#148 Kapstadt – die Stadt mit den zwei Gesichtern
Carsten & Nadine
12. – 26. Januar 2019
Südafrikas Metropole am Kap der guten Hoffnung hat landschaftlich und geschichtlich einiges zu bieten. Wir wollen die Stadt und die Umgebung erkunden. Vorab fallen uns allerdings nicht nur Sehenswürdigkeiten wie der Tafelberg ein, sondern auch Nelson Mandela und die Apartheid. Schon im Vorfeld treffen wir im Internet auf Berichte über Gewaltverbrechen und Verhaltensempfehlungen für Touristen. Wir sind gespannt wie es vor Ort wirklich ist.
Was wir Online noch herausfinden, bereitet uns doch einige Sorgenfalten. Reiseblogger, die üblicherweise individuell unterwegs sind, buchen hier plötzlich Gruppenausflüge. Auch von offizieller Seite wird gewarnt. Einige Artikel, die versuchen Kapstadt als total sicher zu verkaufen, weisen trotzdem auf die für Kapstadt üblichen Verhaltensregeln hin. Und die sind: gehe abends nicht alleine oder zu zweit aus. Ab Samstagnachmittag bis Montag Morgen, sowie immer wenn es dunkel wird, fahre nur mit Uber (Privattaxi) direkt zum Zielort und von dort auch direkt zurück. Gehe nicht zu Fuß und nutze nicht die öffentlichen Verkehrsmittel. Nimm keine Kamera, Kreditkarte, Handy (toll, wie soll man dann Uber nutzen?), Schmuck oder Uhr mit und wenn überhaupt, dann gehe in einer geführten Gruppe oder mit mehreren Einheimischen zusammen durch die Straßen. Meide unsichere Stadtteile und Seitenstraßen. Bist du mit einem Mietwagen unterwegs, fahre nur am Tag und auch möglichst nicht am Sonntag. Verschließe die Türen sofort nach dem Einsteigen und habe nichts auf der Rücksitzbank liegen. Und wenn du überfallen wirst, gib alles „freiwillig“ heraus, denn die Täter sind üblicherweise bewaffnet und scheuen auch vor Mord nicht zurück.
Na das klingt ja toll, genau unsere Vorstellung von Freiheit. Wir googeln weiter und finden natürlich ein paar Hotspots die wir auf jeden Fall sehen wollen und auch Möglichkeiten diese zu besuchen. „Hop-on Hop-off“ – Busfahrten und Stadtführungen sollen uns Sicherheit geben und mit gesundem Menschenverstand werden wir es schon hinbekommen.
Nach der langen Busanreise aus Namibia kommen wir pünktlich(!), neugierig und auch etwas verunsichert mit dem Bus an einem Samstagmittag in Kapstadt an. Wie seit Beginn unserer langen Reise gewohnt, warten einige Schlepper am Busterminal auf uns und die anderen Fahrgäste. Im Angebot stehen Unterkünfte, Taxis, Gepäckträger und Drogen. Bis auf die Drogen ist meist alles aus einer Hand zu bekommen. Wir benötigen nichts davon, denn unsere Unterkunft liegt nur 200m entfernt und Drogen brauchen wir sowieso nicht 😛 Unser Gepäck fest im Griff weisen wir nachdrücklich jegliches Angebot ab und nach nur 30m sind wir wieder alleine. Übung macht die Meister 🙂
In unserem kleinen sauberen Apartment angekommen, räumen wir kurz aus und machen uns auf den Weg zum nächsten Spar, um uns übers Wochenende einzudecken. Uns begegnen nur wenige Touristen und das geschäftige Treiben auf den Straßen ebbt auch schon ab. Dafür werden die Obdachlosen mehr und wir bekommen einen Vorgeschmack von Kapstadts Armut inmitten des Bankenviertels, wo unser Apartment liegt. Wir werden von einem ziemlich fertigen Obdachlosen angesprochen. Der Standardfrage nach etwas Geld folgt die Frage nach einem gemeinsamen Einkauf von Lebensmitteln mit dem Hinweis er möchte nicht gewalttätig werden und uns eigentlich auch nichts antun. Doch welche Wahl hätte er denn, wenn wir ihm freiwillig kein Geld geben würden. Das geht so 300m lang mit permanentem Anfassen. Dann biegt er plötzlich ab und lässt uns glücklicherweise in Ruhe.
Wow, diese Art des Bettelns ist neu für uns. Wir sind zwar vorbereitet gewesen, aber so live ist das eine ganz andere Erfahrung. Also gut, wir kaufen ein und gehen schnell wieder zurück in unser Apartment. Auf diesem Weg gewöhnen wir uns gleich ein neues Verhalten an. Ampeln werden grundsätzlich ignoriert und wenn es der Verkehr möglich macht, wird einfach immer weiter gegangen. Wer wegen einer roten Ampel oder um nach dem Weg zu googlen anhält, ist sofort als Tourist zu erkennen und damit ein willkommenes Opfer. Das heisst im Vorfeld den Weg googlen, einprägen und zügig ohne unnötig zu stoppen das Ziel erreichen. Das geht meistens, macht aber wenig Freude, weil wir ja auch etwas von der Stadt sehen möchten.
Wir wollen nochmals überlegen welches Risiko wir breit sind zu tragen. Normalerweise haben wir jede Stadt mit unseren Kameras erkundet und uns dabei durch die Straßen treiben lassen. Hier in Kapstadt werden wir das bleiben lassen müssen, denn auch ein Fotohändler vor Ort antwortet mir auf die Frage „ob die Wahl unserer Kameras klein oder groß, einen Unterschied machen würde“ mit „Nein, geraubt würden beide, es sei denn wir gingen in einer Gruppe oder mit Einheimischen“. Na toll, dann arbeiten wir eben erstmal an unseren Namibia Beiträgen für den Blog und planen unseren weiteren Südafrikaaufenthalt. Unser Sightseeingprogramm wird deutlich reduziert, doch dank „Hop on Hop off“ – Bussen und „Uber“ kommen wir sicher zu ein paar unserer Wunschorte dieser Stadt und versuchen dort entspannt die Zeit zu geniessen. Doch auch das ist leichter gesagt als getan.
Da wäre zum Beispiel das Wahrzeichen Kapstadts, der Tafelberg. Es gibt unzählige Zustiegsrouten um auf das 1000m hohe Plateau zu kommen, doch leider wird aufgrund von vermehrt durchgeführten bewaffneten Überfällen vor dem alleinigen Besteigen abgeraten. Eine weitere Besonderheit an diesem Berg ist das Wetter. Innerhalb von Minuten hüllt oftmals eine dichte Wolkenschicht den Gipfelbereich ein und starke Winde treten auf. Das bedeutet erstens einen Temperatursturz von teilweise 30 Grad gepaart mit null Sicht und zweitens, das die Gipfelbahn nicht mehr fahren kann und zu Fuß abgestiegen werden muss. Also selbst wenn wir bereit wären die sehr teure Bergbahn zu nutzen, so könnten wir nicht einfach die Gipfelbergwelt geniessen. Wir entscheiden uns gegen den Tafelberg von oben und schauen ihn uns lieber vom gegenüberliegenden Signal Hill an.
Signal Hill
Um auf den Gipfel des Signal Hills zu kommen, fahren wir erstmal mit Uber zum Einstieg am Fuße des Berges. Nicht weil es besonders weit ist, sondern weil die Straßen dorthin nicht als sicher gelten. Bei der Anfahrt durch verschiedene Wohngebiete wird uns schnell klar, dass Uber genau die richtige Entscheidung war, zumindest mit unseren Fotoapparaten im Gepäck.
Auf MapsMe haben wir uns einen kurzen, steilen Anstieg herausgesucht und wollen versuchen auch noch weiter auf den Lions Head zu steigen. Der ist zwar laut Internet aktuell wegen Wegsanierung gesperrt, aber vielleicht geht ja trotzdem etwas 😉
Über einen kleinen Pfad geht es nach oben zum Rücken des Signal Hills, wo auch schon die ersten Busse mit ihren Ausflugsgästen warten. Dank des wirklich starken Windes sind wir bald schon wieder allein und geniessen die Aussicht auf den Tafelberg, den Devils Peak, den Lions Head, Kapstadt mit seinen vielen Stadtteilen und dem Hafen und natürlich dem Atlantik 🙂
Wirklich schön von hier oben 😉 Wir gehen weiter in Richtung Lions Head und kommen an einem kleinen Parklplatz mit Kiosk und einem Startplatz dvon Gleitschirmfliegern vorbei. An Fliegen ist bei dem Wind nicht zu denken, aber dafür steht dort noch eine sehr schöne mosaikverzierte Bank, die zum Verweilen einlädt.
Unser Weg führt uns über den Rücken des Signal Hill, bis wir an der Weggabelung zum Lions Head kommen. Und dort wird unserem Plan auf den Gipfel zu steigen, gleich mehrfach ein Strich durch die Rechnung gemacht. Das Verbotsschild könnten wir ja noch „übersehen“, die Umzäunung vielleicht auch, aber der Wachmann ist einfach nicht wegzudiskutieren. Voll schade! Na gut, dann steigen wir doch wieder ab und rufen uns ein Uber für die Fahrt ins Zentrum.
Company’s Garden
Dort gibt es den Companyˋs Garden, der im Jahr 1652 von der Niederländischen Ostindien-Kompanie (VOC) angelegt wurde. Er gilt heute als einer der Ruhepole dieser pulsierenden Stadt. In der Tat ist er recht sicher und viele ruhige schattige Plätze laden zum Verweilen ein. Da ist es nicht verwunderlich, das gerade zur Mittagszeit besonders viel los ist. Neben den vielen Ruhesuchenden, gibt es auch noch jede Menge wenig scheue Eichhörnchen. Kaum sitzen wir auf einer Parkbank und essen unsere Erdnüsse, sind sie auch schon da und möchten auch ihren Teil 🙂 Nach kurzer Anfangsscheu klettern sie über uns herüber, fressen aus unseren Händen und beissen nebenbei auch mal in den Finger oder pinkeln auf die Hose 😉 Kein Quatsch und bis auf die Pinkelnummer auch total süss 🙂
Wir fühlen uns eigentlich wohl in diesem ehemaligen Gemüsegarten, auch wenn wir auch hier angebettelt werden und sicher gut auf unseren Rucksack aufpassen sollten, denn Taschendiebe lauern halt überall. Es scheint hier eine friedliche Stimmung in der Luft zu liegen. Doch dieser Frieden steht auf sehr wackeligen Beinen. Machen wir einen kleinen Ausflug in die Geschichte Südafrikas um die Gegenwart etwas besser zu verstehen.
Geschichte Südafrika
1652 begannen die Niederländer hier am Kap Südafrika zu kolonialisieren und legten für den Nachschub genau hier im Company’s Garden einen großen Gemüsegarten an, von dem nun nur noch der kleine Park übrig ist. Zu diesem Zweck wurden die Urvölker vertrieben bzw. getötet und als Arbeitskräfte holten die Kapholländer zahlreiche Menschen aus Indonesien, Madagaskar und Indien und versklavten sie. Anfang des Jahres 1743 war die Zahl der Sklaven in der Provinz deutlich höher als die der europäischen Siedler. Als die Blütezeit der Niederländer zu Ende ging, wurde die Region 1797 von den Briten übernommen, diese gaben sie aber schon 1802 nach Verhandlungen an die Niederländer zurück, um dann 1806 im Krieg die Kapregion doch wieder zu erobern. Es folgten diverse Kriege zwischen den Europäern, die man gerne bei Wikipedia nachlesen kann. Wir kürzen hier ab und gehen gleich zu der weiteren Unterdrückung Nicht-Weisser in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg über.
Die weiße Bevölkerungsminderheit aus Europa baute die Apartheidsstrukturen autoritär massiv aus, indem sie eine zunehmende Zahl von Gesetzen durch das Parlament verabschieden ließ, die das Land und das alltägliche Leben konsequent und systematisch in ein Zweiklassenrecht zergliederte und viele Bürgerrechte umfassend einschränkten. Die räumliche Trennung der Wohnstätten zwischen der europäischstämmigen und den anderen Bevölkerungsgruppen war Grundlage für die zunehmende wirtschaftliche Ausbeutung. Auch die Entrechtung der dabei benachteiligten Einwohner, vorrangig Schwarze, wurde auf nahezu alle Nicht-Weissen angewendet. Den Höhepunkt dieser Apartheidspolitik erreichte Südafrika in den 1980er Jahren, wo allein bei einem Schülerprotest 176 schwarze Schüler und Studenten getötet wurden und langsam auch der internationale Druck auf das menschenverachtende Regime größer wurde.
Die schwarze Bevölkerung und die sogenannten Coloureds wurden aus dem Zentrum vertrieben um abseits von Arbeitsmöglichkeiten in Slums ihr Dasein zu fristen. Erst 1994 gab es freie Wahlen an denen auch Nicht-Weisse teilnehmen durften. Das Apartheidsregime musste abdanken und Nelson Mandela wurde Südafrikas erster schwarzer Präsident. Trotz allen Verbesserungen wie Strom und Wasser in den Slums hat sich die wirtschaftliche Lage der Nicht-Weissen Bevölkerung kaum gebessert. Vor allem bei der schwarzen Bevölkerung herrscht eine unfassbare Armut und sehr hohe Arbeitslosigkeit (Jugendarbeitslosigkeit bis 50%) gepaart mit Perspektivlosigkeit, die leider zu einer hohen Kriminalitätsrate führt.
District 6
Hier in Kapstadt gibt es den District Six. Der ehemals bunte und lebendige Stadtteil hatte 60.000 Bewohner, die auf Grund der Apartheid auf ein 20km vom Zentrum und den Arbeitsplätzen entfernt liegendes Areal vertrieben wurden und dem heute ein Museum gewidmet ist. Wir besuchen dieses Museum und schlauen uns noch wenig weiter auf. Die Führung übernimmt ein vertriebener Bewohner des Viertels und schildert uns eindrücklich den Alltag des Rassenhasses. Unglaublich, dass das alles noch nicht lange her ist und nun auch wieder in Europa auf dem Vormarsch ist. Noch tragischer finden wir auch das die, die soviel Leid ertragen mußten, nun auf die schwächeren, meist illegal eingewanderten Afrikaner aus den Nachbarländern herfallen, sie ausbeuten, berauben und ermorden. Nelson Mandela war ein bewundernswerter Mann, der versuchte ein friedliches Miteinander zu ermöglichen, doch wenn die soziale Ungerechtigkeit kein Ende nimmt, bekommt Hass und Gewalt stets neuen Treibstoff.
Da die Ausbeutung der Nicht-Weissen bis heute noch kein Ende genommen hat, ist die Grundstimmung vor allem in Ballungszentren wie Kapstadt sehr angespannt und Radikale rufen immer wieder zum Widerstand und Mord auf, denn die wertvollen Gebiete Südafrikas sind fast ausnahmslos in weisser Hand und viele Wiedergutmachungsversprechen wurden nicht gehalten. Im Mai 2019 sind Wahlen und eine Partei fordert die totale Enteignung aller weissen Farmer – wir dürfen gespannt sein was passiert.
Das bunte Bo-Kaap Viertel
Um das berühmte Bo-Kaap Viertel besuchen zu können, schliessen wir uns sicherheitshalber einer geführten Tour an und gehen so sicher die Straßen durch das kleine Viertel entlang. Nur einen Quadratkilometer standen den ehemalig versklavten Kapmalaien zu. Es wohnen hier ca. 6000 Menschen von denen 90% islamischen Glaubens sind. Touristischen Zuspruch erlangte das Viertel vor allem durch seine bunten Häuser, die die schmalen mit Kopfsteinen gepflasterten Straßen säumen. Dank des Tourismus wird hier einiges an Kunst bzw. Handwerkskunst angeboten. Zusätzlich gibt es noch reichlich zu Essen, ein Museum, zehn Moscheen (inklusive der ältesten von Südafrika) und vereinzelt Streetart. Unsere geführte Tour geht nach zügigen 90 Minuten zu Ende. Sehr gerne würden wir weiter auf die Suche nach spannender Streetart gehen, aber die gibt es vorwiegend in „unsicheren“ Stadtteilen und so geht es für uns mit eingepackten Kameras zurück zum Apartment. Leider 🙁
Auf den ersten Blick nur Gekleckse, aber wer genauer hinschaut, kann eine berühmte Persönlichkeit entdecken!
Graffiti in Bo-Kaap
Camps Bay und V&A Waterfront
Ein neuer Tag bricht an und wir machen uns auf den Weg zur „Hop on Hop off“ – Bushaltestelle. Es gibt drei verschiedene Linien, die einen Großteil Kapstadts abfahren, während man an vielen Haltestellen aus- und wieder einsteigen kann. Die Busse fahren etwa im 20 Minutentakt und so können wir ohne Mietwagen und Uber kostengünstig und spontan einiges im Vorbeifahren anschauen und wenn es besonders schön ist, eben auch aussteigen. Besonders schön anzuschauen ist zum Beispiel der reiche Vorort Camps Bay mit seinem weißem Sandstrand direkt am Atlantik mit reichlich Wind und Wellen und Felsen zum Herumkraxeln. Für das perfekte Postkartenmotiv liegt im Hintergrund noch die Bergkette Zwölf Apostel. Echt schade, dass die tollen Berge nicht zur sicheren Zone gehören, wie gerne wären auch hier gewandert.
Camps Bay selbst ist tagsüber sicher und selbst die Straßenhändler sind zurückhaltend – ein einfaches „Nein Danke“ reicht völlig aus. So können wir am Strand spazieren gehen und die Bucht entlang bummeln bis wir an einer „improvisierten“ Bushaltestelle wieder zusteigen. Die Busfahrer sind echt freundlich und unkompliziert 🙂
Weiter geht es mit dem Bus an der Küste entlang und in der Ferne sehen wir wieder Robben Island, die Gefängnisinsel auf der Nelson Mandela fast zwei Jahrzehnte in Haft saß. Heute ist die Insel ein beliebtes Ausflugsziel und bietet neben dem Gefängnis auch ein Museum. Unser Bedarf an Geschichte ist gerade gedeckt und wir verzichten auf diesen Ausflug. Stattdessen wollen wir eine Hafenrundfahrt machen und die startet an der Victoria & Alfred Waterfront. Die V&A Waterfront besteht aus einem restaurierten Werft- und Hafenviertel rund um die beiden historischen Becken des Hafens von Kapstadt und ist wohl der meist besuchte Ort dieser Millionenmetropole.
Hier ist alles überwacht und sicher und sie bietet neben Gastronomie, Hafenrundfahrten, Handwerkskunst, Museen, einem Aquarium, einer Brauerei auch einen Jachthafen und Hubschrauberrundflüge. Eigentlich wollten wir nur die Hafenrundfahrt mitmachen, denn sie gehört zu unserem Busticket dazu und ein bisschen im Hafen herumzuschippern ist doch ganz nett, wäre da nicht wieder der Wind und somit fahren die Boote heute nicht mehr. Schade, aber dann schauen wir halt einfach mal den Vögeln zu und siehe da, da gibt es auch noch Seehunde direkt unter dem Anleger auf dem wir stehen. Cool, denen wurden extra Plattformen gebaut, damit sie es sich nicht auf den Jachten bequem machen 🙂 Unfassbar wie leise und elegant sie in und aus dem Wasser gleiten können, mal ganz abgesehen von ihren Schwimmfähigkeiten 😉
Und wo wir schon mal da sind, gehen wir halt auch durch die Markthalle, vielleicht können wir ja dort noch eine Solarlampe Made in South Africa kaufen. Können wir nicht 😉 , aber dafür kaufen wir uns ein Zebra. Kein reinrassiges, sondern ein kunterbuntes Flip-Flop-Zebra 🙂 Wir stehen ja nicht so auf Souvenierplunder und erst recht nicht auf unnötige Produkte für die Tiere und Menschen leiden müssen, davon gibt es auch hier reichlich, aber bei dem Recyclingstand für Flip-Flops sind wir gleich total begeistert und hätten uns am liebsten eine kleine individuelle Herde zusammengestellt. Wir sind uns einig und beschränken uns mangels Platz im Rucksack und in der neuen Wohnung auf ein mittelgroßes Tier – das Zebra soll uns an die tolle Zeit erinnern 🙂 Mit dem Inhaber haben wir noch ein total inspirierendes Gespräch. Er erzählt uns von dem Ablauf und der Produktion der recyclten Flip Flop Skulpturen. Man kann die individuellen Tierchen auch nach Deutschland liefern lassen 🙂 Schaut mal auf der Website von ihm nach.
Botanischer Garten Kirstenbosch
Botanische Gärten sind für uns wie Museen für andere. Ist irgendwo einer in der Nähe, dann wollen wir ihn besuchen. Zumindest wenn er so tolle Vorschusslorbeeren wie der Kirstenbosch Garten bekommt. „Einer der schönsten Botanischen Gärten der Welt“ „Unglaubliche Szenerie“ „Absolut sehenswert“ – um nur ein paar zu nennen 😉 Das Besondere an dem Garten ist, dass hier nur die einheimische Pflanzenwelt, die auch in der Kap Region zu finden ist, bewahrt wird. Die Nationalblume des Landes, die Protea, ist die bekannteste Vertreterin des Garten. Die sehr beliebte Schnittblume blüht vorallem im September und dann leuchtet es überall in Rot, Gelb und Orange. Wir sind leider zur falschen Zeit da. Die volle Farbenpracht der Kap Flora und vorallem des Fynbos entfaltet sich im südafrikanischen Frühling (ab August). Soll ein echtes Farbenfest sein! Fynbos ist übrigens ein Ökosystem, dass nur in Südafrika zu finden ist und aus über 7000 Farn- und Blütenpflanzenarten besteht. Die berühmteste Pflanze ist sicher der Rotbusch. Ja, genau – der aus dem der bekannte Tee gewonnen wird 😉
Wir nehmen uns ein Uber Taxi und lassen uns zum Eingang des Botanischen Gartens bringen. Wir zahlen den Eintritt und bekommen noch eine Übersichtskarte (auf deutsch!) dazu. Wir steuern direkt den Canpoy Walk, also auf gut Deutsch Baumwipfelpfad, an. Erfahrungsgemäß ist es bei Canopys immer recht voll und wir wollen vor den anderen da sein 😉 Der Plan geht auf und wir können einen genialen Blick auf die Ostseite des Tafelberges werfen. Momentan ist es zwar etwas bewölkt, aber das macht die Aussicht nicht weniger spektakulär.
Direkt vom Garten aus starten zahlreiche Wanderwege. Unter anderem auch der Skeleton Gorge, der auf den Tafelberg führt. Unter anderen Umständen (weniger Kriminalität) würden wir da rauf gehen. Aber selbst hier stehen Schilder, die davor warnen alleine zu gehen. Mindestens zu viert, besser zu fünft sollte man sein, wenn man auf den Gipfel will.
Neben den zahlreichen angelegten Gärten, gibt es auch ein Gewächshaus, dass die verschiedenen Vegetationszonen Südafrikas beherbergt. Unter anderem haben wir hier endlich mal eine Welwitschie gesehen. Die Pflanze mit dem witzigen Namen sieht alles andere als besonders hübsch aus. Im Gegenteil. So sehen gerne mal Pflanzen in Haushälten aus, nachdem die Besitzer aus einem längeren Urlaub wiederkommen und sie in der Zwischenzeit keiner gegossen hat. Trocken und verwelkt. Sie wächst nur in der Namibwüste, weisst aber viele Merkmale von Pflanzen auf, die in den Subtropen heimisch sind. Ein Rätsel für die Wissenschaft.
Auch wenn aktuell nicht so viel blüht, gibt es doch ein paar hübsche Hingucker! Vorallem die bunte Vogelwelt beeindruckt uns und wir versuchen uns ihnen mit unserem Teleobjektiv zu nähern. Klappt natürlich nicht immer, aber allein schon das Beobachten der hübschen Tiere macht echt Spaß.
Der Garten ist recht beliebt und füllt sich ganz gut bis zur Mittagszeit. Wir wollen uns gar nicht vorstellen wie es hier zur Hauptblütezeit aussieht. Uns ist es schon jetzt zu trubelig, zumal auch lauttönende Schulklassen dabei sind und wir verlassen Kirstenbosch. Hübsch ist er definitiv. Wir finden trotzdem, dass andere Gärten der Welt die Nase vorne haben 😉
Fazit Kapstadt
Das war unser Besuch von Kapstadt, der Stadt mit zwei Gesichtern, und in uns schlagen nun zwei Herzen. Das eine für die Menschen vor Ort, denen dringend Perspektiven gegeben werden müssen, und das andere für das Potenzial dieses schön anzuschauenden vielseitigen Stadtbildes. Gebäude aus unterschiedlichsten Epochen, Parkanlagen und die Symbiose aus Meer und Bergen sind eine tolle Basis. Die unterschiedlichsten Kulturen der hier lebenden Menschen könnte ein buntes friedliches Miteinander wie in Georgetown (Malaysia) ergeben, wenn die Aufarbeitung der Apartheid zu wirtschaftlicher Gleichheit führen würde. Dann würden die Gewaltverbrechen zurückgehen und im Alltag ginge es mehr um ein Miteinander und weniger um Sicherheitsvorkehrungen. Die Einwohner Kapstadts leben jeweils in ihrer eigenen Blase. Die einen von Elektrozäunen, Kameras und Sicherheitsleuten bewacht, die anderen in ihren Armenvierteln voller Gewaltbereitschaft. Die Bewohner Kapstadts haben sich daran gewöhnt und der Tourist ist gut beraten sich an den sicheren überwachten Hotspots aufzuhalten bzw. den Verhaltensempfehlungen zu folgen.
Kapstadt auf eigene Faust zu erkunden, ist mit einem sehr hohen Sicherheitsrisiko versehen und nicht empfehlenswert. Die wenigen sicheren Hotspots sind nett anzuschauen, spiegeln aber nur einen sehr kleinen Teil Kapstadts wieder und gaukeln einem eine schöne reiche Welt vor, die den weitaus interessanteren und größeren Teil außen vor lässt. Auf unserer langen Reise haben wir uns in keiner Stadt so unfrei gefühlt und in keiner Stadt war Sicherheit derart verknüpft mit Reichtum. Wir verlassen nun Kapstadt mit einem Mietwagen und machen uns auf den Weg in die einsamen Zedernberge nördlich des Westkaps.