#177 Der Bilbao Effekt
Carsten
14. Mai 2019
Von der größten Stadt des Baskenlandes hat vermutlich schon jeder gehört und die meisten verbinden mit ihr das spektakuläre Guggenheim-Museum. In unserem Fall ist es die Nähe zu unserer Reiseroute und wir sind neugierig, was Bilbao außer dem schon von außen beeindruckenden Museum zu bieten hat.
Auf dem Weg zu den nordspanischen Drehorten von „Game of Thrones“ liegt Bilbao mit rund 350.000 Einwohnern und reichlich interessanter Architektur und Kunst. Obwohl sich Bilbao zwar seit dem Bau des Guggenheim-Museums 1997 touristisch stark weiterentwickelt hat, ist doch ein großer Teil der Stadt ursprünglich geblieben. Die Entwicklung prägte den Begriff „Bilbao-Effekt“. Die Aufwertung eines Ortes durch spektakuläre Bauten, die durch ihre besondere Architektur auffallen. Dazu kommt noch die Nähe zur Küste und der Fluss „Nervión“, der sich ab der Altstadt Bilbaos mit dem Meerwasser vermischt und „Ría de Bilbao“ heisst. Historisch bedingt befinden sich links des Ufers die Industrie und die Arbeitergegenden und rechts vom Ufer die wohlhabenderen Ortsteile.
Wir verbringen nach unserer Ankunft in der Stadt eine Nacht auf dem Wohnmobilparkplatz des teuren Bilbao-Hostels mit schlechten Bewertungen. Toiletten & Duschen sowie Wlan sind bei einem Stadtaufenthalt nicht zu unterschätzende Einrichtungen, auch wenn wir dafür jedesmal fünf Minuten gehen müssen, da sich der Parkplatz nicht unmittelbar beim Gebäude befindet. Aber dafür können wir im eigenen Bett schlafen, haben nicht die Probleme der Hausgäste und zahlen „nur“ 20 Euro 😉
Am nächsten Morgen fahren mit dem Linienbus ins Zentrum und unsere „geplante“ Tour durch Bilbao führt uns als erstes zum Guggenheim-Museum. Auch wenn wir, wie auch in alle anderen Museen, nicht hinein wollen, so ist das Gebäude schon von außen ein absoluter Hingucker. Leider wartet dort unsere erste (glücklicherweise die einzige in Bilbao) Enttäuschung auf uns. Die Jeff Koons Skulptur „Puppy“ wird zur Zeit neu bepflanzt. Puppy ist die meiste Zeit eine riesige blühende Hundestatue und wird dazu zweimal jährlich neu bepflanzt. Leider eben auch aktuell und so sehen wir nur ein Baugerüst. Schade, aber nutzt nix. Weiter geht’s für uns ums Eck und dort erscheint dann auch das Guggenheim-Museum in seiner vollen Pracht. Die Titanverschalung, spiegelnde Kugeln, ein Teich der weitere Kunst beherbergt und dann wieder kunstvoll in Nebel gehüllt wird, bieten allerlei Kunst – teilweise sogar zum Anfassen. Nicht zuletzt die riesige 9m hohe Spinne „Maman“ (frz. für Mama) von Louise Joséphine Bourgeois beeindruckt uns und ruft unterschiedlichste Gefühle hervor. Louise kreierte diese Skulptur als Hommage an ihre Mutter, die sehr fürsorglich und zu dem Restauratorin von Tapisserien war, wo sie Gewebe immer wieder erneuerte. Spinnen sind übrigens absolut faszinierende Lebewesen, die uns behilflich sind ein natürliches Gleichgewicht zu erhalten und nebenbei wollen sie auch nur in Frieden leben 😉
Direkt nebenan dem Guggenheim-Museum befindet sich die „Puente La Salve“ (übersetzt: Brücke „Gegrüßt seist Du“). Die Brücke hieß bis 2016 „Brücke der spanischen Fürsten“, was in dem autonomen Baskenland wohl nicht so gut ankam. Die große Autobrücke bietet auch Fussgängern eine Flussüberquerung an und so kommen wir nach einigen Treppen oben an und haben schöne Ausblicke über Fluss und Altstadt samt Museum. Netterweise sind in den Brückenpfeilern auch Fahrstühle eingebaut und die nutzen wir bei unserem ganzen Hin und Her sowie den noch folgenden zu gehenden Kilometern sehr gerne. Die Brückenkonstruktion und umliegende Street-Art sind auf jeden Fall auch bemerkenswert.
Während wir versuchen die optimale Perspektive fürs Museum zu finden, wird der Ría de Bilbao vom oberflächlichen Plastikmüll gereinigt. Ein kleines Reinigungsschiff mit engagierten Mitarbeitern versuchen den Müll herauszufischen bevor er später ins Meer gelangt. Wir finden es super, auch wenn die dadurch entstehenden Wellen die schöne Spiegelung des Hintergrundes vereitelt. Luxusprobleme 😛 Kaum ist das Boot vorbeigezogen, kommen die ersten Ausflugsboote. Wir sind spät dran und beschliessen wieder auf die andere Seite zu gehen und weiter in Richtung Altstadt zu bummeln. Die Häuser und ihre Fassaden ändern sich und wir können den alten Wohlstand der Stadt erahnen. Das gemischte Stadtbild bietet wirklich eine schöne Kulisse und so lassen wir uns am Flussufer treiben. Wir biegen wir mal links, mal rechts ab und sind offen für jegliche Überraschungen und dürfen immer wieder staunen über die bunten Häuserfassaden und die hier typischen Balkone.
So ein Stadtbummel macht schnell hungrig und so landen wir in einem gemütlichen Cafe, wo wir einen Kuchen, einen Muffin, Kaffee und Kakao bestellen. Zu Nadines Überraschung ist der Kakao mehr wie ein Dessert. Von flüssig kann man schon nicht mehr sprechen und statt ihn zu trinken, löffelt man ihn eher wie einen Pudding. Diese Spezialität, die auch in Italien bekannt und beliebt ist, begeistert sie noch mehr als die ebenfalls sehr leckeren Kuchenstücke. Sie scheint ein neues Lieblingsgetränk gefunden zu haben 😉
Als von unseren Kuchen auch nichts mehr übrig ist, gehen wir lieber weiter bevor wir noch einmal von vorne bestellen. Ein kleiner Verdauungsspaziergang führt uns durch die Markthalle „Mercado de la Ribeira“, die übrigens die größte überdachte Markthalle von Europa ist, und dann wieder weiter durch die bunte Altstadt.
Zurück zum Fluss, über die nächste Brücke hinweg und schon wird es ruhiger und die Touristen weniger. Es wird Zeit wieder etwas zu essen, der Kuchen ist ja schon 120 Minuten her 😉 Hinein in die nächste gute vegane Stube. Schon die Kleinigkeiten, also die Tapas auf dem Tresen sehen super lecker aus. Wir bestellen quer durch die kleine Karte Burger und Tapas und teilen wie immer alles friedlich bis zum letzten Krümel. Mega lecker und so geht bei mir noch eine finale Tapa hinterher, quasi als deftiges Dessert 😉
So, genug gegessen und fast schon genug gesehen. Wir machen uns so langsam auf den Rückweg in Richtung Bushaltestelle und machen noch einen kleinen Stopp am Plaza Moyúa.
Dieser große begrünte Platz inmitten eines Kreisverkehrs bietet Abzweigungen in alle Himmelsrichtungen und ist dementsprechend verkehrsreich. Zu Fuss, als auch motorisiert ist hier jede Menge los. Für uns ist es der ideale Zeitpunkt der großen Stadt auf Wiedersehen zu sagen und mit einem der wirklich vielen Stadtbusse zurück zu unserem Wagen zu fahren. Für uns geht es nun mit zwei Drehorten von „Game of Thrones“ an der Küste weiter. Diesmal wirklich 😉