#175 Die Gletscherseen von Covadonga
Nadine
12. Mai 2019
Geformt von einem ehemaligen Gletscher liegen die zwei Seen von Covadonga malerisch inmitten der beeindruckenden Bergkulisse der Picos de Europa. 2000m hohe Gipfel umrahmen den Lago de Ercina und den Lago Enol, die sich besonders im Sommer zum wahren Besuchermagneten verwandeln. Hier oben auf über 1100m Höhe kann man nicht nur wunderbar auf den grünen Wiesen picknicken, sondern auch auf vielen Wanderwegen die Bergwelt erkunden.
Gestern Abend sind wir, wie schon im letzten Beitrag erwähnt, zu den Seen von Covadonga angereist. Sie liegen mitten im Nationalpark Picos de Europa und können von dem 55 Einwohner kleinen Ort Covadonga aus erreicht werden. Es führt eine schmale Bergstraße rund 800 Höhenmeter immer schön bergauf (bis zu 13% Steigung) und endet nach 12 Kilometern auf 1000m Höhe an einem großen Parkplatz mit überschaubarer Infrastruktur. Hier oben gibt es Toiletten, zwei Restaurants und eine Möglichkeit zum Übernachten. Viel mehr aber auch nicht. Und trotzdem gehören die Seen zu einem sehr beliebten Ausflugsziel. So beliebt, dass man nur in der Nebensaison mit dem eigenen PKW nach oben fahren darf. In der Hauptsaison ist das Verkehrsaufkommen so stark geworden, dass man dem vor einigen Jahren einen Riegel vorschieben musste. Die Lösung lautet dann: Auto in Covadonga auf den extra dafür angelegten zahlreichen Parkplätzen abstellen und einen der vielen Busse nehmen, die regelmäßig und oft die Bergstraße nach oben fahren. Zum Glück war bei uns noch Nebensaison und so durften wir uns die Straße nach oben schlängeln, wollten wir doch oben in unserem Wagen übernachten. Während gestern Abend die Berge zum Teil von Wolken eingehüllt waren, können wir heute morgen erst so richtig feststellen in welcher schönen Ecke wir gelandet sind.
Auf dem Parkplatz, auf dem wir übernachtet haben sind wir die einzigen und bis die ersten Ausflügler kommen, haben wir noch reichlich Zeit. Es ist Sonntag und die Spanier schlafen sicher gerne aus 😉 Wir wechseln zum Parkplatz, der direkt am Lago de la Ercina liegt und von wo aus wir eine kleine Seenwanderung geplant haben. Wir stellen fest, dass auf diesem Platz die von uns vermissten Wohnmobile und Vans stehen, die auf unserem Übernachtungsplatz nicht erlaubt sind, aber hier scheinbar schon. Die ersten hocken mit ihren Kaffeetassen neben ihrem rollenden Zuhause und lassen sich von den Sonnenstrahlen aufwärmen – die Nacht war durchaus frisch 😉
Wir frühstücken unser tägliches Müsli, schnüren die Wanderschuhe und laufen zum See, der ein tolles Farbenspiel bereit hält: Durch die Vegetation im Wasser und die wechselnde Beleuchtung ändert sich die Farbe des Wassers und schwankt von Hell- bis Dunkelgrün, manchmal sogar mit gelblichen oder rötlichen Farbtönen. Wir beobachten die jungen Kühe beim Grasen und Kräftemessen. Schön, dass diese hier keine Glocken ertragen müssen und sogar Hörner tragen dürfen!
Wir laufen einmal halb um den See herum, bis uns der Weg nach rechts um einen Berg herum führt. Wir sind gefühlt die einzigen Wanderer und genießen die grüne Natur, bewundern die zahlreichen Enziane und lauschen den schönen Klängen eines Singvogels. Einfach herrlich! Bei dieser alpinen Welt, ist es für uns kaum vorstellbar, dass die Küste und das Meer nur ungefähr 25 Kilometer Luftlinie entfernt sind. Gefühlt könnten wir auch mitten in den Alpen stehen 😉
Wir haben wirklich Glück mit dem Wetter. Im Sommer kann hier wohl durchaus sehr wechselhaftes Wetter vorherrschen. Dann sind die Gipfel oft in Wolken gehüllt, aus denen tagelang ein feiner Regen fällt, der hier „orvallo“ genannt wird. So können wir die tolle Landschaft mit ihren grünen Almen, den weißen Kalksteinfelsen, den blauen Seen und ihrem Dach aus hohen Gipfeln voll und ganz bewundern. Besonders hübsch sind die vielen grünen Wiesenteppiche. Eine echte Bilderbuchgegend!
Nach einer guten Stunde erreichen wir den zweiten See, genannt Lago de Enol. Er liegt etwas tiefer auf 1070m und ist etwas größer als der erste See. Auch diesen See umrunden wir zur Hälfte. Wir verstehen gut, warum die Seen so beliebt sind unter den Spaniern. Aber neben der wunderschönen Umgebung ist wohl der zweite Grund für seine Beliebtheit, dass er in der Nähe von Covadonga liegt. Neben der Kathedrale von Santiago de Compostela ist die Höhle von Covadonga der bedeutendste Wallfahrtsort in Spanien. Denn hier befindet sich schon seit dem 8. Jahrhundert ein Marienheiligtum. Auch fand im Tal von Covadonga eine berühmte Schlacht statt, die den Anfang der Reconquista, sprich der Rückeroberung der Iberischen Halbinsel von den Mauren markierte und die natürlich jeder Spanier kennt. Zugegeben wir sind wirklich nur für die Seen nach Covadonga gekommen 😉 Aber die historische Bedeutung ist durchaus spannend.
Unsere kleine Rundwanderung endet nach knapp 3 Stunden. Wir nähern uns dem Parkplatz, der inzwischen ziemlich voll geworden ist und sehen überraschend viele Besucher am See Ercina entlang spazieren und picknicken. Viele Radfahrer quälen sich die Bergstraße rauf und kommen verschwitzt aber glücklich oben an. Die Etappe hier rauf war einige Male Teil der „Vuelta a España“ – das „Tour de France“-Pendant Spaniens. Wir verabschieden uns von diesem schönen Platz und fahren die lange Bergstraße ins Tal hinab. Zur Krönung des Tages verbringen wir die Nacht auf einem netten familiären Campingplatz. Morgen ist unser letzter Tag in den Picos de Europa und wir wollen zum Abschluss einen mittelschweren Klettersteig im Westen des Gebirgszuges machen. Wir freuen uns schon!