Weltreise Tagebuch

#179 Namibiafeeling in Spanien

Carsten

15. – 16. Mai 2019

Bardenas Reales – die faszinierende Halbwüste im Norden Spaniens erinnert uns stark an Teile Namibias und wir cruisen und wandern an zwei Tagen durch die bizarre Welt des ehemaligen Ur-Meeres. Die erodierte Landschaft bietet uns eine grandiose Landschaft und zeigt sich überraschend bunt und abwechslungsreich.

Zwischen den beiden „Game of Thrones“ Drehorten (siehe letzter Beitrag) liegt der nächste Drehort 😉 Davon erfahren wir allerdings erst im Nachhinein, denn uns begeisterte vor allem die Landschaft, die sich bei unserer Gebietsrecherche offenbarte. Der seit 1999 geschützte Naturpark Bardenas Reales erinnerte uns schon bei Google Bilder sofort an Namibia und wir sind gespannt auf die weitläufige Halbwüste, deren Gebiet sich über 42.000 Hektar verteilt. Wir fahren über den kleinen Ort Arguedas zu einer der Einfahrten und bekommen hier am Informationszentrum eine Übersichtskarte sowie weitere hilfreiche Informationen. Das Übernachten im Naturpark ist verboten, der Zugang ist erst ab 8.00 Uhr morgens bis eine Stunde vor Sonnenuntergang erlaubt und mitten drin liegt noch eine Militärbasis – dafür ist der Eintritt frei 😉 Was in Teilen etwas unsere Spontanität einschränkt ist in Wahrheit zum Besten aller. Wenn hier jeder machen könnte was und wann er wollte, sähe es hier sehr sicher ganz anders aus. Also passen auch wir uns an und halten uns an die Öffnungszeiten.

Erste Aussicht auf den Nationalpark – Im Hintergrund sind sogar die hohen Gipfel der Pyrenäen zu sehen

Über Staubpisten geht es hinein in die Halbwüste

Es ist schon Nachmittags und die Sonne treibt uns den Schweiss aus allen Poren während wir die ersten Kilometer im Auto zurücklegen. Aus der Asphaltstraße wird eine Staubpiste und das weite Tal bietet einen tollen Ausblick. Für das perfekte Namibiafeeling fehlt nur noch eine Herde Zebras oder Gnus 😉

Unser erster Hotspot des Parks ist die Naturpyramide Castildetierra, die durch die oben aufliegenden Steinplatten und durch jahrelange Erosion entstanden ist.

Dort thronen sie, die Steinplatten, die diese außergewöhnliche Form erst möglich machen

Castildetierra

Hier am Castildetierra gibt es vermutlich niemanden, der kein Foto macht. Glücklicherweise sind im Moment nur sehr wenige Menschen unterwegs und auch auf den Staubpisten kommt uns kaum jemand entgegen. Eigentlich wollen wir gar nicht mehr lange bleiben, denn es ist richtig heiss (vielleicht doch Namibia 😉 ) und etwas müde sind wir auch, aber das Licht ist schön und die Landschaft verspricht noch soviel mehr. Also fahren wir im heißen Auto ohne Klimaanlage doch noch ein bisschen weiter hinein.

La Blanca Alta

Faszinierende Abbrüche, Formationen und Sedimentschichten

Jeder Regen verändert die Form

Wir geniessen den Mix aus Halbwüste, Einsamkeit, leerstehenden Farmhäusern und einigen schönen Vögeln inklusive der Gänsegeier. Die Vögel sind leider sehr scheu und unser 600er Zoom fängt an rumzuzicken. Och nö, nicht schon wieder. Scheinbar haben auch digital gesteuerte Objektive Hitzeprobleme oder schlechte Tage. Unseres macht auf jeden Fall ungewöhnliche Geräusche, sogar wenn die Kamera ausgeschaltet ist. Zu Hause haben wir ein Kalibrierungsdock und hoffen, dass wir mit dem Zurücksetzen der Software das Problem lösen werden (Spoiler: alles wieder gut 🙂 ) Aktuell versuchen wir nun vor Ort das Beste aus unseren funktionieren Kameras herauszuholen und bemühen uns mangelnde Technik durch vorsichtiges Nähern auszugleichen. Erfolgreich sind wir dabei zwar nicht wirklich, doch dafür entschleunigt es unsere Weiterfahrt.

Ein Bienenfresser Paar

Trotz ausgefahrenem 600mm Objektiv und Croppen der Bilder ist das Rothuhn immer noch weit weg. Aber vorenthalten wollen wir sie trotzdem nicht 😉

Schöner Vogel „ohne“ Namen 😉

Bienenfresser

Die erodierten Hänge und Flussbetten sind faszinierend und wir würden uns wünschen hier im Nationalpark einen Sonnenuntergang samt Farbenspiel erleben zu dürfen, wäre da nicht das Problem der vielen Wohnmobilisten, die dann ebenfalls mit uns hier wären. Hier geht es doch etwas enger zu, als in Namibia. Aber Verbot ist Verbot und auch wenn es hier keine Schranken gibt, halten wir uns natürlich an diese Regel! Mit den ersten tollen Eindrücken verlassen wir nun für die kommende Nacht den Naturpark und suchen uns einen schönen Stellplatz. Im nächsten Ort gibt es einen offiziellen Wohnmobil-Stellplatz und der ist propevoll. Wow, hier sind sie alle. Also schön ist es hier nicht und Toiletten gibt es leider auch nicht. Vielleicht finden wir ja noch etwas Abgelegeneres. Wir finden noch diverse andere Parkplätze und Nadine mit ihrer Spürnase für kleine Bergstraßen führt uns oberhalb des Städtchens mit mega Ausblick und ohne Nachbarn 😉

Ein letzter Blick in die Bardenas Reales

Unser einsamer Stellplatz für die Nacht

Super, hier bleiben wir und geben nur acht, dass wir auch von dem Platz wieder herunterkommen, sollte der angekündigte Regen den Untergrund aufweichen. Noch ist alles trocken und wir schnibbeln und kochen uns etwas leckeres auf dem Spirituskocher während wir schon mal ein paar Kekse naschen – Hungaaa 😉 Ganz so alleine wie gedacht sind wir dann doch nicht. Plötzlich kommen zwei Motocrossfahrer den steilen Nachbarhang hinunter geknattert und nach ein paar Minuten neben uns wieder herauf, bevor sie dann die Straße ins Tal nehmen. Nun ist es wieder ruhig und wir machen es uns im Wagen gemütlich.

Am nächsten Morgen sind wir püntklich um 8 Uhr wieder im Park unterwegs

Wir stehen hier oft an Plätzen, die uns auch an Landschaften der USA erinnern

Ausgeschlafen fahren wir pünktlich um kurz vor acht wieder in den Bardena Reales Naturpark um möglichst vor der heissen Zeit des Tages eine kleine Wanderung machen zu können. Leider ist es bewölkt und das Licht nicht allzu attraktiv, dafür hören wir an einem Feuchtgebiet viele Vogelstimmen. Nur wo sind sie? Es geht doch nichts über eine guten Tarnung – verdammt 😉

Ein See mitten in der Halbwüste!

Und noch mehr Wasser!

Aussicht eines Gipfels auf den man zu Fuß rauf darf

Betontreppe als Zustiegshilfe 🙂

Wanderparkplatz

Unbewohnt 😉

Na dann gehen wir eben unsere Wanderung an und „erklimmen“ einen Hügel über Teile einer reichlich unterspülten und gebrochenen Betontreppe. Die Landschaft ist einfach mega, ob von oben, unten oder auf Augenhöhe. Wir sind total überrascht so etwas tolles in Spanien bzw. Europa vorzufinden. Natürlich sind die Alpen grandios und auch die anderes Spielarten der Natur sind faszinierend, aber eine solche Halbwüste ist echt mal etwas anderes. Dies ist vermutlich auch der Grund, weshalb hier schon Dutzende Filme und Musikvideos gedreht wurden.
Hier kommt eine kleine Liste ohne den Anspruch der Vollständigkeit: Stolz und Leidenschaft, 007 – Die Welt ist nicht genug, The Counselor, Exodus: Götter und Könige, Spiel mir das Lied vom Tod, Zwei glorreiche Halunken, Für eine Handvoll Dollar, Cleopatra, 2001: Odyssee im Weltraum, Conan – der Barbar, Game of Thrones, Musikvideos von Lena Meyer-Landshut, Vanessa Paradis und Iggy Pop und viele mehr… 🙂

Nadine beim Fotografieren der weit entfernten Bienenfresser

Mehr als 3000 Stunden brennt die Sonne pro Jahr auf das Land herunter. Hier fallen jährlich nicht einmal 250 Millimeter Niederschlag und die Temperaturen erreichen im Sommer bis zu 50 Grad. Das sind doch mal optimale Drehbedingungen 😉 Gut, dass wir nur Fotografieren und unser eigenes Tempo bestimmen dürfen. Wir fahren nun im Norden bei „El Paso“ (nein, nicht Mexico) aus dem Park heraus und im Südosten wieder hinein. Die Staubpiste schlängelt sich erst hinauf, um dann oberhalb der Plana de la Negra an Mohnblumenfeldern vorbei zum Sancho Abarca Kloster zu führen. Tolle Ausblicke, sattes Rot und Grün und trockene staubige Piste. Die Kontraste und abwechselnde Landschaft lassen keine Langeweile aufkommen.

Alles in allem sind wir total begeistert von der Bardenas Reales Halbwüste und wir wurden des öfteren an unseren Roadtrip in Namibia erinnert. Natürlich bietet Namibia noch sensationell viel mehr, vor allem die Tierwelt ist ein Traum, aber für europäische Verhältnisse ist dieser Naturpark im Norden Spaniens absolut eine Reise wert!

Blick vom Kloster Sancho Abarca

Landwirtschaft unter besonderen klimatischen Bedingungen

Das Wetter ändert sich langsam und wir machen uns auf den Weg in Richtung Küste. Wir wollen möglichst noch vor dem Gewitter einen geeigneten Stellplatz gefunden haben. Bei Dauerregen auch sehr gerne mit Toilette. Unsere Park4Night App bietet uns auch einen gut gelegenen Platz auf unserer Route an, den wir als erstes anfahren. Ach ja, Nebensaison. Der Platz ist geöffnet, die Toiletten leider nicht und da Wohnhäuser direkt nebenan stehen und keine nutzbare Natur vorhanden ist, fahren wir weiter. Kleine Planänderung, wenn es keine geöffneten Toiletten gibt, dann nehmen wir eben wieder einen einsamen in der Natur gelegenen Platz. In diesem Fall ein kleiner Parkplatz abseits eines Bergbaugebietes, der vorwiegend von Kletterern genutzt wird. Bei der ankommenden Gewitterfront sollte dort nicht allzu viel los sein und drum herum finden wir bestimmt genügend „Stille Örtchen“ 😉 Als wir ankommen stellen wir erstmal fest, dass sich mindestens ebenso viel Staub von den Staubpisten an den Türdichtungen gesammelt hat, wie in Namibia und ein wenig ausfegen angesagt ist. Feinster Sandstaub, der seinen Weg nahezu überall hinfindet 😉 Während die einen noch zum Klettern gehen, suchen andere schon das Weite. Wir richten uns gemütlich ein und warten auf den Regen und dass auch die übrig gebliebenen Kletterer abfahren. Es wird windig, richtig dunkel und dann fängt es an aus Eimern zu schütten. Wo bleiben die Kletterer? Es dauert noch einige Zeit, bis sie durchnässt angelaufen kommen. Muss man mögen. Wir liegen lieber im trockenen 🙂

Als die Nacht anbricht sind wir allein. Allein mit dem Regen und den kleinen Bachläufen, die nun auf dem erdig-schottrigen Parkplatz entstehen. Toller Platz, romantische Stimmung, bis zum Morgen zumindest. Die besonderen Bedingungen für besondere, sehr menschliche Bedürfnisse forderten nämlich am nächsten Morgen besonderes Verhalten. Fast nackt, in Unterhose, Flipflops und Regenschirm im strömenden Regen und matschigem Boden – auch ein Erlebnis. Dafür werden keine Kleidungsstücke nass und der Wagen bleibt im Inneren deutlich trockener. Unser Dank für diesen wertvollen Tipp geht an René Kreher, der ebenfalls in einem Dacia unterwegs ist und sogar da drin lebt – funzt einwandfrei, solange niemand zuschaut 😉

Ach ja, das Wetter und unsere Pläne 😉 Eine große ergiebige Regenfront zieht die nächsten Tage über den Norden Spaniens und Südfrankreich bis weiter in die Schweiz und somit machen unsere Wanderpläne in den Pyrenäen zum Abschluss unserer Reise wenig Sinn. Wir planen kurzerhand um und folgen dem Sonnenschein nach Paris. Dort ist das Wetter gut gemeldet, auf den Eiffelturm möchten wir auch sehr gerne und vermutlich gibt es viel schlimmeres als einen Städtetrip nach Paris 😉

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