Wanderung obheiter haben werden. Für die Flachländer: obheiter heißt „oben heiter“ und entsteht wenn im Tal der Nebel wie eine Glocke alles bedeckt hält, aber ab einer bestimmten Höhe aufhört, so dass man quasi über den Wolken steht und über sich blauen Himmel und Sonnenschein hat 🙂
Auf dem Weg zum Startpunkt unserer Wanderung nehmen wir noch eine sehr besondere Sehenswürdigkeit mit. Eine Kirche, die vor fast 300 Jahren komplett und ohne Ausnahme aus Holz errichtet wurde. Übrigens nicht die einzige in der Slowakei. Doch warum wurden Kirchen überhaupt aus Holz gebaut? Dazu gibt es einen spannenden geschichtlichen Hintergrund: vor einigen Jahrhunderten war die große Mehrheit der Slowaken evangelisch. Im Zuge der Gegenreformation wurde die Bevölkerung gezwungen zum katholischen Glauben zu konvertieren. Die Verfolgung der Protestanten führte dazu, dass ein Teil von ihnen ins Ausland ging. Oftmals nach Deutschland oder Schweden. Hier fanden sie Arbeit im Bereich Holzverarbeitung oder im Schiffsbau. Als sich die Situation in ihrer Heimat beruhigte, kehrten sie zurück. In der Zwischenzeit wurde den Evangelisten Zugeständnisse gemacht. Sie durften wieder Kirchen bauen, aber nur unter bestimmten Bedingungen:
1. Sie müssen komplett aus Holz gebaut sein
2. Sie müssen innerhalb eines Jahres gebaut worden sein
3. Sie dürfen keinen Turm besitzen
4. Sie müssen außerhalb von Ortschaften stehen
5. Sie dürfen keinen direkten Zugang von der Straße haben
Der damalige Kaiser hoffte vermutlich, dass keiner in der Lage dazu sei diese Regeln zu beachten. Aber Pustekuchen! Dank der Auslandserfahrung und den vielen Holzarbeiten gab es durchaus Slowaken, die diese Herausforderung meistern konnten. Die Holzkirche in Hronsek, die wir besuchen werden, wurde 1726 nach einem Jahr fertiggestellt und ist ein Fachwerkhaus, wie man es aus Deutschland kennt. Aber auch Elemente der skandinavischen Architektur sind in die Kirche eingeflossen. Seit 2008 gehört die Kirche zum UNESCO Weltkulturerbe.
Als wir ankommen, sind wir die einzigen Besucher. Nur eine weiße Katze kommt uns miauend entgegen und fordert ein paar Streicheleinheiten. Der Nebel und die Feuchtigkeit lassen unsere Hände schnell klamm werden und wir beeilen uns mit den Außenaufnahmen der Kirche. Nun aber schnell rein da, drinnen ist es bestimmt wärmer. Aber halt mal – da ist ja ein Riegel vor der Tür. Abgeschlossen! 🙁 Wir gehen um die Kirche einmal rundherum und probieren jede Tür, aber nirgendwo ist offen. Nicht mal durch die Fenster können wir einen Blick ins Innere werfen. Sie sind zu hoch für mich und selbst Carsten sieht nur sein Spiegelbild im Glas. Wie schade. Das hätte tolle Bilder gegeben. Google Bilder spuckt z.B. dieses schöne Bild von der Kirche aus.
Im Auto frühstücken wir erst mal ein paar Brote bevor es weitergeht bis zum Čertovica Pass auf 1238m. Inzwischen hat sich der Nebel wieder verzogen und die Sonne scheint wieder. Wir stellen unseren Wagen auf dem Parkplatz ab, schnappen unsere Wanderklamotten und auf gehts. Zunächst geht es durch ein Skilift Gebiet über einen steilen grasigen Hang. Schnell wird uns in unseren dicken Jacken warm und wir wechseln zu einer dünneren. Die Landschaft ähnelt ein bisschen dem Schwarzwald, nur dass es hier auch, wie zum Beispiel im Allgäu, viele Latschenkiefern gibt. Die Sicht ist leider recht diesig, womit die Kameras deutlich zu kämpfen haben. Da sehen unsere Augen wesentlich mehr!
Nach knapp 400 Höhenmetern kommen wir an dem Gipfel „Rovienky“ auf 1602m an und beschließen eine Kleinigkeit zu futtern. Wieder mal ist eine Brotzeit angesagt 🙂 Bevor uns der Wind am Hang auskühlen kann, packen wir die Jacken wieder aus. Es ist schön ruhig hier oben und wir können die Aussicht auf die herbstliche Niedere Tatra genießen. Wir beschließen nicht weiter bis zum nächsten Gipfel zu laufen. Wir können von hier aus sehen, dass da noch etliche Kilometer dazwischen liegen und da sich die Landschaft nicht groß verändert, und wir auch den gleichen Weg zurücklaufen müssen, reicht uns dieser Gipfel vollkommen aus 🙂 Nach einer langen, gesprächigen Pause treten wir den Rückweg an und sind gegen 14 Uhr wieder am Auto. Noch eine Stunde Fahrt und wir erreichen unsere Unterkunft in dem Dörfchen Hrabušice.
Morgen wollen wir wissen wie es im Paradies aussieht! Es geht nämlich in den gleichnamigen Nationalpark, der hier direkt ums Eck liegt 🙂 Und eins steht fest: es warten jede Menge Leitern und Brücken auf uns!