Weltreise Tagebuch

#125 Ein Zwischenbericht aus Lucca

Carsten

8. – 25. November 2018

Die Weiterreise planen, Ordnung schaffen, Ausrüstung reinigen und überprüfen, Reiseblog ausbauen, die letzten Monate Revue passieren lassen und Lucca, Pisa und Florenz anschauen – es gibt viel zu tun in Italien. Mal schauen wie weit wir kommen.

Unser Domizil für die nächsten 28 Tage liegt abgelegen in dem kleinen Dorf Torre nördlich von Lucca in der Toskana. Der Herbst zeigt sich von seiner sonnigen und milden Seite. Die ersten Tage gehen wir etwas spazieren, arbeiten am Blog und geniessen die Ruhe. Doch es warten auch ein paar Aufgaben auf uns und die Zeit drängt etwas. Wie sehr, das stellt sich schnell heraus als wir unser nächstes Reiseland recherchieren. Namibia! 🙂 Wir wollen als Selbstfahrer einen Monat durch Namibia und dafür brauchen wir nicht nur einen Flug, das ist einfach, sondern auch ein geeignetes geländegängiges Fahrzeug mit Dachzelt vor Ort. Wie sich herausstellt sind diese weitestgehend ausgebucht, denn die südafrikanischen Nachbarn haben im Dezember und Januar Schulferien und im Anschluss beginnen die starken Regenfälle – also auch nicht unsere erste Wahl noch später zu fahren. Wir überlegen hin und her und stellen trotz Absage und drohender Starkregenfälle erneut eine Anfragen bei unserem „Lieblingsvermieter“ für einen späteren Zeitraum. Antwort: „Alles vergeben! Aber es gibt noch ein einziges Fahrzeug in der nächst teureren Kategorie für Dezember/Januar – ein Expeditionsfahrzeug, das gleiche Modell nur Offroad tauglicher.“ Glücklicherweise liegt das Angebot immer noch im halbwegs bezahlbaren Rahmen und da wir alleine unterwegs sind, ist eine bessere Geländegängigkeit nur von Vorteil. Yeah! Den nehmen wir! Jetzt noch den passenden Flug buchen, beide Termine anpassen und freuen. 🙂 Puh, das ging nochmal gut.

Wir gönnen uns bei schönstem Wetter eine Onlinepause und fahren mit dem Auto nach Lucca. Noch einmal das herrliche Herbstwetter geniessen bevor die nächste Kaltfront Regen bringt. Der Verkehr rund um und in Lucca ist recht sportlich und bedarf der vollen Aufmerksamkeit. Da die Straßen und Gassen ziemlich eng sind und teilweise etwas unkonventionelle Streckenführungen haben, bin ich sehr froh, dass mir Nadine die Ansagen von Google-Maps richtig interpretiert und wir ohne Umwege ans Ziel kommen. Der Altstadtkern innerhalb des Stadtwalls ist nicht für jeden befahrbar und die Parkplätze in direkter Nähe sind laut Erfahrungsberichten der Park4Night-App nicht wirklich empfehlenswert, es liegt zu viel Scheibenglas von aufgebrochenen Autos am Boden…wir parken dann lieber etwas außerhalb und machen einen kleinen Spaziergang durch die „Neustadt“ in Richtung Altstadt. Als wir den Stadtwall durchqueren, fällt uns eine überlebensgroße Figur aus Zeitungspapier auf. Sie gehört zu einer Kunstausstellung, die quer durch Lucca verteilt stattfindet.

Wirklich beeindruckende Skulptur aus Zeitungspapier 🙂

Street-Art mal anders 😉

Anfänglich gehen wir noch ziellos durch die Gassen und versuchen uns nicht vom Verkehr der Anwohner und Lieferanten ablenken zu lassen. Also möglichst immer der Nase nach in weniger frequentierte Gassen abbiegen und den Blick über die Fassaden wandern lassen. Unvorstellbar was hier in der Hauptsaison los sein muß. Wir haben Glück, die Sehenswürdigkeiten und Gassen sind nicht überlaufen und abgesehen von ein paar Kleingruppen ist nicht wirklich viel los. Für die Bewohner Luccas muß es eine Wohltat sein, wenn der Winter einkehrt und es auf dem Kopfsteinpflaster wieder richtig ruhig wird. Ein schönes Stadtbild hat seinen Preis – in jeder Hinsicht.

Unser Ausflug führt uns an diversen Kirchen, Türmen und Plätzen vorbei. Die Souvenirläden wechseln sich mit Eisdielen und Bekleidungsgeschäften ab. Die Stadt, die schon im 13. Jahrhundert für ihre hochwertigen Textilindustrie über die Grenzen hinaus bekannt war, bietet heute vor allem Lederwaren an. Beliebt beim Gast, günstig im Einkauf (gut um die Miete bezahlen zu können) und ein Alptraum im Herstellungsprozess. Übrigens kommt das verarbeitete Leder nicht als „Abfallprodukt“ aus der Lebensmittelindustrie. Dieses „Massenverarbeitungsleder“ kommt aus der Lederproduktion in Indien/Pakistan, wo die Tiere aufs übelste leiden und Arbeiter sowie Umwelt durch die chromhaltigen Gerb- und Färbeprozesse erkranken. Zum Glück gibt tierleidfreie Alternativen auf Pflanzenbasis, wie z.B. aus Ananasfasern, die wirklich als Abfallprodukt zur Verfügung stehen. 🙂 Nun geht es weiter zu den faszinierenden Fassaden zweier Kirchen von Lucca.

Kirche San Fernando mit großem Mosaik (12. Jahrhundert)

Kirche San Michele mit beeindruckender Säulenfassade (11. Jahrhundert)

Nebenbei sehen wir noch zwei Katzen, die es sich auf einem Auto und einem Motorrad bequem machen. Vor allem die Motorradsitzbank dient nicht nur als Sofa sondern auch als „Kratzbaum“ und ist ziemlich aufgeschlitzt. Leider sind die Fotos der Katzen nicht scharf geworden, unser frisch „repariertes“ und geprüftes Tamron funktioniert wieder nicht mehr – grrrrrrr! Deshalb gibt’s nur zwei Fotos und für uns ein weiteres Problem: Wie kommen wir von Italien aus an ein funktionsfähiges Tele-Zoom bevor wir nach Afrika fliegen?

Von den Kirchen zu den Türmen 🙂 Die Gassen sind schmal und hohe Gebäude vom Boden aus zu fotografieren ist kaum möglich. Unser Plan den mit Steineichen bewachsenen Torre Guinigi vom Torre delle Ore mit seinen großen Uhren zu bestaunen ist zwar gut, geht aber leider nicht auf – er ist aktuell geschlossen. Stattdessen gehen wir nun doch auf den Torre Guinigi und geniessen nach 230 Stufen einen tollen, wenn auch leicht dunstigen Blick über die Stadt bis in die Ausläufer der Südalpen. 🙂 Nachdem ich mir drei Mal meinen Kopf an einem tief hängenden Ast gestoßen habe, beneide ich Nadine um ihre Länge und gehe noch gebückter als vorher. 😉

Torre Guinigi

Torre delle Ore

Blick vom Torre Guinigi

Etwas Grün oberhalb der Dächer von Lucca

Auf dem Turm und trotzdem unter Eichen 🙂

Enge Gassen und große Häuser

Vor unserem Mittagessen gehen wir noch über den schönen Platz „Piazza dell’anfiteatro“. Diese Piazza ist der Innenraum eines ehemaligen römischen Amphitheaters und seit vielen Jahren ein Ort der Begegnung, denn die Mauern werden nun für Geschäfte, Restaurants und Cafés genutzt und bilden einen schönen – ovalen – Rahmen. Interessant zu sehen, dass sich Touristen auf den Terrassen der Cafés mit der tief stehenden Herbstsonne setzen und die Wärme geniessen, während Einheimische mit Winterjacken im kalten Schatten hocken und ein Schwätzchen mit dem Patron halten.

Piazza dell’anfiteatro bei tief stehender Herbstsonne zur Mittagszeit

In der Mitte ist das Oval der Piazza dell’anfiteatro von oben zu erkennen.

Ein Spiegelbild 😉

Mit knurrendem Magen verlassen wir den immer voller werdenden römischen Altstadtkern und machen uns auf die Suche nach dem einzigen und jüngst eröffneten veganen Bistro in Lucca. Eine halbe Stunde später bekommen wir dort sehr leckeres regionales Essen und können anschließend gestärkt noch ausgiebig Lebensmittel einkaufen gehen, bevor es zurück ins Dorf Torre geht. Es gibt noch einiges zu tun 😉

Update: nach einigen Telefongesprächen mit Tamron und Amazon können wir das Objektiv endgültig zurück geben und wir kaufen uns ein neues Telezoom von Sigma samt Kalibrierungsdock. Das sollte uns für Tieraufnahmen in Namibia gute Dienste leisten 😉 Wir sind gespannt.

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