Weltreise Tagebuch

#43 Nong Khiaw – das Backpackerdorf mitten in den Bergen

Nadine

01. – 04. März 2018

Wir wollen laotische Berge sehen und beschließen das Backpacker Dorf Nong Khiaw im Norden zu besuchen. Hier soll man umgeben sein von dichtbewaldeten Karstbergen, die in schroffen Spitzen enden und von dem Fluss Nam Ou, der sich durch das Dorf schlängelt. Das klingt zu schön um wahr zu sein, oder?

Laos gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern in Südoastasien. Fast ein Viertel der Einwohner lebt unterhalb der Armutsgrenze und muss mit weniger als einem (!) Dollar am Tag leben. Es gibt zwar Schulen, Krankenhäuser und eine Infrastruktur, aber diese sind alles andere als modern und in viel zu geringer Anzahl und in schlechter Qualität vorhanden. Wir erwarten dementsprechend eine holprige Fahrt von Luang Prabang nach Nong Khiaw in die Berge. Zum Glück soll es nur 3-4h dauern.

Am Busbahnhof angekommen, werden Koffer und Rucksäcke der Fahrgäste auf dem Dach und unter sowie zwischen den Sitzen eines Minivans verteilt. Es wird richtig eng und jeder Platz wird vollgestopft. Obwohl recht modern aussehend, sind die Sitze so furchtbar gebaut, dass man mit vorgebeugter Haltung eine sehr ungesunde Haltung einnimmt. Platz für die Beine von Carsten ist auch Mangelware. Da ganz vorne neben dem Fahrer noch zwei Plätze mit anderen Sitzformen frei sind, nehmen wir hier Platz. Mein Sitz in der Mitte ist für Kleine wie mich kein Problem und auch Carsten fühlt sich viel wohler.

Die Fahrt an sich ist angenehmer als gedacht. Unser Fahrer fährt vorsichtig und weicht sogar den durchaus vorhandenen Schlaglöchern aus. Es wird selten gehupt und wilde Überholvorgänge gibt es auch nicht. So ganz anders als in Vietnam. Soo friedlich kann eine Busfahrt sein – ein Genuss! 🙂 Nach 3,5h sind wir tatsächlich auch da und werden per Songtheo (=Sammeltaxi) zum Gästehaus gebracht.

Passen wir da noch rein?

Nadine ganz vorne und Carsten steht auf dem Trittbrett hinten. Geht!

Schon bei der Ankunft lieben wir diesen Ort! Unser Reiseführer hat uns nicht zu viel versprochen 🙂 Die Berge, der Fluss, der kleine Ort, die Ruhe – einfach perfekt. Unser erster Erkundungsgang lässt unsere Herzen hüpfen. Was für ein wunderschönes Plätzchen Erde! Das Dorf Nong Khiaw besteht aus zwei Ortsteilen, die durch den Fluss Nam Ou getrennt sind. Eine Betonbrücke verbindet beide Seiten und bietet einen traumhaften Ausblick auf die Landschaft. Besonders Abends zum Sonnenuntergang verwandelt sich die Kulisse aus Bergen, Fluss, Fischerbooten und der Dorffassade in ein Postkartenmotiv der schönsten Sorte.

Nong Khiaw und der Nam Ou bei Tageslicht

Nong Khiaw und der Nam Ou bei Sonnenuntergangslicht

Obwohl das Dorf auf einem einfachen Standard lebt und viele Häuser nur aus Bambus bestehen, so gibt es dennoch Geldautomaten, 24h Strom und Internet. Als Tourist ist es auch kein Problem etwas zu essen zu bekommen und eine Unterkunft zu finden. Wir sind natürlich nicht die ersten Backpacker hier und der Tourismus ist schon längst zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Trotzdem wirkt vieles wie noch im Aufbau befindlich und wir sind uns sicher, dass in wenigen Jahren zur Hochsaison mehr Touristen als Einheimische auf den Straßen unterwegs sein werden. Denn Nong Khiaw bietet für Naturfreunde viele Aktivitäten. Kajak fahren, durch den Dschungel trekken, Berge besteigen oder Höhlen besichtigen. Vieles ist möglich und dazu noch meistens auf recht einsamen Pfaden.

Zwei Höhlen gibt es in unmittelbarer Nähe zum Dorf und wir entscheiden uns die Strecke zu Fuß zu bewältigen. Einfach immer der einzigen Hauptstraße Richtung Osten folgen. Easy. Nebenbei noch radfahrende Kinder abklatschen, die ihre Hände rausstrecken und uns laut mit „Sabai Dee“ grüßen und sich sichtlich freuen als wir ihre Geste annehmen. Wir freuen uns auch 🙂 In den südoastasiatischen Ländern erleben wir es recht häufig, dass uns Kinder fröhlich zuwinken und „Hallo“ rufen. Besonders in den ländlichen Gegenden.

Als wir bei der ersten Höhle, Pha Kuang Cave ankommen, sind wir überrascht keine anderen Touristen zu sehen. Wir zahlen die üblichen 1€ Eintritt pro Person und bekommen sogar noch eine Stirnlampe dazu. Wir haben unsere eigene zwar dabei, aber ein Backup kann nicht schaden! Ein Schild unterhalb des Eingangs zeigt eine Art Karte, auf der der Grundriss der Höhle eingezeichnet ist. Als wir einen schmalen Durchgang, bei dem eine Breitenangabe von 0,3m entdecken, trauen wir unseren Augen nicht. Vielleicht soll es eher eine 0,8 sein? Weil, mal ehrlich, wer passt schon durch einen 30cm schmalen Korridor? Deckenhöhe soll auch nur 50cm sein. Na, mal schauen. Zunächst einmal geht es ein paar Stufen hinauf zu einem ziemlich hohen Eingang, hinter dem sich eine breite Halle verbirgt, wo man Spuren des Indochina Krieges sieht und sich noch ein kleiner Altar mit Buddha Statuen befindet.

Schuss aus der Hüfte

Eingang von draußen

Eingang von innen

Wir gehen ans Ende der Halle und kraxeln auf dem feuchten und zum Teil schmierigen Boden einen Pfad nach oben. Das Tageslicht verliert sich schnell und wir schalten die Lampen ein. Wir sehen zur linken und zur rechten Seite jeweils schmale Passagen. Die eine endet schnell. Die andere führt tiefer hinein aber nur wenige Schritte weiter wird die Decke extrem niedrig. Nichts für Carstens Rücken. Also taste ich mich mal vor. Es ist wirklich stickig in der Höhle und im Entengang watschele ich weiter. Es wird noch niedriger und vor mir taucht die Schlüsselstelle auf. Das muss die 30cm Passage sein. Ich leuchte hinein, aber hinter einer Kurve verliert sich das Licht. Im Leben nicht werde ich mich da durchzwängen! Meine Brille läuft von der Anstrengung an. Auf dem feuchten Boden liegen leider auch immer mal wieder Scherben. Selbst ohne Brillenproblem und mit den richtigen Klamotten, würde ich dankend verzichten. Angeblich wird diese Passage nach einer Weile wieder breiter. Aber aus 30cm werden dann auch nur 50cm. Alles andere als breit genug. In der Mitte umdrehen ginge da nicht. Da muss man dann schon bis zum Ende durchhalten oder rückwärts zurück. Gruselige Vorstellung. Bis hierhin war es schon Abenteuer genug. Wir kehren zurück und fragen uns wieviele Besucher sich bis zum Ende der Höhle durchquetschen.

Hinter Carsten geht es weiter

Stockdunkel – dank hoher ISO und kurzem Stillehalten klappen noch Fotos

Eine weitere Höhle gibt es in genau der entgegengesetzten Richtung. Wieder der einzigen Hauptstraße, diesmal Richtung Westen, für 3km folgen und schon erreicht man die Pha Tok Höhle. Wir folgen einem Pfad, der uns zu einem Fluss bringt über den eine äußerst einfach gebaute und schmale Bambusbrücke führt. Eigentlich liegen nur ein paar lange Bambusrohre längs über wenige Verstrebungen. Aber wir wollen mal nicht jammern. Immerhin sind es mehrere Rohre und nicht nur eins! 😉 Wir bezahlen wieder einen Euro p.P. und steigen eine steile Betontreppe hinauf, die zum Eingang der Höhle führt. Irgendwie ist ihnen wohl das Baumaterial ausgegangen, denn die einzelnen Stufen waren so kurz, dass man nur mit der Schuhspitze treten konnte. Echtes Wadentraining ist das 😀

Einfache Bambusbrücke

Welche Füße passen hier bitte komplett drauf?

Höhlenforscher Carsten

Auch diese Höhle wurde im Indochina Krieg als Versteck genutzt und ein paar wenige Überreste wie z.B. Mauerreste und Holzelemente sind Zeugnisse aus dieser Zeit. Mit angeschalteten Lampen gehen wir tiefer in die Höhle. Die Decke bleibt schön hoch und enge Passagen entdecken wir auch nicht. Aber wirklich spektakuläre Stalagtiten oder ähnliches gibt es auch nicht. Wir verlassen die Höhle wieder und suchen nach einer zweiten. Irgendwo soll es noch eine geben. Ein kleiner Pfad, der durch den Wald führt, entpuppt sich nach 10 Minuten als Sackgasse. Ein anderer kaum sichtbarer Weg führt uns dann zwar nicht wirklich zu einer Höhle, aber zu einer Art Wand, die wie ein Schweizer Käse durchlöchert ist. Während Carsten auf mich wartet, ziehe ich mich auf einen Felsen hinauf, in dem eines dieser Löcher ist. Wie ein kleines Labyrinth verlaufen kurze Passagen durch den Felsen und das ein oder andere Loch endet einen Stockwerk weiter oben mit Blick nach draußen und steiler Abbruchkante. Ein bisschen kraxeln und erkunden und schon fühlt man sich wie ein Entdecker. Ja, das macht einfach Spaß 🙂

Ein neuer Tag, ein neuer Ausflug. Heute wollen wir zu einem Aussichtspunkt, der sich an einem Massiv befindet, dessen höchster Punkt 1564m hoch ist und an den Umriss einer liegenden Frau erinnert. Daher auch der Name Pha Nangon (Berg der schlafenden Frau). Und tatsächlich, von der richtigen Position betrachtet sieht man den Kopf, lange fallende Haare und vor der Brust zusammengefaltete Hände. Wer Fantasie hat…. 😉 Wir zahlen einen Wegezoll in Höhe von 1,50 Euro p.P. und können dafür auch bei Bedarf einen Wanderstock bekommen. Oder eher: einen dicken, langen Ast 😉 Wir verzichten und verlassen uns auf unsere Beine und Arme. Der Weg ist sehr schön angelegt und Felsen wurden wie zu einer Art natürlichen Treppe gestapelt. Ab und an gibt es auch in die Erde geschlagene Stufen, die mittels Holzbalken irgendwie zusammengebastelt wurden. Es geht wirklich steil mit hohen Tritten bergauf. Mitten durch den Dschungel und wir hatten uns extra lange Sachen angezogen, aus Angst von Moskitos zerstochen zu werden. Entgegen diesen Berichten haben wir keine gesehen und bereuten schon schnell die Entscheidung. Obwohl wir zeitig unterwegs waren, wurde es schon jetzt wirklich warm und wir schwitzten in den langen Klamotten.
Nach einer guten Stunde, in der wir 400 Höhenmeter überwinden, kommen wir am Aussichtspunkt an. Vor uns – besser unter uns – liegt das Dorf umgeben von steil aufragenden Bergen. Wir sind auch hier ganz allein (ja, es zahlt sich einfach aus morgens zu starten!) und können auf einer neuartigen, nicht sonderlich stabil wirkenden Holzplattform die geniale Aussicht genießen. Nur zwei Höhenmter weiter oben ist eine weitere Holzkonstruktion; diese sogar mit Wellblechdach. Hier ist es witzigerweise deutlich kühler als auf der ersten, wo wir uns wie Brathähnchen fühlten. Wir hängen die nassgeschwitzten Oberteile auf und strecken die Beine aus. Welch Wohltat!

Zugegeben, wir sind nicht am höchsten Punkt der schlafenden Frau angekommen. Aber höher geht der Weg (noch) nicht. Bei dem dichten Wald bräuchte man schon eine Machete um durchzukommen. Aber es fühlt sich trotzdem wie ein Gipfel an. Immerhin ragen hier einige sehr spitze, sehr raue Felsnadeln in die Höhe. Ich kann es natürlich nicht lassen und turne zwischendrin herum.

Der Rückweg ist gleich der Aufstieg und erst jetzt begegnen wir einer Handvoll anderer Touristen. Auch wenn es nur ein kleiner Gipfel war, fühlte sich der Ab- und Abstieg anstrengender an. Alles ist anstrengender in Asien. Die Hitze macht träge. Trotzdem war es ein toller Tag und wir reden uns ein, dass es gefühlte 800 Höhenmeter waren 😉

In Nong Khiaw bleiben wir vier Nächte. Neben einem indischen Restaurant wird besonders „Mama Lao“ unser Lieblingsrestaurant. Wobei Restaurant übertrieben ist. Eigentlich sind es nur drei Tische, die hinter Garagentoren aufgestellt sind und wo eine sehr liebe, etwas ältere „Mama“ Gäste bewirtet. Im Prinzip ist es wie ein vorgelagerter Raum vor der eigentlichen Wohnung der Besitzer. Man kann ihnen quasi ins Wohn-/Schlafzimmer gucken. Die Gastroküche ist natürlich auch nur die private Küche. Menükarten gibt es nicht, aber es hängen zwei große beschriebene Pappen an der Wand, an der man auf englisch die Speisen und ihre Preise ablesen kann. Bestellt wird dann, in dem man auf einem Notizblock seine Wünsche aufschreibt. Es ist unglaublich günstig und schmeckt auch noch gut. Was will man mehr als Langzeitreisende 🙂

„Mama Lao“ Restaurant hinter Garagentoren

Nadine gibt die Bestellung auf

Carsten füllt den Wasserspeicher auf

Unser Fazit: Ein unglaublich schön gelegener Ort, der besonders für Ruhesuchende und Naturliebhaber zu empfehlen ist. Wir sind mittlerweile angepasst an die laotische Relaxtheit und wollen im nächsten Dorf nicht nur noch einen Gang runterschalten sondern komplett auskuppeln. Morgen geht es weiter zu einem Ort, der nur per Longtail Boot zu erreichen ist.

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