Weltreise Tagebuch
#160 Sansibar
Carsten
12. – 28. Februar 2019
Sansibar, die Insel der Strände und Träume. Auch wir wollen dort den Blick aufs türkisfarbene Wasser geniessen, viele heimische tropische Früchte essen und unseren Aufenthalt in Afrika entspannt ausklingen lassen. Flugangst, ein Krankenhausaufenthalt und Wetterwechsel machen unseren Trip dann doch spannender als gedacht.
Wir suchen eine Überland-Alternative um nach Sansibar zu gelangen. Leider wird selbst hartgesottenen Busnutzern die Strecke von Johannesburg aus richtig schwer gemacht. Krisengeschüttelte Regionen und ansteckende Krankheiten machen diverse Grenzüberschreitungen und Aufenthalte zu einem großen Problem und so bleibt uns aktuell nur der Luftweg. Die gängigste Fluglinie namens Mango Air hat als eine der wenigen afrikanischen Airlines eine gute Sicherheitsqualität vorzuweisen. Nadine versucht sich durch Recherche über Flugzeugtypen und Airline Vergleiche zu beruhigen. Mango fällt positiv auf, auch wenn die Maschinen wohl im Schnitt 20 Jahre alt sind. Dafür haben sie sich bewährt und die Wartungsqualität soll gut sein. Wir buchen also einen Direktflug und sparen dadurch zwar keine Euros, aber Flugzeit und Zwischenlandungen, und das ist doch auch was, wenn wir schon fliegen 😉 Unsere Vermieter in Johannesburg sind schon mehrfach mit Mango Air geflogen und waren sehr zufrieden. Sie sind es auch, die uns um 4.00 Uhr in der Früh zum Flughafen fahren. Na dann, los gehtˋs 😉
Mit dem Online-Ticket auf dem Handy und den in Frischhaltefolie eingewickelten Rucksäcken geht es zum Check-In und dort läuft alles reibungslos. Für uns gibt es Sitzplätze oberhalb der Flügel und für Nadine den beruhigenden Horizontblick vom Fensterplatz, doch bis zum Abflug heisst es warten und Nerven bewahren. Die Sache mit der Plastikfolie stinkt uns zwar, aber der Johannesburger Flughafen ist leider von einer Gepäck-Mafia durchzogen und uns bleibt keine andere Wahl, wenn wir an unserem Rucksackinhalt hängen. Nicht nur, dass wir oft über dieses Problem gelesen haben, wir lernen auch noch später zwei Südafrikaner auf Sansibar kennen, die es ohne Folie versucht haben und prompt beklaut wurden. Johannesburg ist schon eine Stadt für sich und Kapstadt gilt im Vergleich als „sicher“ 😉 Nach dem Boarden werden wir mit Getränken und Essen versorgt. Das vegetarische Essen im Flieger stellt sich als vegan heraus und so können wir sogar noch lecker essen, also ich esse 😉 Nadine kriegt nix runter 😉
Der Flug verläuft unspektakulär und als wir auf Sansibar landen herrscht gutes sonniges Wetter und für unsere Einreise müssen wir nur noch vier Formulare ausfüllen und je 50 US$ fürs Visum bezahlen. Wir werden von einem über unsere Unterkunft vorbestellten Taxifahrer abgeholt, der auch gleich am Ausgang auf uns wartet. Eine prima Sache, denn erstens werden wir von keinem unbekannten Taxifahrer (wie an Flughäfen üblich) über den Tisch gezogen und zweitens hilft er uns auch gleich unsere sehr versteckt liegende Unterkunft zu finden 🙂 Wir fahren eine gute Viertelstunde durch Sansibar-Stadt, der Hauptstadt des teilautonomen Inselstaates, und freuen uns aufs Zimmer. Die kurze Nacht hat uns etwas müde gemacht. Ab in den zweiten Stock und hinein ins schöne halbleere Zimmer. Es gibt ein Bett mit Moskitonetz und zwei Minibeistelltischchen. Wir mögen zwar den Minimalismus, aber bei der Luftfeuchtigkeit wünschen wir uns doch etwas zum Aufhängen. Dann verteilen wir eben alles auf den Boden und der Ventilator sorgt für Umluft 😉 Hübsche Vorhänge und schöne Malereien an der Wand sind ein guter Anfang, ein Wlan-Passwort wäre allerdings auch nicht schlecht. Nach einigem hin und her bekommen wir dann auch über das Handy der Reinigungskraft eine Nachricht der Vermieterin. In der Zwischenzeit haben wir uns noch das Bad, das Klo und die Küche angeschaut. Ups, dass geht vielleicht für ein zwei Nächte, das war es dann aber auch und kochen werden wir hier auf gar keinen Fall. So schön und sauber das Zimmer ist, so dreckig und defekt ist der Rest. Egal, zwei Nächte und dann sind wir wieder weg.
Stone Town
Nach einem kleinen Mittagsschläfchen gehen wir noch kurz an den Strand, der nur zwei Minuten entfernt liegt. Es ist ein typischer Stadtstrand mit schönem Ausblick und allerlei Menschen, die mal kurz ein Stück Natur suchen. Einige Einheimische treiben Sport und andere wiederum stehen und sitzen an einer Strandmauer und beobachten jeden der kommt oder geht. Touristen sind hier nur wenige. Wir gehen auch gleich wieder und bummeln durch den angrenzenden und ältesten Teil von Sansibar Stadt und der heisst „Stone Town“. Ein Ortsteil voller kleiner verwinkelter Gassen und Straßen. Der Name ist laut Wikipedia von überwiegend ab den 1830er Jahren aus hellem Korallenkalkstein errichteten, repräsentativen Gebäuden und Wohnhäusern abgeleitet. Ab 1840 befand sich in Stone Town die Residenz des Sultans von Oman. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war Sansibar der weltgrößte Produzent von Gewürznelken und die Stadt der größte Markt für den Sklavenhandel der ostafrikanischen Küste.
Auch heute werden noch viele Gewürze angebaut, den Sklavenmarkt gibt es glücklicherweise nicht mehr und der Tourismus nimmt seit Jahren zu und bringt einiges an Geld auf die Insel. Trotzdem ist der überwiegende Teil der Bewohner bitterarm und lebt immer noch von durchschnittlich 260€ im Jahr.
Die Amtssprachen auf Sansibar sind Swahili und Englisch. In vielen Teiles der Insel wird aufgrund der Geschichte auch Arabisch gesprochen und an den Touristen-Hotspots verbreiten sich europäische Sprachen zusätzlich. Stone Town ist, wie kann es anders sein, Unesco Weltkulturerbe 😉 und dank der vielen Touristen hat sich in der Stadt ein reger Handel mit allerlei Souvenirs und Schmuck und Bekleidung ausgebreitet. Hotels und Airbnb Zimmer gibt es fast an jeder Ecke und wer da mitmischen kann gehört zu den glücklichen Gewinnern. Die, die sich die Mieten in Stone Town nun nicht mehr leisten können müssen aufs Land ziehen und dort gibt es nur sehr begrenzt und wenn überhaupt, dann schlecht bezahlte Arbeit. Wir haben auf unserer langen Reise schon viele schöne Orte sehen dürfen und auch hier begeistert uns eigentlich die Architektur. Aber wir sehen immer deutlicher die Diskrepanz zwischen arm und reich, Tourismus und Alltagslebensbedingungen. Wir können uns nicht mehr einfach glücklich treiben lassen und die Situation der Bevölkerung ausblenden. Eigentlich konnten wir das von Anfang an nicht so richtig gut, aber mittlerweile ist es für uns fast nicht mehr zu ertragen, dem Elend zuzusehen und keine Lösung parat zu haben. Könnte uns ja egal sein, aber der Tourismus ist halt nicht nur Segen sondern für viele eben auch Fluch.
Die meisten Menschen begegnen uns hier wohlgesonnen und freundlich auch wenn wir keine Souvenirs kaufen wollen. In den ganz engen Gassen ist ein Geschäft neben dem anderen und die Betreiber gehen vor der Tür auf Kundenfang. Dazwischen suchen sich Motorroller und Fahrradfahrer ihren Weg während Kinder herumtollen. Wir sind mittendrin und versuchen ein bestimmtes Restaurant zu finden. Das GPS hat nur auf den „größeren“ Plätzen Empfang und zusätzlich sind nur ein Drittel der Gassen auf der Karte eingezeichnet. Wer sich hier beim ersten Besuch nicht verläuft, hatte kein Ziel vor Augen 😉 Nach über einer Stunde erfolglosen Orientierungsversuchen und Nachfragen geben wir auf. Wir gehen nun im Dunkeln zurück in Richtung unserer Unterkunft. Welch Glückes Geschick, wir kommen zufällig an einem kleinen indischen Restaurant vorbei. Sehr nette Betreiber servieren uns leckeres Essen und das ist dazu noch günstig. Da kommen wir gerne wieder 🙂 Nach unserem Südafrika Aufenthalt ist es das erste mal, dass wir wieder im Dunkeln durch eine Stadt laufen. Ein etwas ungewohntes Gefühl, doch aufgrund der belebten Straßen fühlen wir uns hier nicht unwohl. Nur abseits der Geschäfte und Hotels sind die Gassen leer, dunkel und wenig einladend. Zurück im Zimmer sind wir froh über den Ventilator und das Moskitonetz, beides brauchen wir dringend für die feucht-heiße Nachtruhe 😉
Krankenhausbesuch
Obwohl unser Zimmer direkt in Stone Town liegt, ist die Nacht überraschend ruhig gewesen und wir gehen ausgeschlafen ins westlich geprägte Café Puzzle, das für Kaffee-Spezialitäten und leckere Smoothies bekannt ist und auch veganes Frühstück anbieten soll. Wie sich herausstellt gibt es in diesem Café jede Menge leckerer Sachen, nur leider kein veganes Frühstück. Dann gönnen wir uns eben zwei Smoothies mit allerlei Obst 😉 Nadine schmeckt ihrer nicht besonders und so trinke ich eben beide. Mein Magen beginnt nach einer halben Stunde etwas zu rumoren und wir gehen wieder auf unser Zimmer. Mit leichten Magenschmerzen pendle ich die nächste Stunde zwischen Bett und Klo (erfolglos) und schwitze immer stärker. Nadine macht mir kalte Umschläge und trotzdem erhitze ich immer weiter und die leichten Magenschmerzen gehen in krampfartige übelst schmerzhafte Schübe über. Die ganze Zeit denke ich, ach wenn ich doch einmal richtig aufs Klo könnte. Stattdessen wird mir so schlecht, dass ich mich übergeben muss.
Da das Wlan seit heute morgen ausgefallen ist, können wir leider auch nichts recherchieren. Eine Nachbarin bietet Knoblauch und Zitronensaft an und das kommt auch gleich wieder raus. Versuch macht klug 😉 Wir wissen weder wo hier ein Arzt oder Krankenhaus ist und irgendwie wird das auch so schon wieder, ist sicher nur eine Magenverstimmung, denke ich. Eine halbe Stunde später sind die Krämpfe derart heftig, dass ich dringend medizinische Hilfe benötige und ins nächste Krankenhaus möchte. Die Nachbarin hält ein Taxi auf der Straße an und nennt dem Fahrer das Internationale Krankenhaus fünf Minuten entfernt von uns, – nur fünf Minuten, wären da nicht die Falschparker, die die Straße blockieren. Gekrümmt vor Schmerzen brülle ich aus dem offenen Fenster. Das motiviert zwar den Falschparker nicht, dafür aber den Taxifahrer noch schneller zu machen, als er eh schon unterwegs ist. Mir geht es minütlich schlechter und werde am Krankenhaus mit einem Rollstuhl direkt zur Notaufnahme gebracht.
Acht (!) Stunden, viele Ärzte, einige Untersuchungen und viele Spritzen und Tropfe später soll es endgültig mit mir aufwärts gehen. Die letzte Ärztin hat mir eine schwere Magenkolik aufgrund vermutlich unsauber zubereiteter Smoothies (was keine Seltenheit sein soll) attestiert und endlich die richtigen krampflösenden Medikamente geben lassen. Acht Stunden Koliken sind eine besondere Erfahrung und die braucht echt niemand.
Aber wie läuft das hier im internationalen Krankenhaus überhaupt ab?
Während ich mich vor Schmerzen krümme und strecke und darauf hoffe, dass die Medikamente helfen, hat Nadine allerhand zu tun. Auch wenn ich in der Notaufnahme liege, also dort, wo es wichtig ist Medikamente möglichst schnell zu erhalten, gibt es hier einen etwas umständlichen Ablauf und da heißt es auch hier erstmal einkaufen gehen. Kein Scherz, wenn jemand verfügbar ist, der die notwendigen Medikamente kaufen gehen kann, dann wird dieser Jemand und im Zweifel kann das auch schon mal der Patient, wie zum Beispiel mein motorradverunfallter Nachbar, selbst sein. In meinem Fall ist es Nadine 🙂 Als erstes geht es für sie zur Anmeldung, dort holt sie ein Rezept ab, geht damit zur hauseigenen Apotheke, lässt sich einen Zahlschein geben, geht mit diesem zur Kasse, um zu bezahlen, lässt ihn dort abstempeln und geht zurück zur Apotheke, bekommt das Medikament gegen Zahlschein ausgehändigt und kann dann damit zurück in die Notaufnahme, wo mir das Medikament verabreicht werden kann.
Natürlich könnte man auch direkt das Einverständnis der Krankenkasse zur Direktabrechnung einholen. Aber versuch das mal in einem Krankenhaus in Tansania, die keine Auslandsgespräche zulassen und mit einer deutschen Krankenkasse, die solche Abrechnungsvorgänge outsourced und diese Info auch erst einen Tag später per Mail mitteilt. Damit hatte Nadine also keinen Erfolg und deshalb ist Bares Wahres und dank unseres Status als Deutsche in einem Internationalen Krankenhaus wird meine Medikation sehr flexibel gehandhabt auch wenn Nadine gerade nicht einkaufen gehen kann. Auch Untersuchungen, wie zum Beispiel Röntgenaufnahmen oder Ultraschall sind grundsätzlich im voraus zu zahlen.
Als ich zur Toilette muss, werde ich mit dem Rollstuhl vor zwei Toiletten mit Frauensymbol gefahren. Die Schwester erkundigt sich nach meinem Herkunftsland und mir wird die rechte Kabine zugewiesen. Ich finde ein halbwegs sauberes europäisches Sitzklo vor und danke innerlich für diesen Luxus. Einen Tag später sollte ich noch das Männerklo kennenlernen dürfen und meine Dankbarkeit vom Vortag kennt anschliessend keine Grenzen mehr und ich schäme mich für mein Geschlecht. Aufgrund des sehr aufwendigen Prozedere und bestimmt auch diverser anderer Gründe sind die meisten Patienten nicht allein vor Ort und das Krankenhaus ist sehr trubelig und nicht gerade leise. Den einen mag es ablenken, der nächste hätte gerne mehr Ruhe, aber was wohl am wichtigsten ist, dass hier halbwegs modern untersucht wird und die Ärzte sich gegenseitig zu Rate ziehen. Wir hatten mit wesentlich schlechteren Bedingungen gerechnet und sind froh über den guten Standard im Internationalen Krankenhaus von Sansibar. Auch die vielen Schwestern und Helfer waren alle sehr hilfsbereit und freundlich! Das zweite Krankenhaus, das in der Stadt liegt, soll dagegen weniger empfehlenswert sein 😉
Die Nacht verbringe ich aus Furcht vor einem Rückfall sicherheitshalber noch im Krankenhaus und freundlicherweise in einem Privatzimmer. Da außer mir niemand im Zimmer liegt, kann auch Nadine bei mir bleiben und so kuscheln wir uns aneinander. Ich bin von den ganzen Schmerzmitteln so zugedröhnt, dass ich nun krampffrei direkt und endlich einschlafe. Nadine mußte bei dem ganzen Elend zuschauen und ist nun auch derart erleichtert, dass sie auch gleich einschläft. Am Morgen wache ich immer noch schmerzfrei auf und nach einem kurzen Abschluss-Check und dem Einkauf von reichlich Medikamenten für die nächste Woche machen wir uns auf den Weg zurück in unsere Unterkunft. Auch ein weiteres Antibiotikum gegen die Blasenentzündung ist bei den Medikamenten dabei, da sich zusätzlich schon die rechte Niere gemeldet hat. Wieder ist sich der Arzt sicher, dass dieses Antibiotikum ausreicht und alles gut würde. Vorweggenommen kann ich sagen, dass dem nicht so sein wird und ich nochmals ein noch stärkeres Antibiotikum verschrieben bekomme, da auch das zweite immer noch nicht ausgereicht hat. Dafür hat sich die Kolik nicht nochmals gemeldet und letztlich wurde alles gut, nur leider eben später als versprochen.
Kidoti Wild Garden Resort
Wir bleiben lieber noch eine Nacht länger in Stone Town, denn unsere nächste Unterkunft liegt über eine Stunde mit dem Taxi vom Krankenhaus entfernt. Wir gehen noch einmal in dem kleinen indischen Lokal lecker essen und fahren dann Tags darauf in unser Domizil für die nächsten Wochen. Ein kleines Öko-Resort mit Solarstrom direkt an der Westküste und abseits jeden Trubels. Unser kleines Doppelzimmer mit Gemeinschaft Bad und mit viel Obst zum Frühstück kostet nur 23,00€ pro Tag und das inklusive Tee den ganzen Tag lang 😉 Dort wollen wir viel schreiben und entspannen. Solarstrom und Wlan sind unsere Komplizen, aber wie das so ist, mit manchen Komplizen, sie sind einfach unzuverlässig, ebenso wie mein Wohlbefinden. Also erstmal wieder richtig gesund werden und mit wenig Strom und oftmals brüchigem oder gar keinem Wlan zurecht kommen.
Dafür haben wir einen wunderbaren Blick aufs Wasser oder besser aufs Wattenmeer, denn Ebbe und Flut spielen hier eine große Rolle, essen leckeres Obst, schlürfen junge Kokosnüsse und schauen den Tieren zu, wenn sie nicht gerade eh auf unserem Schoß oder zu unseren Füßen liegen 😉 Einer der Hunde geht sogar mit uns schwimmen. Unglaublich wie schnell er im Wasser unterwegs ist und wie weit er sich ins Wasser traut. Bei uns angekommen versucht er sich mit seinen Pfoten und Krallen an uns festzuhalten. Da das nicht funktioniert ohne das er unsere Haut aufkratzt schwimmen wir lieber davon und er wieder zurück an Land 😉
Die Tage sind heiss und die Nächte nicht minder. Unter dem Moskitonetz sind wir zwar im Bett vor den Moskitos halbwegs sicher, aber ob wir Frischluft zugeblasen bekommen oder nicht, hängt vom Ventilator ab und der läuft nur solange die mit Solarstrom geladene Batterie noch Strom liefert. Meistens endet die Stromzufuhr zwischen zwei und vier Uhr morgens und dann heisst es durchhalten bis um 8.00 Uhr, wenn die Moskitos wieder weniger werden und wir Frühstücken gehen können. Wir dachten ja im Vorfeld, dass wir uns an die Hitze gewöhnen werden, wenn wir nicht in den Luxus einer Klimaanlage kommen und uns der Hitze hingeben. Falsch gedacht, wir schwitzen nach wie vor wie ein Duschkopf und machen alles gaaanz laaangsaaam – hilft aber auch nix 😉
Im Watt sehen wir täglich Muschel- und Krebssammlerinnen, die ihre Opfer in großen Plastikeimern auf dem Kopf an Land balancieren. Bei dem rutschigen und teilweise sehr scharfen Untergrund ist das eine Kunst für sich. Wir fotografieren lieber die kleinen Winkerkrabben, die sich schon bei den ersten Annäherungsversuchen in ihre Löcher zurück ziehen. Bei den Winkerkrabben gibt es ebenso wie beim Menschen Links- und Rechtshänder und sollten sie die große Schere verlieren, wächst beim nächsten Panzerwechsel die kleine Schere groß nach. Second Chance 😉 Richtig erstaunt sind wir von einer anderen Krabbenart, die an dem Überhang des Muschelriffs mit ihren Beinen wir ein Dry-Tool Kletterer in den Alpen unterwegs sein kann. Echt krasse Moves 😉 Leider ist der Boden dort so rutschig, dass wir lieber keine Kamera mitnehmen wollen und kein Erinnerungsvideo davon haben.
Je nach Mondstand geht das Wasser kilometerweit zurück und bei Flut müssen wir entweder fürs Plantschen ein paar Meter hineingehen oder können gleich am Ufer losschwimmen 🙂 Das Wasser ist dank des immer wieder aufs neue mit Salz durchsetzten Wattbodens sehr salzig und umso mehr ist es faszinierend, dass die Mangroven damit zurechtkommen.
An Land sind uns abends immer wieder Landeinsiedlerkrebse begegnet. Diese Tiere werden zwar im Meer geboren, haben aber schon alle Voraussetzungen fürs Landleben in ihren geliehenen „Häusern“. Je nach Wachstumsschub benötigen sie wieder ein größeres Gehäuse für ihren weichen und ansonsten ungeschützten Hinterleib. Deshalb ist es für sie wichtig, dass wir Menschen ihnen nicht alle „Häuser“, also Muscheln, aufsammeln und mitnehmen. Da sie nachtaktiv sind und auf dem Gelände nur sehr wenige Stellen beleuchtet sind, nehmen wir unsere Handys um den jeweiligen Weg zu beleuchten. Die Schlangen, Skorpione und andere Spinnentiere sind schliesslich auch noch unterwegs und da ist Licht schon mal ein guter Anfang und Nachts sind dann auch Flipflops oder ähnliches für schnelleres Ausweichen angesagt 😉 Der Boden besteht aus Millionen von kleinen Muschel- und Schneckengehäusen und ist echt amtlich scharfkantig. Barfuss gehen für Fortgeschrittene könnte man sagen. Jeder meiner Versuche barfuss rüberzulaufen wird von einem aufmunternden Lächeln der Mitarbeiter begleitet, – die meisten von ihnen tragen Schuhe 😉
Zum Resort gehören auch noch eine Katzenfamilie mit dem mega verschmussten „Alex“ als Oberhaupt, eine Hundefamilie mit einigem Nachwuchs und dem treuen Leittier „Johnny“, der uns oft begleitet hat. Eines der Nachwuchsweibchen hat leider von Geburt an eine starke Fehlbildung am unteren Rücken, den Hinterläufen und Organen, wodurch es immer wieder auf den Schutz des Leittieres angewiesen ist. Trotz dieser Einschränkung ist sie gut drauf, versucht mit ihren Geschwistern beim Raufen mitzuhalten und sitzt ansonsten scheinbar glücklich und zufrieden hechelnd irgendwo im Schatten. Manchmal hängt sie aber auch mit ihren Zähnen an der Kleidung der Gäste und zwickt ein wenig an den Waden herum 😉 Sie hat noch keinen Namen und so dürfen wir ihr einen geben. Sie heisst nun „Happy“ und wenn wir nicht wüssten, dass sie hier bei ihrer Familie glücklich ist, würden wir sie mitnehmen wollen. Schon nach ein paar Tagen nennt sie jeder hier „Happy“ und nimmt sie mit anderen Augen wahr 🙂
Natürlich laufen hier auch einige Hühner herum und die werden bei Bestellung eines Hühnergerichts gefangen, getötet und in der Küche gleich verarbeitet, quasi „just in time“. Fleisch und Fischgerichte gelten hier als Luxus und sind auf der Speisenkarte teurer als die Gerichte mit Gemüse. So sollte es immer sein. Eine Henne hat gerade neun kleine putzige Kücken und scharrt mit ihren kräftigen Beinen den halben Tag durch das Gelände. Die Kleinen rennen immer hinterher und stürzen sich auf alles, was dabei an Essbarem zu Tage tritt. Dabei müssen sie aufpassen, dass sie nicht den großen Krallen ihrer Mama zu nahe kommen, denn sie scharrt im Akkord einfach alles zur Seite, damit auch jedes Küken und sie selbst genug zu essen bekommt. Augen auf bei der Futtersuche gleich im doppelten Sinn 😉
Wir freuen uns über das Angebot günstiger Gemüsegerichte und bei der Größe der Portionen reicht uns Mittags eine Portion und eine junge Kokosnuss für uns gemeinsam. Abends schlemmen wir dann beide richtig und geniessen jeder eine Portion der verschiedenen leckeren Currys, Spinatvariationen oder Kürbisblätter und Salate mit vielen Zwiebeln 😉 Eigentlich dürften wir die kleine Küche mitbenutzen, aber mangels nahegelegener Einkaufsmöglichkeiten und sehr günstigen Preisen im resorteigenen „Restaurant“ lassen wir uns einfach bekochen. Genau genommen ist das Restaurant eine kleine Terrasse wo auf einer Tafel drei Gerichte angeschrieben stehen und wo Stammgäste auch gerne nach Wunsch bekocht werden.
Dank des selten vorhandenen Stroms treten Bücher in den Vordergrund und eines ganz besonders. Nadine liest es schon seit einer Woche und nun bin auch ich neugierig geworden. Das „6-Minuten-Tagebuch“ hat uns in kurzer Zeit in seinen Bann gezogen. Ein absolut empfehlenswertes Buch zum Reflektieren des eigenen Alltags und dessen Glücksmomente – und das in nur sechs Minuten täglich. 😉 Sehr selten hat mich ein Buch derart begeistert und positiv beeinflusst. Solltest du es in die Finger bekommen, wirst du es verstehen 🙂
Nebenbei machen wir uns Gedanken über den Rückflugtermin und über die kommende Regenzeit. Nadines Bedarf an unruhigen Flügen ist gedeckt und wenn es hier vor Ort weniger Sonne hat, können wir nicht mal den Laptop laden. Schon jetzt, wo es etwas bewölkt ist haben wir nur 2,5 Stunden Ladestrom zur Verfügung und so kommen wir nicht weiter. Nach zwei Wochen Aufenthalt, versucht uns der Wetterbericht auf einen Wetterwechsel vorzubereiten. Ab der dritten Woche soll es täglich und ausdauernd regnen. In Folge dessen: Kein Strom, kein Wlan und alles nass! Dann checken wir mal die Flüge nach Deutschland und auch das Wetter dort. Eine Sturmfront zieht am nächsten Wochenende über Europa. Na toll! Nadine macht sich Sorgen ums Flugwetter und ich mach mir Sorgen um Nadine. Wir müssen hier weg und das innerhalb eines kleinen Zeitfensters. Leider geht der erste mögliche Flug von Sansibar erst übermorgen in der Früh, aber den können wir buchen und eine 737 Max 8 (gut, das wir keinen Unglücksflieger erwischt haben) soll uns schon mal nach Dubai bringen. Im Anschluss können wir auch noch einen Weiterflug am darauffolgenden Tag nach München mit einem A380 buchen. Das sind die kürzesten Verbindungen und Nadine ist vor allem wegen des sehr stabil fliegenden A380-Riesen und der noch guten Wetterprognose halbwegs beruhigt. Wenn das Wetter hält, sollten wir noch ruhige Flüge haben.
Wir checken also viel früher aus, als wir vorhatten, denn eigentlich wollten wir vier Wochen bleiben und nach dem Fertigstellen unseres Reiseblogs die Insel erkunden. Manchmal läufts halt anders als geplant. Wir bedanken uns aufrichtig und mit gutem Trinkgeld bei den drei guten Seelen des Resorts. Sarp (der Kellner und Mädchen für alles) und die beiden Köchinnen/Reinigungsfrauen (mit für uns viel zu komplizierten Namen, die wir uns leider nicht merken konnten 😉 ) haben unseren Aufenthalt zu etwas Besonderem gemacht. Morgens um vier Uhr werden wir zum Flughafen gefahren. Die Fahrt dauert ca. 1,5 Stunden und ist ebenso haarsträubend wie alle unsere bisherigen Fahrten auf der Insel, mit Ausnahme der ersten Taxifahrt. Es wird mit 100km/h durch die Dörfer gebrettert und alles, wirklich alles springt auf die Seite sobald gehupt wird. So gechillt und zugekifft die meisten Männer im Resort herumhingen, so rücksichtslos verhalten sie sich sobald sie hinterm Steuer ihres Autos sitzen. Dagegen ist der Verkehr in Vietnam als fast sicher anzusehen und der ist schon echt speziell!
Der Rest ist schnell erzählt, das stürmische Wetter kommt früher als gemeldet, Nadine geht es während der gesamten Flugzeit diesmal besser als sie es selbst erwartet hat (nur zu Essen hat sie nichts runtergekriegt), das Hotel in Dubai entpuppt sich als „neu“ und ist zu einem Schnäppchenpreis im Angebot. Auch der Flug nach München ist dank des riesigen A380 trotz der vom Kapitän angekündigten Turbulenzen fast wackelfrei (diesmal konnte Nadine sogar was Essen und Filme gucken!!!) und in München gelandet fahren wir mit der S-Bahn gleich weiter zu lieben Freunden in die Münchner Innenstadt. Europa hat uns wieder und nach einem Zwischenstopp bei weiteren lieben Freunden in Türkheim geht es für uns nach ein paar Tagen mit unserem Mini-Womo weiter in Richtung Portugal, wo wir den Frühling verbringen wollen 🙂