Weltreise Tagebuch

#27 In Vietnam auf einen 2000er wandern

Carsten

29. Januar 2018

Vietnam hat nicht nur den Mekong und das Meer. Es gibt auch wundervolle bergige Landschaften und heute wollen wir endlich mal die Wanderschuhe auspacken und auf den 2167m hohen Lang Biang. Für mich ist es der erste Berg seit meiner OP. Ob das gut geht?

Seit meinem Bandscheibenvorfall im September letzten Jahres bin ich keinen Berg mehr hinaufgestiegen, geschweige denn auf die Idee gekommen. Mein Ischias zickt immer noch herum, die tauben Stellen am Fuß werden auch nicht besser, dafür kommt die Kraft im rechten Bein langsam zurück. Mit der zunehmenden Kraft geht es auch mit meiner Trittsicherheit wieder vorwärts. Heute wollen wir auf dem 2167 Meter hohen Lang Biang steigen. Eine leichte Wanderung mit 750 Höhenmeter und steilem Gipfelanstieg soll mich zurück in die Berge bringen.
Zuerst kaufen wir uns drei Ban Mi (kleine Baguettes mit allem möglichen gefüllt) zum Frühstück und fahren dann eine halbe Stunde mit dem Moped in die Natur hinaus. Wir nehmen den kleinen Landwirtschaftsweg neben der mautpflichtigen asphaltierten Straße und stellen fest, hier geht es mit dem Moped nicht wirklich weiter. Während wir uns nach einer Abstellmöglichkeit für unser Moped umschauen, werden wir von einer jungen Frau angesprochen. Wohin wir möchten, fragt sie und bietet uns gleich darauf einen Stellplatz bei ihrem eingezäunten Haus an. Cool, sicher geparkt und das, ohne die sonst übliche Parkgebühr.

Luxuriöses Parkhaus am Wegesrand

Moped abgestellt und mit Ban Mi’s (Sandwiches) bewaffnet

Im Hintergrund ist mittig unser Ziel

Die Sonne blitzt durch die Wolken durch und es wird wärmer. Während wir noch in der Ebene einigen großen Pfützen ausweichen, verputzen wir schon mal zwei Ban Mi und gehen schnurstracks am eigentlichen Abzweig vorbei 🙂 Wir sind abgelenkt von den Bauern, die Pestizide ohne Atemschutz versprühen und irritiert von den vielen Gewächshäusern. Als der Weg auf einem Feld endet und wir dann doch das GPS anmachen, haben wir den Salat. Wir müssen wieder zurückgehen, aber bestimmt nicht ganz zurück, hier kann man doch sicher abkürzen. Also los, nix wie rauf den steilen Hang. Weglos geht es an Pferden vorbei hinauf zum eigentlichen Pfad. Netterweise trägt Nadine unseren Tagesrucksack und so komme auch ich gut vorwärts. Der Weg bietet uns eine schöne Aussicht auf die umliegenden Hügel und führt uns geradewegs in den Wald. Prima, denn wenn es schon steiler wird, ist Schatten eine angenehme Geschichte. Wir schwitzen und folgen den vereinzelten Schildern „Come in – Go out“ und dem GPS Signal.

Obwohl es immer steiler wird geht es mir gut und so nehme ich auch mal unseren Rucksack. Nach ein paar Minuten nimmt ihn Nadine wieder zurück, mein Rücken samt Ischias meldet sich. Bergauf mit Rucksack geht definitiv noch nicht! 🙁 Mal schauen wie es weitergeht und ob ich auf den Gipfel raufkomme bzw. auch wieder herunter. Aber erst einmal geht es weiter durch den Mischwald bis zu einer Asphaltstraße, dann nach 200 Metern wieder in den Wald hinein.
An dem Abzweig gibt es die Möglichkeit auf der Straße weiter zum Nebengipfel mit Einkehr und Sendemast zu fahren oder wie wir, den untouristischen Hauptgipfel zu Fuß zu erwandern. Ab hier sind es noch 350 Höhenmeter, der Weg wird enger, das Gelände steiler und die Flora dichter.
Die letzten zweihundert Höhenmeter sind so steil, das Stufen angelegt wurden, die teilweise mit Regenwasser gefüllt sind. Wir versuchen trockenen Fußes hinauf zu steigen, ziehen uns an Wurzeln hoch um die Beine zu entlasten und freuen uns über das kleine Abenteuer. Unbekannte und „unsichtbare“ Vögel pfeifen und zwitschern, es ist eine tolle Kulisse zwischen den großen Bäumen und dem dichten Bewuchs.

Die tollsten Grüntöne und schönsten Vogelstimmen begleiten uns

„Die Stufen“, eher Absätze werden immer höher, für Nadine eine Herausforderung und für mich eine starke Belastung. 60 Meter unterhalb des Gipfel überlege ich umzudrehen. Wir sind total verschwitzt, meine Kräfte lassen nach und runter müssen wir ja auch noch. Während Nadine über die hohen Stufen flucht, motiviert sie die Nähe zum Gipfel. Endlich mal wieder auf einem Berg stehen, vom Gipfel ins Tal schauen! Ich entscheide weiter zu steigen und auf dem Gipfel eine längere Pause zu machen, dann wird es schon gehen. Auf gehts, die letzten Meter und dann ist es geschafft. Ein grasiger gemütlicher Gipfel mit schönem Ausblick auf Dalat und Umgebung. Mein erster Gipfel seit meiner OP. Es fühlt sich gut an, auch wenn mein Körper eindeutig eine liegende Pause einfordert. Wir machen ein paar Fotos, essen unser drittes Ban Mi und ich esse die noch folgenden Kekse schon im Liegen. Puh, Liegen tut gut.

Außer vier anderen deutschen Travellern ist hier niemand, welch ein Luxus. Wir geniessen die Ruhe und den Ausblick. Im Gegensatz zu Nadine nutze ich keine Sonnencreme, lohnt sich ja für die kurze Zeit nicht. (Um es vorweg zu nehmen, es hätte sich doch gelohnt!)
Nach einer Stunde machen wir uns auf den Rückweg. Der steile Abstieg geht besser als erwartet und so kommen wir zügig voran. Am Abzweig entscheiden wir uns wieder für den Waldweg, Asphalt ist einfach nicht unsers. Im Wald ist es dann noch einmal etwas rutschig und ich muß vorsichtig sein, mein Rücken ist eh schon durch. Zum Ende finden wir auch den eigentlichen Einstieg und stellen fest, der ist auch nicht angenehmer zu gehen, als unsere Alternativroute von heute morgen 😉

Wir sind wieder im Tal, unser Trinkwasser ist restlos leer und ich bin froh wieder unten zu sein. Auf dem Weg zurück nach Dalat merke ich jede kleinste Unebenheit, will nur noch liegen und dem Rücken Ruhe geben. Im Hotel merke ich meinen kräftigen Sonnenbrand an den Beinen und ärgere mich über mich selbst. Wie alt muß ich eigentlich noch werden, das mir das nicht mehr passiert? 😛 Eincremen und ausruhen ist angesagt, abends geht es wieder ins Loving Hut zum Schlemmen.

Die nächste Bergbesteigung wird leider etwas warten müssen, für eine baldige Wiederholung reicht meine Genesung leider doch noch nicht. Trotzdem ist es ein schönes Gefühl wieder einen Gipfel erwandert zu haben 🙂

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