Weltreise Tagebuch

#93 Wir besteigen den höchsten Berg Montenegros

Carsten

21. August 2018

Das Durmitor-Massiv mit 48 Zweitausendern beherbergt den höchsten Bergs Montenegros – den Bobotov Kuk mit 2522m. Da wollen wir rauf, handelt es sich doch nur um eine mittelschwere Bergtour mit anschliessendem Panoramagenuss in alle Richtungen. Über die zu bewältigenden Höhenmeter spuckt das Internet verschiedene Zahlen aus und spricht vom dritthöchsten Berg Montenegros. Ja was denn nun, Höchster oder Dritthöchster?

Das Wetter ist gut gemeldet, zumindest laut dem Wetterbericht von gestern. Seit dem funktioniert das Wifi nicht mehr und wir haben kein Update. Sicherheitshalber und wegen der Mittagssonne starten wir früh und werden schon bei der Anfahrt zum Einstieg mit den tollsten Morgenfarben verwöhnt. Auch wenn es recht dunstig ist, sind die Ausblicke über die Täler voll schön und wir wollen am Einstieg, oben am Sedlo Pass noch in Ruhe frühstücken bevor wir loswandern.

Passstraße zum Startpunkt

Wunderschönes Morgenlicht

Auf der Passhöhe (1908m) angekommen sind wir nicht nur nicht die Ersten, es pfeift uns auch ein Wind entgegen, der über kurze oder lange Hose entscheidet und auch Jacke und Mütze fordert 😉 Wir essen ein paar Kekse und machen uns auf den Weg. Gefrühstückt wird später! Kurz über Weideland hinein ins Felsige und recht flott steil hinauf. Wir sind überrascht, dass schon mindestens acht Wanderer vor uns sind, so beliebt hatten wir die Tour nicht eingeschätzt. Wie immer wenn etwas Trittsicherheit gefordert ist verschiebt sich die Reihenfolge ziemlich schnell und die kleinen Grüppchen verteilen sich im Gelände. So wie Samstags in den Allgäuer Alpen eben auch 😉 Nach den ersten zweihundert Höhenmetern kommen wir auf eine Hochebene und rätseln welcher der tollen Gipfel denn nun unserer ist. Vermutlich der in den Wolken, ist schliesslich der höchste hier. So wie die Wolken über uns hinüber ziehen sind wir nicht sicher, ob es schlau sein wird bis auf den Gipfel zu gehen. Oben bläst es richtig heftig! Doch die Landschaft ist schön und vor dem Gipfelanstieg kommen eh noch einige Höhenmeter – die Entscheidung treffen wir später. Wie gewonnen so zerronnen geht es nun wieder bergab und wieder rauf und wieder runter und dann weiter runter bis zu einem kleinen unscheinbaren See. Puhh, ganz schön anstrengend heute!

Brr – es weht ein eiskalter Wind. Lieber schnell weitergehen 🙂

Bobotov Kuk – mittig vom Bild – wird von schnellen Wolken überströmt

Es wird Zeit zu frühstücken, also ab in eine windgeschützte Ecke und her mit den Falafeln von gestern Abend 😉 Hinter uns kommen immer mehr Leute und der Hang zum Gipfel bekommt immer mehr bunte Punkte. Netterweise wollen auch andere noch frühstücken und wir können gemütlich und ungehindert in Richtung nächsten Sattel steigen. Immer wieder sind die Stufen hoch und quälen unsere Oberschenkel 😉 Der Gipfel ist nah und der Wind hat etwas nachgelassen, also weiter geht es. Einmal noch unterm Gipfel queren und schon sind wir am seilversicherten Gipfelaufbau. Nach fünf Minuten stehen wir oben und freuen uns über die Aussicht und den nachlassenden Wind. Das Panorama ist wirklich toll, wenn die Wolken grad mal weggezogen sind und sich auch der unten liegende See Veliko-Škrčko zeigt.

Panorama unterhalb des Gipfels

Blick vom wolkenumströmten Gipfel

Veliko-Škrčko-See

Gipfelbuch Kasten

Immer mehr Wolken ziehen auf und durch und sie werden auch immer grauer. Das läßt nichts Gutes vermuten. Noch ein paar Fotos und dann geht es wieder runter. Für den Aufstieg brauchten wir drei Stunden, also zieht sich auch der Rückweg noch hin und der alte Wetterbericht ist wohl überholt. Meine Trittsicherheit läßt plötzlich auf den ersten Metern nach und die schmalen Tritte fühlen sich für mich nicht so richtig gut an. Sehr seltsam. Nach den ganzen bisherigen Touren in Halbschuhen habe ich heute mal wieder meine festen Stiefel angezogen und glaube das war eine blöde Idee, die bin ich nicht mehr gewöhnt 😉 Nach einigen Metern gehe ich zwar wieder sicher, aber dafür merke ich dann im Abstieg meine Kniebänder. Na toll!

Im Abstieg

Der Gipfel ist ein beliebtes Ziel und es kommen uns viele Wanderer entgegen

Blick zurück zu den schroffen Kalksteinbergen

Nur noch 25 Minuten vom Parkplatz entfernt

Weiter geht es hinunter, den immer mehr werdenden Wanderern entgegen. Jetzt ist hier richtig was los und bei der Wetterentwicklung auch etwas seltsam. Im Abstieg machen wir noch eine kleine Pause am See und essen kurz etwas mit unserem Speziallöffel. Denn entweder wir vergessen unser Messer oder unseren Löffel, heute eben beides 😉 Also wird wieder improvisiert. In dem Fall wird die DAV Karte zum Löffel umfunktioniert und so können wir uns unser Dal und Gemüsereis doch noch schmecken lassen. Na ja, zur Not ginge es auch mit den Fingern 😀

Danach gehts aber auch gleich wieder rauf und runter und rauf und runter 🙂 immer wieder bleiben wir nochmal stehen und bewundern die tollen Felsformationen und Blumen. Die größeren Wildtiere haben wir bisher nicht zu Gesicht bekommen, aber heute haben wir wenigstens mal eine Gams entdecken können.

Endlich mal Wildlife – eine Gams!

Der letzte Abstieg wird leider von meinen heftigen Bänderschmerzen begleitet und ich bin froh wieder beim Wagen zu sein. Immerhin 930hm rauf wie runter und mein Rücken hält, das zählt für mich mehr! Als wir wieder in unserer Unterkunft sind, zieht ein kräftiges Gewitter über das Durmitor-Massiv bis zu uns. Gutes Timing 🙂

Und falls Du Dich nun fragst ob wir nun auf dem höchsten oder dritthöchsten Berg Montenegros standen, hier kommt die Lösung. Die meisten Montenegriner sagen der Bobokov Kuk sei der Höchste, denn die beiden anderen Berge sind nur unwesentlich höher und stehen zur Hälfte auf dem Gebiet von Nachbarstaaten und gelten deshalb nicht 😉

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