Weltreise Tagebuch

#81 Der Hype um die Plitwitzer Seen

Carsten

24. Juli 2018

Die Plitwitzer Seen in Kroatien sind schon lange eine Berühmtheit. Sie sind eines der ersten Naturdenkmäler weltweit das als UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommen wurde. Gleich einer Perlenkette reiht sich ein türkisfarbener See an den anderen. Unzählige Wasserfälle und sprudelnde Kaskaden bilden eine beeindruckende Kulisse. Ein Kroatienurlaub ohne dieses Highlight ist fast undenkbar. Und so strömen im Sommer oft täglich über 10.000 Gäste in den Nationalpark. Wir werden zwei von ihnen sein.

„Machen wir es?“ „Oder machen wir es nicht?“ „Ist ja echt teuer.“ „Sprengt unser Budget.“ „Und dann die vielen Menschen. „Aber die Bilder im Internet sehen schon cool aus.“ „Na, und wenn wir einfach gleich zur Parköffnung da sind und dann wenigstens ein bisschen allein sind bevor die Touristenbusse kommen?“ – So oder so ähnlich grübelten wir Tage davor und entschieden uns dann doch für den Besuch. Wir machen uns also auf den Weg!

Pünktlich um viertel vor sieben stehen wir an der Kasse, die um 7 Uhr geöffnet wird. Vor uns schon ein gutes Dutzend Leute, die ebenfalls ungeduldig darauf warten den Eintritt von 33,25 Euro pro Person zahlen zu dürfen. Um Punkt sieben beginnt die Show, die ersten laufen zügig in Richtung Großer Wasserfall. Mit 78m Höhe ist der Veliki Slap der höchste Kroatiens und bildet das Highlight des Parks. Dementsprechend voll wird es hier recht bald sein. Wir hoffen noch halbwegs schöne Fotos ohne Menschenmassen machen zu können und laufen mit. Die Morgensonne steht schon zu hoch und ein Sonne-Schatten-Gemisch erschwert die Fotografiererei. Trotzdem beeilen wir uns und geben die Hoffnung nicht auf, das ein oder andere schöne Motiv mit nur wenigen Gleichgesinnten teilen zu müssen. Ausserdem wartet schließlich der Drehort aus „Der Schatz im Silbersee“ auf uns. Diese legendäre Karl May Verfilmung mit ihren schönen Außenaufnahmen hat unsere Vorfreude mit geprägt.

Die ersten Frühaufsteher – im Hintergrund der Große Wasserfall

Veliki Slap = der Große Wasserfall (mit kleinem Regenbogen)

Der Große Wasserfall selbst ist ein bisschen ernüchternd. Auf den Bildern sah er gewaltiger aus. Vermutlich waren es Bilder aus dem Frühjahr, wenn die Flüsse nach dem Winter besonders viel Wasser führen. Typisch Marketing eben 😉 Wir verlassen den in einer Sackgasse befindlichen Großen Wasserfall und drehen um. Schon jetzt wird es merklich voller hier. Wahnsinn, wie schnell es geht. Wir hatten wirklich gehofft, dass es weniger Frühaufsteher gibt. Pustekuchen! Also zügiges Weitergehen über den schönen Stegen, die direkt über oder an dem Wasser verlaufen. Ein paar Stufen weiter oben und wir stehen direkt vor dem legendären See aus dem Winnetou Film. Zugegeben, erkannt hatten wir ihn in dem Moment nicht 😉

Noch gibt es auf den Holzstegen freie Momente 😉
Kaluderovac See – hier wurde der „Schatz am Silbersee“ gedreht

Es gibt in dem Nationalpark verschiedene mit Buchstaben ausgeschilderte Routen, die zu Fuß erkundet und zusätzlich durch kleine Elektrobootsfahrten und Bustransfers verkürzt werden können. Wir wollen möglichst viel sehen und auch viel wandern und deshalb entscheiden wir uns für den Weg K, der längsten Route. Es geht über schön angelegte Holzstege, Wanderwege und teilweise Asphaltstraßen um die Seen herum. Zwischen den in unterschiedlichen Höhen befindlichen Seen läuft das Wasser durch natürliche bewachsene Kalkbegrenzungen und stürzt mehr oder weniger gewaltig in die Tiefe.

Es ist wirklich schön – wenn sich nicht wieder irgendwer vor einen stellt oder seinen Arm samt Handy vor unsere Gesichter hält. Die Gier nach einem Foto lässt keine Rücksichtnahme zu. Nach einigen schönen Aussichtspunkten und immer mehr werdenden Touristen gelangen wir zu einer von drei Anlegestellen auf dem großen Unteren See. Dort gibt es laut Reviews auf TripAdvisor schlechtes teures Fastfood, Souvenirs und Toiletten. Und es gibt unseren Weg K, der sich als schmaler weniger begangener Pfad erst am Flussufer des Kozjak Sees entlang schlängelt und dann weiter nach oben in den Wald zieht 😉 Wir sind froh über die Reduzierung der Menschenmassen und erfreuen uns an den tollen Ausblicken, auch wenn der Weg hier an einigen Stellen schadhaft ist (wofür zahlen wir eigentlich so viel Eintritt??).

Das kristallklare Wasser mit seinen Bewohnern und die Spiegelungen sind toll anzusehen. Das Wasser leuchtet manches mal so schön türkis, dass wir Lust hätten hinein zu springen. Das ist aber zum Schutz des empfindlichen Ökosystems schon seit einigen Jahren verboten. Gut so!

Die Farben der Seen sind wirklich schön
Glitzer – Libelle 😉
Könnte auch im Schwarzwald sein 😉

Das Bild ist nicht Unterwasser entstanden – es IST einfach so unglaublich klar!

Unser Weg geht immer weiter in Richtung des nächsthöheren Sees und kaum führen diverse Wege wieder zusammen wird es wieder voll. Leider nun richtig voll, kommen jetzt noch die Bustouristen der Oberen Seen hinzu (der Park hat leider nicht nur einen Eingang). Nur werden die Wege leider nicht breiter und so entstehen die ersten Staus. Gerne würden wir langsam Brotzeit machen, aber es gibt kaum Sitzgelegenheiten und der schmale Weg ist über und über voll mit Menschen. Okay, kleine Planänderung, wir gehen nicht zum nächsten Wasserfall, denn dort stehen schon ca. 300 Menschen auf einem 120cm „breitem“ Weg an, um irgendwann mal an den Point of View zu gelangen und ein Foto zu machen. Stattdessen quetschen wir uns an den Massen vorbei und biegen gleich in die entgegengesetzte Richtung ab. Wir gehen einen im Vergleich „fast leeren“ Weg und gelangen nach einer weiteren halben Stunde an einen halbwegs ruhigen Platz mit Blick auf einen kleinen Seitenarm des Sees. Punkt 12 Uhr können wir uns endlich mal setzen und picknicken. Immerhin sind wir schon seit fünf Stunden im Park. Der Magen knurrt geräuschvoll 😉

Bootstransfer

Tolle Spiegelung dank glasklarem Wasser

Gut gestärkt versuchen wir von der anderen Seite des Sees zum eben ausgelassenen Wasserfall zu gelangen. Auch wenn uns viele Menschen entgegen kommen, kommen wir auf den schmalen Stegen recht gut voran. Nach zwanzig Minuten wird es dann doch wieder voller und Nadine hockt sich genervt hin und wartet auf meine Rückkehr. Ich mache mich hochmotiviert auf den Weg mich bis an den Point of View durchzukämpfen. Ist ja nicht mehr weit, denke ich – haha. Nach ein paar netten überfüllten Fotostopps habe ich auch keine Lust mehr und kehre um. Es ist einfach viel zu voll hier und wirklich keine Freude!

Gemeinsam gehen wir ein paar Minuten und stehen schon wieder im Stau. Zum Haare raufen! Nicht schon wieder so ein Aufstand für ein paar Fotos. Wir versuchen uns mit den Worten „Können wir mal bitte vorbei, wir wollen nicht fotografieren, wir wollen nur links abbiegen.“ vorbei zuschieben. Es läuft mehr schlecht als recht, aber wir kommen langsam vorbei. Blöderweise wollten die alle gar nicht fotografieren. Sie stehen nur alle am Bootsanleger an. Und zwar an dem, zu dem wir auch hin wollten. Aber das konnte man vom Ende der Schlange wirklich nicht erkennen. Das ist mir nun etwas peinlich und so biegen wir gaaanz kurz links ab und stellen uns an das kürzere Ende der zweiten Schlange an.

Unfassbar, was hier los ist und und zu unserem Glück halten hier zwei verschiedene Bootslinien. Eine längere, die uns Richtung Ausgang bringt und die kurze, die wir nehmen wollten um nur ans andere Ufer zu gelangen und von dort aus den langen Weg weiter zu wandern. Bei dem Anblick der Menschenmassen auf der anderen Seite und der Aussicht auf überfüllte Wanderwege überlegen wir es uns schnell anders. Wir nehmen kurzerhand das Boot zum Ausgang. Naja, zum Ausgang ist gut, nach der halben Stunde Bootsfahrt laufen wir noch eine gute Stunde und geniessen die Aussicht auf das baldige Ende des Ausflugs. Zwei schöne Ausblicke und einen Anschiss einer Wärterin, weil ich mich unerlaubt auf einen Felsvorsprung gestellt habe, nehmen wir auch noch mit und dann heisst es ab zum Parkschein bezahlen. Nochmals acht Euro und somit haben wir zu zweit 74,50 Euro für die Besichtigung der Plitwitzer Seen bezahlt. Wahnsinn…

Alle warten auf die Fähre

Auf der anderen Seite auch…

Fazit: Keine Frage – die Plitwitzer Seen und ihre Wasserfälle sind schön. An einem Schönwettertag im Frühling mit reichlich Wasser, deutlich weniger Menschen und dem Wintereintrittspreis von 7,50 Euro sicher eher einen Ausflug wert. Das Sommer-Paket mit unfassbaren Menschenmassen, einem vollkommen überteuertem Eintritt zzgl. Parkgebühren erinnert eher an einen Vergnügungspark, nur eben ohne Vergnügen. Der Hype um diesen Nationalpark und die nicht enden wollenden Touristenströme im Sommer machen es möglich die Preise immer höher zu schrauben ohne den Einlass zu begrenzen. So laufen jährlich über eine Million Besucher über die Stege. Täglich werden Strandurlauber mit Bussen von der Küste angekarrt, die zusätzliche Stoßzeiten verursachen und ein Weitergehen auf den kleinen Stegen unmöglich machen. Selbst die kleine Übersichtskarte ohne wirklichen Nutzen läßt sich die Parkverwaltung mit drei Euro extra bezahlen. Das Abfotografieren ist natürlich unerwünscht und Informationstafeln sind im gesamten Gebiet sehr rar und äußerst mangelhaft. Für uns definitiv kein Highlight!

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