Weltreise Tagebuch

#28 Ein spektakulärer Wasserfall und ein Geburtstag

Nadine

30. – 31. Januar 2018

Wir besichtigen den imposanten Pongour Wasserfall, der über eine lange Rollerfahrt von Dalat aus zu erreichen ist, landen auf dem Rückweg auf einem mautpflichtigen Highway und fahren auf Reserve. Dürfen wir schieben und Strafe zahlen oder kommen wir heil raus? Einen Tag zuvor hatte Carsten Geburtstag und sich etwas überraschend Unspektakuläres gewünscht.

In der Umgebung von Dalat bietet sich Freunden der Natur eine große Auswahl an Wasserfällen an. Wollten wir noch zu Beginn am liebsten alle anschauen, hat sich nach einiger Recherche herausgestellt, dass viele dieser Wasserfälle sehr kommerzialisiert worden sind. So steht nicht mehr die Natur und der Wasserfall im Mittelpunkt, sondern mehr das Ganze Drumherum. Man findet Sommerrodelbahnen, Ziplines, aneinandergereihte Verkaufsstände mit immer dem gleichen Ramsch, Gereite auf Elefanten, Straußen oder sonstigen armen geplagten Tieren und vieles mehr. Es erinnert mehr an Touristenmelkstationen. Ganze Busladungen karren Vietnamesen, Chinesen und andere Touristen aus aller Welt an diese Rummelplätze. Auch die Müllproblematik soll die „Idylle“ stark trüben.

Wir entscheiden uns deshalb für den 50km weit entfernten Pongour Wasserfall, von dem wir uns aufgrund der Entfernung zur Stadt wenig Touristen verprechen. Laut Reiseführer 40m hoch und zum Ende der Regenzeit (im Dezember) am beeindruckensten. Wir wollen früh starten, die Strecke ist lang und wir wollen möglichst allein sein am Wasserfall. Zuvor kommen wir noch am Tuyen Lam See vorbei, den wir uns im romantisch-schönen Morgenlicht mit Picknick am Ufer anschauen wollen. Pünktlich um 6 Uhr stehen wir am Sandwich Stand und lassen uns einige mit Gemüse, Kräutern und Meatmock (falsches Fleisch) gefüllte Baguettes zubereiten. Ich navigiere Carsten mit Google Maps Unterstützung den Weg aus der Stadt in Richtung See. Es ist lausig kalt und der Fahrtwind lässt die Finger weiß werden. Wir haben zwar Jacken an, aber sie reichen nicht aus und ich bin froh, dass ich hinter Carstens Rücken nicht viel Fahrtwind abbekomme 😉 Handschuhe hätten ihn in dem Moment sehr glücklich gemacht!

Die ersten Sonnenstrahlen tauchen hinter den Bergen auf und wir halten an um uns in der Sonne etwas aufzuwärmen. Wir umrunden fast den halben See auf der Suche nach einer schönen Stelle für ein Fotomotiv, aber leider ist der Blick meist verbaut. So drehen wir nach einer Weile wieder um und fahren direkt ans Ufer neben einen Bootsanleger, von dem schon bald die ersten Gruppen über den See gondeln werden. Denn auch der Tuyen Lam See wird von Touristengruppen geflutet. Nur in den Morgenstunden findet man hier noch Ruhe. Wir packen unser Frühstück aus und beobachten die Schäfchenwolken am Himmel ziehen.

Tuyen Lam See, Dalat

Langzeitbelichtung der ziehenden Wolken

So richtig warm ist es immer noch nicht und auch der See hält uns nicht länger auf, so dass wir wieder auf den Roller steigen. Eine Stunde Fahrt liegt vor uns und das auf einer Strecke, die sehr stark befahren ist. Der Verkehr in Vietnam ist der Wahnsinn (Carsten hat darüber berichtet) und ich vertraue auf die Erfahrungen von ihm. Spannend sind die kreativen Ideen wie man hier sein Moped so richtig vollpackt und auch wirklich jeden Winkel und Zentimeter ausnutzt um seine Ware zu transportieren. Als wir endlich vom Highway abbiegen und auf eine Landstraße kommen, können wir – oder besser ich, denn Carsten fährt konzentriert um Löcher und Bodenwellen herum – die wunderschöne Landschaft genießen. Bewaldete Hügel, grüne Felder und ein klarer Fluss in Kombination mit Palmen und blauem Himmel versprühen echtes Bilderbuchfeeling.

Mitten im Feld ein echter Riese

So stelle ich mir die Nil Region vor 🙂

Kurz bevor Carstens Nerven den Löffel abgeben, erreichen wir den Eingang zum Pongour Wasserfall und stellen fest, dass auf dem Motorradparkplatz noch keiner steht. Obwohl es nun schon kurz nach 9 Uhr ist, scheinen wir Glück zu haben und die einzigen zu sein. Na, dann hat sich doch das frühe Aufstehen wieder mal gelohnt 😛 Wir zahlen den Eintritt von zusammen nur 85 Cent (inklusive Parkgebühr) und laufen den ausgeschilderten Weg zu steil abfallenden Treppen, die uns in rund 5 Minuten zum rauschenden Wasserfall bringen. Wir sind begeistert, denn es ist nicht nur keiner außer uns da, sondern auch der Wasserfall selbst überzeugt uns. Kaskadenartig fällt das Wasser in die Tiefe und schlängelt sich an großen Felsen vorbei. Wie so oft verlassen wir den vorgebenen Pfad und suchen uns einen Weg auf einen der größeren Felsen, von wo aus wir uns einen guten Fotospot versprechen. Ich packe Stativ und Kamera aus und lege los. Die Langzeitbelichtung offenbart dann auch das laue Lüftchen, dass durch die Gebüsche fächelt:
Die ersten Fotos sind im Kasten und nun kommen auch weitere Touristen, die mit Selfiestick bewaffnet den Wasserfall erobern. Manche sogar wortwörtlich, nämlich die, die die Verbotsschilder ignorieren und auf die superglitschigen Felsen direkt in den Kaskaden herumturnen:

Suchbild: wo sind die vier Touristen?

Was man nicht alles für ein Selfie tut

Carsten nimmt sich wieder das einzige Model, das er finden kann – also mich 😉 und dirigiert mich auf einen Felsen auf den ich vorsichtig hochkraxel. Wieder mal hab ich weder Kleidchen, noch wehende lange Haare dabei, aber Carsten beharrt darauf, dass er all das nicht braucht hihi 🙂 und so darf ich mich mit meinem Edelweiß T-Shirt in die Baumposition werfen, oder wahlweise entspannt sitzen:

Yoga am Wasserfall

Carstens Rücken lässt zuviel Kletterei noch nicht zu und so erspare ich ihm, sich auch für meine Kamera in wilde Yoga Positionen zu werfen 😉
Neben dieser Wasserfallstufe, kann man noch eine zweite besichtigen. Dafür müssen wir nur wieder die steile Treppe nach oben und einem anderen Weg folgen, der uns direkt an eine 20m tiefe Abbruchkante bringt, wo aktuell noch gebaut wird und demnächst vermutlich auch ein Geländer stehen wird. Auch dieser Blick ist beeindruckend und wir stellen uns vor wieviel Wasser hier wohl zur Regenzeit durchrauschen muss. Immerhin ist der Fluss dann an die 100m breit.

Pongour Wasserfall

Eine von mehreren Stufen

Wir sind froh, dass wir den langen Anfahrtsweg nicht gescheut haben, denn die Touristenmengen sind hier noch überschaubar. Gebaut wird aber auch hier kräftig und wir glauben, dass sich das bald ändern wird mit der Ruhe und der Beschaulichkeit. Zurück zum Roller, graut uns nun schon vor der Rückfahrt. Leider vertrauen wir uns diesmal nicht mehr Google Maps an sondern folgen den Schildern nach Dalat. Als unsere Fahrbahn wahlweise in einem Kiesweg oder auf einen Highway führt, folgen wir den einheimischen Rollerfahrern und ihren Handzeichen. Wir sollen ihnen auf den Highway folgen. Der Highway ist riesig, ziemlich leer (was ja eigentlich schön ist) und vorallem sind bald keine weiteren Roller unterwegs, die biegen über die Gegenfahrbahn ins Nirgendwo ab. Wir fahren mit einem mulmigen Gefühl weiter und ahnen, dass wir einen Abweig verpasst haben und schliesslich auf einer mautpflichtigen Straße unterwegs sind. Im besten Falle auch noch verboten für Roller 🙁 Leider kommt einfach keine Kreuzung mehr und zudem fahren wir schon länger auf Reserve und der Zeiger steht zitternd kurz vor der 0. Das wärs ja noch. Umdrehen geht auch nicht; das verhindet die mitlererweile durchgängige Leitplanke. Nach einer gefühlten Ewigkeit sehen wir die Mautkontrollstation in der Ferne und wir kommen endlich an einer unauffälligen ziemlich wahrscheinlich illegalen Abzweigung vorbei. Wir nutzen diese Möglichkeit um wieder auf den richtigen parallel verlaufenden Weg zu kommen, wo wir direkt eine Tankmöglichkeit am Straßenrand finden. Puuh, das war wirklich eng! Erleichtert geht es weiter und irgendwie verpassen wir noch einen Abzweig und landen auf einer Passstraße, die es in sich hat. Steil, kurvig und vorallem: eeecht kaputt.

Kurze Streck- und Dehnpause während der Passfahrerei

Im Hintergrund sieht man das kontrollierte Abbrennen des Unterholzes

Nicht toll für Carstens Rücken, aber auch ich als Beifahrerin stelle die Anstrengung fest durch Schlaglöcher gespickte Straßen zu fahren und nicht nach hinten abzurutschen oder nach vorne geschnellt zu werden. Man mag es kaum glauben, aber das in Kombination mit dem Verkehr kann einen ganz schön fertig machen! Und das nach einem Erholungstag, den sich Carsten ganz unspektakulär gestern zu seinem Geburtstag gewünscht hat! Ja, wir haben nichts „Besonderes“ gemacht an seinem Geburtstag, außer am Stadtsee Baguette mit Erdnussbutter und Banane zu frühstücken und abends lecker Essen zu gehen. Einfach mal nichts planen und organisieren müssen tut gut. Okay, nicht ganz. Da war dann „nur“ noch das Kaufen der Bustickets für einen Nachtbus nach Da Nang. Da wollen wir zwar nicht hin, ist aber die einzige Lösung um von da aus nach Hoi An zu kommen, wohin wir eigentlich reisen wollen. Reisen kann anstrengend sein. Das können alle bestätigen, die länger unterwegs sind und keine Pauschalreise gebucht haben 😉

In diesem Sinne:

„Happy Birthday, Liebster!“

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