#94 Auf der schönsten Passstraße Montenegros
Nadine
23. August 2018
Statt einem Wandertag gibt es heute einen kleinen Roadtrip Ausflug vom Durmitor Nationalpark bis zum Piva See. Uns erwartet eine unglaublich abwechslungsreiche Landschaft, die diese Passstraße zu einer der schönsten macht, die wir bisher gesehen haben.
Eigentlich wollten wir noch eine größere Wandertour machen, aber die Besteigung des Bobotov Kuk hat seinen Tribut gezollt. Die Kniebänder von Carsten wollen auch nach dem gestrigen Pausentag noch keine größere Belastung mitmachen. Deshalb soll es nur eine kleine Wanderung um den See „Crno jezero“ (crno=schwarz, jezero=See) werden. Der See liegt mitten im Durmitor Nationalpark und ein 3,5km langer Rundweg führt drumherum – das kann ja nicht länger als maximal 1,5 Stunden dauern und im flachen halten auch die Bänder. Wir fahren also zum Parkplatz des Schwarzsees, und erfahren von den Ticketverkäufern, dass fürs Parken und für zwei Personen ein Preis von 8€ fällig wird. Dafür könne man sich dann den ganzen Tag im Durmitor Nationalpark aufhalten. Ups. Das finden wir für 1,5h etwas viel. Würden wir eine Tagestour planen, wäre es ja noch ok. Aber seltsam ist es schon. Hier zahlt man für das Betreten des Nationalparks und an anderen Stellen nicht. Wie auch immer – wir fahren wieder ab und treten direkt den geplanten Teil 2 an.
Eine Fahrt über den Sedlo Pass von Zabljak nach Plužine. Einen Teil haben wir schon befahren, als wir den Bobotov Kuk bestiegen haben, aber der weitaus größere Teil kommt erst dahinter. Los geht’s. Die Straße ist durchweg in ganz gutem Zustand, dafür aber sehr schmal. Immer wieder liegen kleinere oder größere Steine, die von den Felsen abgebrochen sind auf der Straße. Zum Glück ist noch nicht viel los und die einzigen, die den Verkehr behindern sind Kühe, die sich auch vom dichten Auffahren nicht gestört fühlen. Auch zaghaftes Hupen reicht nicht aus. Da muss erst ein Einheimischer kommen, der mit Dauerhupen Erfolg hat. Wir machen es ihm nach 😛
Immer wieder halten wir am Seitenrand an, schauen uns die herrliche Berglandschaft an und beobachten die Schafe, Kühe und Ziegen beim Grasen und Herumtollen. Wir sind überrascht wie oft man hier an kleinen Campingplätzen vorbeikommt. Die meisten sind aber ziemlich leer. Die Häuser hier im Norden sehen übrigens echt putzig aus. Ziemlich klein, dafür aber mit oftmals fast bis zum Boden reichenden spitzen Dächern.
Nach einer guten Stunde Fahrt ändert sich die Landschaft. Mittlerweile windet sich die Straße in Haarnadelkurven durch ein bewaldetes Gebiet nach unten. Ab und an blitzt es türkisfarben durch die Bäume durch und als wir endlich freien Blick haben und anhalten können, sehen wir staunend auf den wunderschönen Piva Stausee herunter.
Der Piva See ist der zweitgrößte See des Landes und gleichzeitig der größte Stausee. Ein Wasserkraftwerk versorgt große Teile Montenegros mit Strom. Für dieses Projekt wurden die Einwohner der Kleinstadt Plužine umgesiedelt zu ihrem heutigen deutlich erhöhten Standort am Ufer des Piva Sees. Ziemlich beeindruckend, wenn man sich vorstellt, dass der See bis zu 200m tief ist. Umgeben von bewaldeten Bergen, die auf Höhen bis zu 2000m ansteigen, ist allein dieser geniale Anblick die Fahrerei wert gewesen.
Immer wieder führt die Straße durch Tunnel hindurch, die aus dem Stein gehauen wurden und komplett unbeleuchtet sind. Für einen kurzen Moment hat man das Gefühl in ein schwarzes Loch zu fahren, bevor sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Endlich auf Höhe des Sees angekommen, fahren wir über eine Brücke bis nach Plužine. Plužine selbst begeistert uns nicht gerade, auch wenn die Anhäufung von sonderbaren Betonbauten sicher seines Gleichen sucht, suchen wir uns lieber einen schönen Rastplatz mit Blick aufs Wasser 😉 Den ganzen See können wir gar nicht einsehen, denn sein Grundriss erinnert eher an einen dicken verzweigten Fluss. Unser Blick fällt auf die vielen Berge und wir stellen uns vor, wie genial der See von ganz oben wirken muss. Ein Blick auf Google Maps und schon schrauben wir uns wieder in die Höhe auf der Suche nach einem Aussichtspunkt. Und wir werden fündig. Was für eine Belohnung:
Nachdem wir diese einzigartigen Eindrücke in uns aufgesaugt haben, machen wir uns auf den Rückweg der 50km langen Strecke, für die man gute anderthalb Stunden Fahrzeit braucht. Plus die vielen Päuschen am Straßenrand um die Aussichten zu genießen und plus die Verzögerungen, die dank straßenaffinen Kühen und Schafen entsteht 😉
Viele Bewohner hat diese Gegend nicht, aber fast überall sehen wir am Straßenrand Schilder mit der Beschriftung „Sir“ oder „Med“. Oder beides zusammen. Zu deutsch: „Käse“ und „Honig“. Überhaupt wird in den Balkanländern viel Straßenhandel betrieben. Gemüse, Obst, Weine und vieles mehr kann man oftmals direkt vom Erzeuger kaufen. Und wirklich günstig so im Direktvertrieb 🙂
Viele viele Kurven später kommen wir wieder in Zabljak bei unserer Unterkunft an. Auch wenn wir heute keinen Wandertag machen konnten, so war das Alternativprogramm unglaublich lohnenswert. Und Fernblicke hatten wir neben dem Sammeln vieler Höhenmeter auch! Also doch fast ein Wandertag 🙂