#117 Zeitsprung am Eisernen Tor
Carsten & Nadine
28. September – 01. Oktober 2018
Unser erster Aufenthalt in Rumänien, ein Tagesausflug nach Serbien, Europas größte Flussklippenlandschaft und unser Auto, was in die Werkstatt muss. Alles das erwartet uns in Orșova an der Donau. Was das mit dem Titel zu tun hat? Verraten wir noch 😉
Auf nach Rumänien, unserem nächsten Land auf unserer Europareise und dem Heimatland unserer neuen Querlenker 🙂 Wir machen uns auf den Weg und fahren wieder über Straßen, die ein wenig unter dem ADHS-Syndrom leiden und immer wieder unsere Aufmerksamkeit mit spontanen Schlagloch-Monstern und Querwellen auf die Probe stellen. Auch als wir über die Grenze kommen, ist an unaufmerksames dahinrollen nicht zu denken. Trotzdem schauen wir uns auch aus dem Auto heraus die Gegenden an und verfolgen die Unterschiede einzelner Regionen. In Rumänien fallen sofort die bunteren und verzierten Häuserfronten auf und sie ziehen unsere Blicke an.
Ebenso auffällig sind die vielen Dacias, die hier herumfahren. Die Polizei fährt ebenso Dacia wie die meisten Taxifahrer und auch die kommunalen Fahrzeuge sind von dieser Firma. Unser Dacia fällt nur noch durch seine „unauffällige“ Lackierung auf. 😉 Die Straßen werden langsam besser und unsere Querlenker haben hoffentlich bald ihren Zweck erfüllt und können ausgetauscht werden. Dieser Plan steht schon seit unserem letzten Besuch unserer Servicewerkstatt in Sonthofen fest. Der Meister meinte „dringend reparieren!“, der Senior Chef sagte „Ach Quatsch. Das macht ihr günstig, wenn ihr in Rumänien seid!“. Da sind wir nun und der vorgeschädigte Querlenker ist nun total durch und der andere hat aufgrund der vielen Schlaglöcher der letzten zwei Monate auch die Grätsche gemacht. Es wird also höchste Zeit eine Werkstatt aufzusuchen. Der erste Renault/Dacia Händler, den wir finden, ist typisch Freitag etwas unmotiviert, aber wir haben ja noch ein paar Tage in Rumänien.
Weiter geht es zu unserer Unterkunft in Orșova an der Donau. Die GPS Angabe ist nicht gerade so richtig genau und die Adresse ist auch nicht wirklich zu finden. Dann hören wir doch mal auf unser Bauchgefühl. Wir fahren mal um den Häuserblock und sind genauso schlau wie vorher – toll! Egal, einfach mal aussteigen und den nächstbesten anquatschen. Der verschwindet in einem Hauseingang und die Tür fällt ins Schloß bevor wir ihn erreiche. Super, denn sonst ist niemand in der Nähe – denken wir 😉 Plötzlich geht ein Fenster über uns auf und wir hören nur „booking“. Ja, prima, genau, wir sind die Gäste von „booking“ – gefunden 🙂 Das war allerdings auch das einzige Wort, was unsere Gastgeberin und wir gemeinsam kennen. Die weitere Unterhaltung läuft über ihre Nachbarin und über ihren Vater per Handy. Wir werden trotz der Sprachbarriere herzlich empfangen und obwohl die modern eingerichtete Wohnung für uns beide viel zu groß erscheint fühlen wir uns wohl. Ach ja, wo uns gerade zwei Dolmetscher helfen, „wir könnten eine Autowerkstatt gebrauchen“. „Okay, kein Problem. – kurzes Telefonat – „unser Nachbar ist Kfz-Mechaniker und kommt in einer halben Stunde.“ Super, so schnell haben wir das nicht erwartet und nun sind wir gespannt, was übers Wochenende gehen könnte. Es geht leider nicht sehr viel, denn unser Mechaniker ist auch Hochzeitsfotograf und am Wochenende gebucht. Aber am Montag repariert er unseren Wagen und bis dahin verlängern wir unsere Wohnung, die mit seiner Hilfe auch etwas günstiger wird. Bis dahin können wir noch den Wagen nutzen und ein wenig die Gegend erkunden. Läuft doch 😉
Es ist Samstag. Das Wetter: grau. Aber wir lassen uns nicht entmutigen. Denn wir wollen einen kleinen Wanderausflug in Serbien machen. Immerhin trennt uns nur die Donau von dem Balkanland. Also eigentlich nur 200m. Denn viel breiter ist die Donau hier nicht. Aber natürlich sind es in Wahrheit ein paar Kilometer bis wir zum Staudamm kommen. Dieser Staudamm dient auch zugleich als Brücke und Grenzposten. Bevor es ihn gab, galt die Donau in diesem Abschnitt als gefährlichster Flussabschnitt und durfte nur mit Unterstützung durch Lotsen befahren werden. Das ist passé. Dafür jedoch stieg der Donauspiegel und einige ärchaologische Funde wie auch Ortschaften mussten zuvor höhergelegt werden um nicht unterzugehen.
Der Grenzübergang läuft überraschend schnell und so flott, dass wir auf einmal eine Stunde mehr übrig haben. Das liegt aber einfach an der serbischen Zeitzone, die übrigens der deutschen Zeit entspricht. Zeitsprung Nummer eins 😉 Wir cruisen gemütlich an der Küstenstraße (oder besser: Flussklippenstraße) entlang und stoppen an einer unscheinbaren kleinen Parkbucht. Hier beginnt unsere Wandertour. Kein einziges Schild weißt darauf hin. Aber wir haben ja MapsMe und dank „stunden“langer Internetrecherche wissen wir es besser 😉 Komischerweise führt uns der gestrichelte Weg unserer Naviapp mitten durch einen Bauernhof, der seinen Zufahrtsweg mit einer Schranke abgeschlossen hat. Dazu ein Schild, dass neben serbisch auch auf englisch ganz unmissverständlich klar macht, dass hier kein Durchgang ist. Öhm…wie jetzt? Aber es ist doch der einzige Weg nach oben…Was soll’s – wer nichts wagt, der nichts gewinnt 😉
Zum Glück sehen wir keine Menschenseele und können ungesehen passieren 🙂 Wir stehen nun mitten im Nationalpark Djerdap. Hier soll eine sehr dichte Artenvielfalt herrschen. Luchse, Wölfe, Bären, Goldschakale und sogar Schildkröten. Natürlich verstecken sie sich wieder alle vor uns und unseren Kameras. Nicht mal Vogelgezwitscher oder Bienensummen ist zu hören. Eine eigenartige Stille herrscht im Wald. Nur das Rascheln der Blätter unterbricht die Ruhe. Es erinnert uns daran, dass der Herbst Einzug hält. Unser Gehrhythmus wird immer wieder von auf dem Weg liegenden abgestorbenen Bäumen unterbrochen. Man will die Natur unversehrt lassen und lässt den Dingen ihren Lauf. Dass die Bäume auf dem Weg nicht entfernt werden, zeigt sich uns auch daran, dass sie mittlerweile mit rot-weißen Wegmarkierungen bepinselt wurden.
Nach nicht einmal einer Stunde haben wir die 370 Höhenmeter überwunden und stehen auf dem kleinen Plateau einer mächtigen Felswand. Ein unfassbar windschiefer Aussichtsturm hält (noch, aber nicht mehr lange) dem böigen Wind stand, der direkt von der Donau nach oben fegt. Bei allem Abenteuersinn. Da klettern wir nicht mehr rauf ;-P Stattdessen laufen wir noch eine knappe halbe Stunde direkt am Felsrand weiter um den zweithöchsten „Gipfel“, der auf den Namen Mali Strbac hört, zu erreichen. Ein kleiner bemalter Stein zeigt uns an, dass wir angekommen sind. Vor uns liegt das Eiserne Tor. So nennt sich der Taldurchbruch, durch den die Donau hier fließt. Sie wird an der engsten Stelle auf nur 150m verengt. Auch wenn wir kein Bilderbuchwetter haben ist die Aussicht schön!
Steilste Flussklippenlandschaft Europas
Das Eiserne Tor gilt als beeindruckenster Taldurchbruch Europas – mit bis zu 300m hohen Steilklippen
Von hier oben können wir auf der rumänischen Seite der Donau das, in einen riesigen Felsstein eingemeißelte, Gesicht des Dakerkönigs Decebalus sehen. Nach 10 Jahren Arbeit wurde 2005 die größte Felsskulptur Europas mit 40m Höhe eingeweiht. Einen Tag später haben wir uns den Steinriesen von Nahem angeschaut – das Foto haben wir einfach auch hier mit reingepackt 😉
Wir hocken eine ganze Weile hier oben, vespern zwischendurch, und schauen uns das Treiben auf dem Fluss an. Und wir warten auf ein paar Sonnenstrahlen. Leider vergeblich. Bis auf ein paar Momente, ist die Wolkendecke doch zu dicht. Aber hey…..wir hatten seit unserer Weltreise sooooo viel Sonne. Wirklich böse sind wir nicht. Nur auf den Fotos sieht es jetzt etwas trüb aus. Das leuchten der Farben fehlt dann doch – mit Ausnahme des knallroten Oberteils von Nadine.
Der Rückweg ist der gleiche wie der Hinweg, nur dass wir diesmal den Bauern und die Bäuerin auf ihrem Grundstück antreffen. Wir winken ihnen fröhlich zu und sie winken zurück 🙂 Mit dem Auto geht es wieder über die Grenze – Zeitsprung Nummer zwei – und nach einem kurzen Blick in unser Auto, lässt uns der Grenzbeamte wieder in Rumänien einreisen. Ein schöner Tagesausflug in Serbien war das 🙂
Montag, Tag der Wahrheit! Wir treffen uns im Werkstatt Büro gleich gegenüber unserer Unterkunft. Unser Kfz Mechaniker hat sich einen leichten Hexenschuss vom Wochenende eingefangen. Ist nicht wahr, oder?! Er meint aber, er könne trotzdem arbeiten und wir sollen uns keine Sorgen machen. So wie er da steht macht sich Carsten aber Sorgen und holt direkt seine ayurvedische Supersalbe, die auch ihm schon geholfen hat. Seine Frau reibt ihm den Rücken ein und bevor er anschliessend mit unserem Wagen davon fährt, zeigt er uns noch seine neuesten Hochzeitsfotos und Videos (tolle Arbeit, der Typ hat echt was drauf und die Hochzeitsparty war wohl auch der Kracher, so mit einem nicht ganz so legalem Indoor-Feuerwerk 😉 ). Gegen Mittag bringt er unseren reparierten Wagen zurück und wir fahren noch kurz zum Spur einstellen zu einer befreundeten Werkstatt und nach einer weiteren halben Stunde ist alles wieder tip top. Bezahlt haben wir in Rumänien 120€ für beide Seiten, während die Werkstatt in Sonthofen 250€ für eine Seite haben wollte. Dank an den Senior Chef und seinen guten Tipp. Mit einem völlig neuen Fahrgefühl fahren wir weiter nach „Tiramisu“ wie Carsten die rumänische Stadt Timișoara liebevoll nennt.
Ach ja, und wer aufgepasst hat, dem hat sich auch der Titel unseres Beitrags erklärt 😉