Weltreise Tagebuch

#35 Paradiesisch unterirdisch

Nadine & Carsten

07. Februar 2018

Unterwegs zum Phong Nha Nationalpark, der zum UNESCO Weltnaturerbe gehört und zahlreiche eindrucksvolle Höhlen beherbergt. Unter ihnen die erst 2010 eröffnete Paradise Cave, die mit insgesamt 31km Länge die vermutlich größte Trockenhöhle Asiens ist und ein echtes Highlight sein soll. Bei so viel Vorschusslorbeeren sind wir natürlich mächtig gespannt!

Der frühe Vogel und der Wurm…es ist 5.45 Uhr, dunkel, echt kalt und wir sind auf dem Weg zur Bushaltestelle. Es ist wenig los auf den Straßen und nach ein paar Minuten kommt unser Linienbus B4 pünktlich die Straße entlang. Mit dem fahren wir nun ca. anderthalb Stunden bis nach Phong Nha, wollen uns dort erst ein Frühstück gönnen und dann ein Moped leihen, um die noch fehlenden 25km zur Paradise Cave selber zu fahren. Wir möchten keine geführte und überteuerte Tour mit Gruppenbus und Zeitdruck wie unser Hotel sie uns angeboten hat. Im Bus zahlen wir wieder etwas mehr als die Einheimischen. Dafür bekommen wir sogar einen Fahrschein. Der für Touristen ist ganz oben auf dem Stapel des Schaffners und natürlich auch der „teuerste“, den er zur Verfügung hat. Auch unser Hinweis auf den korrekten Preis hilft nicht weiter. Was bilden wir uns auch ein, in einem öffentlichen Linienbus den regulären Preis bezahlen zu wollen. 😉 Daraufhin fängt eine Vietnamesin ein wenig lauter in Richtung anderer einheimischer Fahrgäste zu sprechen, es fallen die Worte Farang und Taxi und Gelächter folgt. Farang steht für Ausländer und Taxi ist wohl international. Lästern ebenfalls.

Auch wenn uns ab und zu die Augen zufallen, geniessen wir die Fahrt durch die Dörfer in mitten der schönen Natur. Als wir in Phong Nha ankommen, gehen wir zu allererst frühstücken. Eingemummelt mit allem was wir haben sitzen wir neben den anderen Frühaufstehern im Aussengelände des Easy-Tiger-Hostels. Einen Innenraum gibt es nicht. Wir freuen uns auf warmen Scambled-Tofu mit Tomaten, Paprika und Gurke und selbst gebackenem Brot. Passend zur Kälte gibt es auch heißen Schwarztee, der selbst durch viel Zucker zwar nicht weniger bitter wird, dafür aber warm macht. Als nächstes heißt es: Moped mieten. Der Tank ist wie üblich nahezu leer und wir brauchen Sprit. Der nächste Straßenhändler entpuppt sich als ganz schlauer Fuchs, bewirbt er sein Angebot mit einer 1l Flasche, rückt aber nur 0,75l heraus.

Wir fahren durch eine wirklich tolle Karstlandschaft und es macht Freude den Blick schweifen zu lassen. Überall sprießen bewaldetet Felsberge aus dem Boden. Der Kälte geschuldet fährt Carsten recht langsam, gönnt sich aber auch den ein oder anderen Blick. Leider ist es heute wieder stark bewölkt und die Umgebung wirkt grau und düster. Vielleicht sieht es ja auf dem Rückweg besser aus.

Nach einigem links und rechts und hoch und runter kommen wir auf dem Parkplatz der Paradise-Cave an. Ein Fußweg schlängelt sich parallel zu einer Straße, die von kleinen Elektrowagen genutzt wird, die fussfaule Besucher ein bisschen Wegstrecke abnehmen. Wer halbwegs gut zu Fuß ist und keinen Zeitdruck hat, kann sich wie wir für den schön angelegten Fußweg durch den sattgrünen Wald entscheiden. Nach 10 Minuten geht es in Serpentinen bergauf bis wir nach 15 Minuten vor dem Eingang stehen. Nach dieser sportlichen Strecke ist uns auch endlich warm 😉

Holztreppen führen uns in die Tiefe hinab und unsere Augen müssen sich erst noch einige Momente an das fehlende Sonnenlicht gewöhnen. Wir sehen zunächst nur, dass die Treppen ziemlich steil und tief nach unten führen. Begleitet von Lichterspots alle paar Stufen, sieht es aus wie eine sich schlängelnde Lichterkette. Je weiter wir nach unten gehen umso weiter öffnet sich die wunderschön beleuchtete Höhle. Von beeindruckend kann gar keine Rede sein. Das Ding ist einfach nur unglaublich. Phänomenal. Gigantisch. Eben spektakulär! Und das ist noch untertrieben 😉 Es gibt keine Worte, die es wirklich beschreiben können. Und selbst die Bilder, die angeblich mehr als tausend Worte sagen, können es nicht wiedergeben. Aber gemacht haben wir natürlich trotzdem welche 😉

Wir bewegen uns staunend über den breiten Holzsteg. Rechts und links und vor uns stehen oder hängen Stalagmiten und Stalaktiten. Einer größer und breiter als der andere. Und bunter. Manche sind zusammengewachsen und bilden baumstammdicke Säulen. Die größte Säule hat einen Umfang von bestimmt acht bis zehn Metern. Wirklich beeindruckend.

Wir stellen uns vor, wie es den Entdeckern gegangen sein muss. Ob sie überhaupt mit ihren Stirnlampen die Decke sehen konnten? Immerhin ist sie 72m hoch. Muss schon eine verdammt starke Funzel sein! Die breiteste Stelle soll sogar 150m breit sein. An diesem Tag erfüllten sich bestimmt die kühnsten Träume der Forschergruppe 🙂

Wir haben das Glück, dass wir diese magische Welt in der ihr gebührenden Ehrfurcht und Ruhe begegnen können. Es sind nur vereinzelt Besucher unterwegs und auch diese durchbrechen die Stille, die hier herrscht nicht. Keine Gruppen mit begleitendem Megafone Guide. Nebensaison tut gut 😉 Schließlich gelangen wir ans Ende der Holzplanken und wir machen uns auf den Rückweg. Ab und zu hört man das leichte Rascheln von fliegenden Fledermäusen. Aber richtig zu sehen bekommen wir sie nicht – die lichtscheuen Wesen. Dafür sehen wir eine Schildkröte:

Tolle Karstformationen

Ist doch eindeutig eine Schildkröte, oder? 😉

Die Treppe zurück ins Tageslicht lässt uns noch einmal vor Augen führen wie tief wir unter der Erde waren. Wir sind ein bisschen außer Atem 😉 Dafür gehts jetzt wieder bergab und wir erreichen in kurzer Zeit den Parkplatz. Wieder auf dem Moped geht es mit vereinzelten blauen Störungen am Himmel wieder in Richtung Phong Nha. Uns gefallen die Berge hier sehr, der dazugehörige Fluss mit seinem tollen türkis nimmt uns in seinen Bann. Das Landschaftsbild wechselt nach jeder Kurve und glücklicherweise hat Nadine auch während der Fahrt die Kamera in ihrer Hand. Nicht nur die Höhle ist ein Highlight sondern auch die umgebende Landschaft!

Derweil geht unsere Tankanzeige immer weiter in den Keller, also doch noch einmal tanken. Wir möchten dem Vermieter einen ähnlich leeren Tank zurückgeben und fahren eine Tankstelle an. Hier kann man den gewünschten Geldbetrag angeben und die Zapfsäule gibt den entsprechenden Sprit raus. Da unser Kleingeld nicht ausreicht, schenkt uns der Tankwart 1000 Dong und etwa einen halben Liter später, fahren wir die letzten Kilometer zurück und geben das Moped ab. Nur eine halbe Stunde danach steigen wir in den öffentlichen Bus und finden auf dem Boden zwei Fahrscheine mit dem schon erwähnten offiziellen Fahrpreis. Als wir zahlen sollen (wieder den Preis mit Zuschlag) zeigt Carsten ihm die Tickets und behauptet, dass wir die heute morgen hatten und jetzt den gleichen Preis zahlen werden. Der Schaffner ist verdutzt, schaut auf die Fahrscheine und gibt tatsächlich nach. So richtig geheuer scheint es ihm zwar nicht zu sein, aber negative Folgen hat es für uns keine. Wieder in Dong Hoi sind wir die letzten die Aussteigen und gehen gleich ins Treehugger Cafe, um unseren Hunger und Durst zu stillen. Ein schöner Abschluss für einen nahezu paradiesischen Tag.

Aber eben nur nahezu. Auf uns wartet nämlich noch eine Nachtbusfahrt. Schon wieder. Der Zug war leider komplett ausgebucht. Also hatten wir keine andere Wahl als den Bus zu nehmen. Dazukommt, dass es nur noch in einem Open-Bus zwei Plätze gab. Open-Bus ist kein Cabrio, sondern ein Reiseangebot, wo man aus- und einsteigen kann, wo man möchte, wenn denn Platz ist. Die Liegesitze in diesem Exemplar sind nur noch für Personen bis 160cm, der Rest kann schauen wo er seine Beine lässt. Für Carsten bedeutet es eine Nacht auf dem Rücken mit rechtwinklig angewinkelten Beinen nach oben. Auch der Fussraum ist nur noch bis Schuhgröße 41 tauglich.

Der Bus ist schon länger unterwegs gewesen, als er uns aufnimmt. Im Bus stinkt es fürchterlich, und die feuchte Luft rinnt an den Fenstern herunter. Es gibt zwar eine Toilette an Board, aber die will man nicht mal als Mann benutzen. Da wären uns die Pinkelpausen am Straßenrand von unserer letzten Nachtbusfahrt lieber gewesen. Die gibt es aber leider nicht. Wir werden also 7h lang durchgerüttelt und eins der menschlichsten Grundbedürfnisse muss zurückgehalten werden. Was für eine schreckliche Nacht!

Morgens um fünf kommen wir in Ninh Binh an. Nach einem dringenden Toilettenbesuch werden wir von einem netten Taxifahrer, einem Freund vom neuen Gästehausbetreiber, in unsere Unterkunft gefahren. Dort werden wir schon erwartet und können direkt aufs Zimmer. Draußen wird es hell und der Staatsfunk sendet blechern und laut über die vielen im Tal verteilten Megafone seine Morgengrüße. Wir holen erst mal Schlaf nach. Guten Morgen Vietnam.

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