Weltreise Tagebuch

#83 Auf Winnetous wilden Pfaden

Carsten & Nadine

27. – 29. Juli 2018

Die Paklenica Schlucht an der Kroatischen Adria ist die Hauptattraktion des gleichnamigen Nationalparks für Wanderer, Kletterer und Karl-May-Liebhaber. Die steil aufragenden Kalkwände dieser engen Schlucht haben sowohl für Flip-Flop-Touristen als auch für Kletterfreaks eine magnetische Anziehungskraft. Je nachdem welche Perspektive bevorzugt wird. Wir gehören zu der dritten Gruppe von neugierigen Natursuchenden, den Wanderern. Wir begeben uns auf einen Rundwanderweg mit Panoramablick, steilen seilgesicherten Passagen und endlos viel Sonnenschein. Inmitten der Hitzeschlacht verlieren wir nicht nur den Weg, auch unser Wasservorrat ist früher leer als uns lieb ist.

Wandern wollen wir und weil wir grandioses wolkenloses Wetter erwarten, starten wir schon um sechs Uhr mit unserem Wagen in Richtung Einstiegsparkplatz. Über OutdoorActive haben wir eine gemütliche Route gefunden, die auf einen selten begangenen Gipfel mit toller Aussicht führen soll. Nach dreimal Abbiegen wird die Straße immer schmaler und die Kurven immer enger. Wird schon gehen denken wir, immerhin ist der Parkplatz als Startpunkt markiert und auf unserer Karte eingezeichnet. Eine Kurve später geht es für uns dann auch schon nicht mehr weiter, wir kommen einfach nicht um die Kurve. Selbst mit hin und her rangieren kommen wir nicht zwischen die Steinmauern, die die Staubpiste säumen. Ein Fiat Panda wäre nun cool, aber mit unserem Kombi heisst es erstmal bis zur Hauptstraße rückwärts fahren und Plan B auspacken 😉

Plan B ist dann erstmal am Meer Müsli essen und überlegen was wir machen. Wir entscheiden uns für den für morgen geplanten Ausflug in den Paklenica Nationalpark. Genau genommen wollen wir durch die Paklenica Schlucht hinauf auf irgendeinen netten Berg mit Panoramablick :-). Das Kartenmaterial ist wenig aussagekräftig, aber für eine angeblich gut markierte Rundtour wohl ausreichend. Im Nationalpark soll es zudem noch Braunbären, Luchse, Adler, Geier und Schlangen geben und wir hoffen abseits der Massen auf Blickkontakt. Auch Wasserstellen seien reichlich vorhanden und so machen wir uns mit 2,5l Wasser auf den Weg. Ab zum Haupteingang, Eintritt zahlen und parken. Es sind schon ein paar weitere Besucher – vorwiegend Kletterer – in der Schlucht, aber weit entfernt von dem, was wir befürchtet haben. Die imposanten steilen Wände sind mit der Kamera leider kaum einzufangen und so begnügen wir uns mehr damit die Schlucht zu bestaunen als zu fotografieren.

Die 14km lange Schlucht „Velika Paklenica“

Gemächlicher Anstieg in der Schlucht

Bis zu 700m hoch erheben sich die Felswände – da fühlt man sich ganz winzig daneben 😉

Es geht erst eine Zeitlang in die Schlucht hinein und dann in Richtung „Manita Pec“-Höhle in Serpentinen hinauf. Die Höhle hat noch geschlossen und wir begnügen uns nach den ersten 1,5 Stunden Gehzeit mit einer kleinen Trinkpause im raren Schatten. Hinter uns werden zwei mit Getränken schwer beladene Pferde hinaufgetrieben. Die beiden scheinen wenig Freude an ihrer Aufgabe zu haben, wollen sie doch oftmals stehen bleiben. Die begleitenden Treiber reden dann auf sie ein und ziehen zusätzlich an dem Gurtzeug. Am Höhleneingang treffen wir noch kurz aufeinander und den Pferden wird nach dem Abladen eine Pause gegönnt, – leider ohne Wasser und kurz angebunden.

Bis hierher war der Weg recht entspannt zu gehen auch wenn die Vormittagssonne uns einen Vorgeschmack auf die zu erwartende Hitze gibt. Ein paar Meter weiter geht es dann allerdings schon los mit der Wegfinderei 😉 So richtig gekennzeichnet sind die nächsten Meter nicht und wir kraxeln ein wenig nach links und nach rechts und ein bisschen durchs Dickicht und siehe da, schon gefunden 🙂 Ist doch ganz einfach, irgendwo kommt dann schon wieder eine Markierung, auch wenn ein Teil des Weges verfallen ist. Das Kraxeln macht Spaß und wir sind gespannt wie es weitergeht. Erstmal ein wenig kreuz und quer und kurz vor der Scharte noch ein seilversicherter steiler Abschnitt. Hier kommen uns noch einmal drei Wanderer entgegen und danach begegnen wir keiner Menschenseele mehr. Ohne Bergbahn oder TripAdvisor-Empfehlung wanderst Du allein durch die Berge des Balkans 🙂

Aufstieg

Kleine Aussichtsplattform mit Fernrohr

Armes Lastenpferd

Spaßige Drahtseilpassagen 🙂

Durch diese Scharte geht es weiter

In der Scharte

Die Sonne im Nacken, den Schweiss nicht nur auf der Stirn sind wir froh zügig an Höhe gewonnen zu haben. Die Aussicht ist die Anstrengung alle Mal wert. Doch noch sind wir nicht oben angekommen, also weiter geht es, die Brotzeit auf dem Gipfel ruft. Nach einer weiteren Stunde stehen wir alleine auf einem unbenannten Gipfel, geniessen das Panorama und ein paar Kekse. Carsten wechselt sein schweissgebadetes Shirt und lässt sich Lufttrocknen 😉 Die Sonne knallt immer mehr und da wir noch immer an keiner Quelle vorbei gekommen sind, beschließen wir mit dem Wasser gut zu haushalten, auch wenn es ab jetzt fast nur noch bergab gehen soll. Auch unsere Brotzeit verschieben wir auf den nächsten kleinen schattigen Flecken Erde.

Blick auf die kroatische Adria

Berge und Meer – tolle Kombination

Nationalpark Paklenika – die höchsten Gipfel erreichen eine Höhe von etwas mehr als 1700m. Den Nationalpark gibt es übrigens schon seit 1949.

Steil geht es durch zerklüfteten Kalk bergab und siehe da, ein Quadratmeter Halbschatten, endlich Brotzeit 😉 Die spitzen Steine laden nicht zum langen Sitzenbleiben ein und wirklich kühl ist es im Halbschatten nun auch nicht gerade. Weiter geht es dann erstmal wieder etwas bergauf und dann quer über schroffe Platten bevor es wieder bergab geht. Mal steiler, mal etwas zugewachsen und überhaupt nicht langweilig. Die Erosion hat die bizarrsten Formen aus dem Kalkgestein gewaschen und die raue Oberfläche bietet perfekten, wenn nicht sogar manchmal zu viel Halt. Aufpassen ist angesagt, die Sohlen rutschen nicht einen Millimeter, bleiben eher hängen und stolpern wäre im stufigen Gelände keine gute Idee. Noch einen kleinen Gipfel müssen wir umrunden bevor zurück es in Richtung Ausgangspunkt geht. Der Weg wird nach ein wenig Kraxeln wieder ein einfacher Wanderweg und abgesehen von ein paar über den Weg gespannten bewohnten Spinnennetzen steht unserem Abstieg nichts weiter im Weg. Unser Wasservorrat leert sich zunehmend und die Sonne steht über uns. Kein Schatten, nur Hitze und ein nicht enden wollender Weg. Präriefeeling macht sich breit. Es geht irgendwie nicht wirklich runter, obwohl der Weg direkt am Parkplatz enden soll. Laut unserer Karte kommen wir noch an einem verlassenen Weiler vorbei, dann soll es nicht mehr weit sein und vielleicht gibt es ja dort noch eine Quelle.

Da gehts runter

Langer heißer Abstieg

Karstformation

Verwitterte Kalkfelsen

Immer wieder tolle Blicke aufs Meer

Über zwei Stunden Gehzeit brauchen wir bis zu den verlassenen Häusern und vielleicht war ja der Wassermangel der Grund fürs Wegziehen. Hier gibt es auf jeden Fall kein Wasser, es ist alles einfach nur trocken und heiss. Auch wenn es schwer fällt, sparen wir uns noch ein paar Schlucke auf und gehen zielstrebig weiter. Der Weg ist weiterhin recht gut markiert, leider sind nur die dornigen Sträucher länger nicht mehr zurückgeschnitten worden und so häufen sich unsere Kratzer an Beinen und Armen. Auch die Shirts freuen sich über ein paar neue Fäden :-/

Plötzlich stehen wir verschwitzt und durstig auf einer von Bäumen und Sträuchern umgebenen Wiese. Wo ist die nächste Markierung? Auf Anhieb (Fehler!) finden wir keine, also schauen wir nach Wegspuren. Einzelne Bäume versperren den ein oder anderen Pfad und wir versuchen nach unserem GPS Richtungspfeil die richtige Richtung einzuschlagen. Nach zehn Minuten geht es vor lauter stacheligem Gestrüpp nicht weiter. Wir müssen zurück, aber da ging es ja auch nicht weiter. Wir zoomen in die Karte und wenn die stimmt müssten wir ca. 20 Meter weiter links wieder auf den Weg treffen. Das ist zwar seltsam, weil das Gelände dort ansteigt und auf der Karte absteigend ist, aber egal, wir brauchen den richtigen Weg, sonst kommen wir hier nicht wieder weg, nicht mit den restlichen paar Schlückchen Wasser bei der Hitze.

„Howgh – Ich habe gesprochen“ (Winnetou lässt grüßen 😉 )

Kleine Kraxelstelle beim Abstieg

Vom Weg abgekommen – nun gehts über scharfkantige Felsbrocken

Brrr – Ausversehen in das Netz dieses Exemplars gelaufen (was spannt die das auch quer über den Wanderweg…!)

Umdrehen ist ohne ausreichend Wasser auch keine Alternative. Wie nehmen die direkte Linie über messerscharfe Kalkfelsen. Das Kraxeln würde mehr Spaß machen, wenn wir nicht schon halb gar gekocht wären. Nadine flucht schon seit einiger Zeit über die Hitze und hat überhaupt kein Verlangen nach einem Abenteuer a la Weglos ans Ziel kommen 😉 Fünf Minuten später sind wir wieder auf dem richtigen Weg, natürlich weiter bergauf. Vermutlich wäre es einfacher gewesen bis zur letzten Markierung zurück zu gehen und dann besonders aufmerksam (Lösung des Fehlers!) den Weiterweg zu suchen, aber dass ist ja viel zu einfach und langweilig 😉 außerdem wäre es trotzdem bergauf gegangen und hätte an Nadines Fluchen nix geändert.

Links und rechts von uns tönen Zikaden um die Wette. Diese Lautstärke kennen wir nur aus Asien und wir sind bei der Hitze mehr genervt als überrascht. Unsere Köpfe leiden unter der Hitze und nun zusätzlich unter dem gefühlten „Lärm“ der Zikaden. Wir bekommen Kopfschmerzen.

Kein Lärm gemacht und trotzdem entdeckt – Zikade

Wirklich hübsches Blümchen

Noch eine Zikade – ein laut lärmendes Exemplar

Ab hier machen wir keine Fotos mehr. Das Gelände ist nun zum Schluss auf den letzten 300 Höhenmetern nochmals richtig anspruchsvoll steil und wir brauchen unsere volle Konzentration um im Absturzgelände keine Fehler zu machen. Unser Wasser ist alle und wir drohen in der Nachmittagshitze zu überhitzen und deshalb versuchen wir so zügig es geht und ohne unnötig Zeit zu verlieren ins Tal zu kommen. Am Ende dieses Wanderabenteuers stehen wir auf dem Parkplatz im Schatten und trinken was unsere Getränkekiste im Auto hergibt. Uns läuft der Schweiss und unsere Köpfen dröhnen vor lauter Hitze. Nach über sechs Stunden reine Gehzeit sind wir wieder im Tal. Angeblich gibt es reichlich Wasserquellen und es sei alles gut markiert. Na ja, kommt ja fast hin 😉 Schön waren sie trotzdem, die 1059hm im Auf- und Abstieg und „Paklenica“ bedeutet übrigens „kleine Hölle“ und was die Hitze im Sommer angeht stimmen wir da gerne zu 😉

Sonnenuntergang in Starigrad Paklenica

Endlich angenehme Temperaturen 😉

PS: Den zweiten Tag verbringen wir gemütlich auf dem Campingplatz mit Wunden lecken 😉 Die kroatischen Temperaturen erreichen aktuell Werte, die deutlich über 30 Grad und somit über unserer Komfortzone liegen und so tut ein Pausentag auch mal gut. Obwohl wir auch beim Nichtstun schwitzen. Und nachts im Auto auch. Eigentlich immer. 😛 Bis auf die hohe Luftfeuchtigkeit und die fehlenden Kokosnüsse fühlen wir uns sehr an Asien erinnert 😉

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