Weltreise Tagebuch

#76 Im größten unterirdischen Canyon Europas

Nadine

16. Juli 2018

Auf dem Weg zur slowenischen Küste wollen wir noch einen Abstecher in die Höhlen von Škocjan machen. Die Google Bilder versprechen viel: eine Höhle mit einem bis zu 146m tief eingeschnittenen Canyon, schön beleucheteten schmalen Wegen und einem türkisfarbenem Fluss, der sich durch das Karstgestein schlängelt. Höhlen haben wir in Asien ja schon einige gesehen und sind schon fast ein alter Hut 😉 Aber eine mit Canyon ist auch für uns Neuland.

Vorab haben wir schon gelesen, dass es nicht erlaubt ist Fotos vom Höhleninneren zu machen und auch vor Ort werden wir nochmals eindrücklich belehrt. Unser Fotoherz weint ganz bitterlich 🙁 Auch darf man die Höhle nicht auf eigene Faust erkunden, sondern nur in geführten Gruppen. Ein Punkt, den wir beide nicht mögen, denn wir gehen gerne unser eigenes Tempo um die Dinge auf uns wirken zu lassen. Trotzdem beschließen wir dem UNESCO Erbe eine Chance zu geben. Uns locken die Bilder aus dem Internet und auch die Möglichkeit nach der Höhle auf eigene Faust durch Dolinen und Schluchten weiterlaufen zu können. Wo man dann auch wieder Fotos schießen darf 😉

Gesagt, getan. Wir kaufen also ein Kombiticket für Höhle und Wanderung und schließen uns der erstmöglichen Tour um 10 Uhr an. Gemeinsam mit gefühlt 150 Leuten geht es mit vier Guides in einem 15 Minuten Marsch zu den Höhlen, wo anschließend die Gruppen aufgeteilt werden. Wir schließen uns der englischsprachigen an und warten bis es endlich los geht. Ein ziemliches Chaos und auch die anschließende Führung ist enttäuschend. Wir zweifeln schon ob wir unser Geld nicht lieber für etwas anderes hätten ausgeben sollen. Die 40-köpfige Gruppe folgt der Leiterin, die in flottem Tempo an schönen Stalagmit- und Stalagtitformen vorbeigeht und erst an den „langweiligen“ Stellen der Höhle stehenbleibt um der Gruppe die Schönheit des vorherigen Höhlenabschnitts erläutert und Wissenswertes über die Karsthöhle erzählt. Schön, dass wir nun erfahren, dass wir an den schönsten Stellen schon vorbei sind und sie auch nicht nochmal zu sehen bekommen. Dieser Ablauf wiederholt sich mehrfach. Vermutlich bleiben wir immer an den Stellen stehen, wo man sie am besten sehen und manchmal auch hören kann. Immerhin passen auf dem schmalen Weg max. 2 Personen nebeneinander. Wer also ganz hinten steht, darf die Ohren spitzen und trotzdem nichts hören 😛 Statt die spannenden Karstformationen genießen zu können, müssen wir der Leiterin folgen, denn stehen bleiben ist nur an bestimmten Stellen vorgesehen und erlaubt 🙁

Schließlich erreichen wir das Ende der „Stillen Höhle“ und hören das Rauschen des unterirdischen Flusses, genannt Reka (kroatisch für Fluss, sehr einfallsreich 😉 ). Die Höhle öffnet sich nach unten und zur Seite und vor uns liegt eine riesige Halle. Wir können den weiteren ziemlich spektakulären und -für den ein oder anderen- schwindelerregenden Wegverlauf sehen. Überall wurden Lampen installiert, die sich durch den Dunst des Flusswassers fräsen und eine tolle Kulisse schaffen. Endlich klappt uns der Mund auf und wir staunen wie verrückt. Kein Gedanke mehr an verloren geglaubtes Geld! Der Canyon macht definitiv Eindruck und die Tiefblicke entzücken uns 😀 Ach wie schön wäre es Fotos machen zu dürfen oder wenigstens ein wenig länger staunen zu dürfen.

Wir queren Brücken, steigen treppauf und treppab und sind schließlich nach etwas weniger als einer Stunde schon am Ende der Höhle angekommen, wo wir nun endlich ganz hochoffiziell das einzige Bild der Höhle machen dürfen. Nämlich den Blick nach draußen. Irre.

Schmidl Halle – hier darf das einzige Foto der Höhle gemacht werden

Kleiner Gang im zweiten Teil der Tour

Nachbarhöhle „Tominc“

Schmidl Halle – Blick nach draußen zur Einsturzdoline

Dafür beginnt nun der zweite Teil – sprich wir dürfen ganz allein und mit Kamera in der Hand ;-P den weiteren Weg bestreiten. Und wie als ob sie nur auf uns gewartet hätte, taucht eine Echse auf, die sich quasi vor unsere Kameralinse drängelt um uns ihre Schönheit zu präsentieren. So eine Gelegenheit lassen wir natürlich nicht ungenutzt verstreichen! Und hier ist das hübsche Kerlchen:

Männliche Pracht-Kieleidechse

Von oben grau-schwarz unscheinbar, aber von unten so bunt wie ein Pfau 😉

Unser Weg verläuft direkt in einer Einsturz Doline – also vereinfacht gesagt einer Art Höhle, nur ohne Decke. Die Wegebauer haben geradwegs in den senkrechten Felsen hinein einen Gehsteig gehauen, der viele Tiefblicke ermöglicht. Unter uns verläuft die Reka, die wir eben noch unterirdisch im Canyon bewundern durften. Wir kommen an einer weiteren Höhle vorbei, sehen Wasserfälle, wilde Orchideen und laufen durch eine natürliche Felsbrücke hindurch. Man sieht sie ganz oben als Titelbild des Beitrages 🙂

Große Einsturzdoline (Valika Dolina) – bis zu 165m tief. Wer genau hinsieht, kann Wanderer am Fels entdecken

Wilde Orchidee

Wir treffen auf eine Parkmitarbeiterin mit der wir ins Gespräch kommen und die uns noch ein paar spannende Dinge über die Region erzählt. Karst bezeichnet nämlich nicht nur das geologische Phänomen, sondern ist auch Namensgeber dieser Landschaft Sloweniens. Hier wurde erstmals Karst erforscht – damals von den Habsburgern. Und da diese in deutscher Sprache publizierten, hat sich der deutsche Name „Karst“ auch international durchgesetzt. Und hier in Slowenien liegt quasi das Mekka aller Karstforscher 😉

Fluss Reka zum Ersten

Und zum Dritten 😉

Fluss Reka zum Zweiten

Welcher Fluss speist wohl diesen See und wo ist Carsten?

Nachdem wir eine schlangenförmige Metallbrücke passiert haben, gelangen wir wieder in eine Art Höhle, in der sich der Fluss Reka gemächlich seinen Weg bahnt und einen kleinen See bildet, in dem sich Sonnen- und Kunstlicht spiegeln. Und da nicht besonders viele Leute diesen zweiten Teil besuchen, sind wir hier fast alleine unterwegs und genießen die Zeit 🙂

So endet die anfänglich enttäuschende Tour dann doch sehr versöhnlich mit der anschließenden Wanderung durch die Dolinen und entlang der Wasserfälle und Schluchten. Auch der Canyon in der Höhle ist wirklich beeindruckend. Insgesamt also ein lohnender Abstecher 🙂

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