#90 Panoramablick und Sorgenfalten
Carsten
14. August 2018
Heute geht es auf eine Passstraße an der kroatischen Küste. Ja, sogar in Kroatien gibt es Passstraßen. Und die zum höchsten Berg des Biokovo Gebirges soll es in sich haben. Super schmal, super lang und super ungesichert. Überschattet wird unser Ausflug aber von einer bösen Überraschung, die uns am Campingplatz erwartet.
Wir sind zurück an Kroatiens Küste und unser Campingplatz hat auch eine schöne schattige Ecke für uns. Nach ein paar Minuten sind wir wieder um einige Mückenstiche reicher und fühlen uns etwas hilflos, denn weder das Antimückenspray hilft, noch dämmert es. Es ist mitten am Tag, eigentlich keine Mückenhochzeit und wir werden trotzdem schlicht ausgesaugt. Da es auch wunderbar heiss ist, ist es uns eine Freude uns direkt im Auto hinter unserem Moskitonetz zu verstecken ;-( Nadine will Fotos bearbeiten und sucht zum Sichern unsere beiden Festplatten. Wir suchen zu zweit und werden etwas panisch. Stellen uns Fragen – wann und wo haben wir sie zuletzt gesehen und genutzt. Wir durchwühlen alle Taschen, Rucksäcke und jede Ecke vom Auto wird abgesucht. Einmal, zweimal und auch noch ein drittes Mal. Wir können es nicht fassen. Sie sind nicht da! Wir schreiben unseren letzten Vermieter in Mostar, wo wir vor zwei Tagen waren, per WhatsApp an und bitten ihn in unserem Apartment nachzuschauen. Anschliessend warten wir ungeduldig auf Antwort. Nach einer ewigen Stunde erfahren wir, dass er nicht daheim ist und seine Mutter würde nachschauen. Sie findet nichts! Er melde sich später wieder, sobald er wieder im Hause ist. Auf unseren Festplatten sind alle Fotos unseres Roadtrips seit Juli drauf – alle! Oh man, das darf nicht wahr sein. Wir können kaum an etwas anderes denken, liegen verschwitzt im Auto, ich gehe noch kurz im Meer baden, dann kochen wir eine Kleinigkeit und verlieren weiterhin den Kampf gegen die Mücken. Die Nerven liegen blank.
Der Sohn unserer Nachbarn, die uns netterweise Strom für unseren Rechner geben, schreit plötzlich panisch los und der Vater ist auch aus der Ferne sichtlich beunruhigt. Raus aus dem Auto und mal nachgefragt. Eine Schlange ist im Zelt zwischen Decken und Kissen aufgetaucht, als der Sohn drinnen lag. Während die Familie versucht die Schlange im Auge zu behalten und erfolglos hinaus zu scheuchen hole ich erstmal die Kamera. Schlangen finde ich ziemlich cool, wenn auch nicht in meinem Zelt, aber unter diesen Umständen schon 🙂 Sie ist grün, recht klein und irgendwie auf der Suche. Sie gleitet über deren Ikea-Reisetaschen (siehe da, wir sind nicht die Einzigen 😉 ) und verschwindet immer mal wieder für einen Moment hinter Kissen und Decken. Leider ist es recht dunkel im Zelt und der Vater ist permanent bemüht die Schlange zu verjagen – wie soll man den da gute Fotos machen? Letztlich verschwindet sie viel zu schnell unter der nächsten Steinmauer und lässt sich leider nicht mehr blicken. Die Betreiber des Campingplatzes erklären uns, dass die Schlangen teilweise sieben Kilometer aus den Bergen zurücklegen um an Wasser zu gelangen – es habe viel zu wenig geregnet. Auf dem Platz stellen sie für die Tierwelt an vielen Stellen Wasserschalen auf, dann suchen sie normalerweise nicht in den Zelten nach Flüssigkeit. Ach ja und giftig sei sie auch nicht, keine Sorge. Nach diesen guten Nachrichten ist der Sohn nicht mehr verängstigt, sondern Stolz mit einer Schlange im Zelt gewesen zu sein 🙂
Nach dieser kleinen Ablenkung hat Nadine eine wage Vermutung. Die Festplatten könnten vielleicht in einer Schublade in unserer letzten Unterkunft in Mostar liegen. Vielleicht, hoffentlich! Wir schreiben erneut den Vermieter in Mostar an. Um 21.00 Uhr antwortet er, dass schon neue Mieter in unserem alten Apartment seien und er nicht stören wolle. Er melde sich am nächsten Tag wieder. Na toll, also weiter bangen und hoffen. Damit wir nicht komplett am Rad drehen planen wir unseren nächsten Tag, als ob nichts geschehen wäre – nur mit der kleinen Änderung, dass wir uns im Anschluss eine mögliche direkte Rückfahrt nach Mostar vorbehalten. Morgens um sechs Uhr fahren wir zur 23 km entfernten Mautstation in Podgora, um über eine tolle Passstraße durch den Biokovo Nationalpark auf den Gipfel des Sveti Jure (1762m) zu gelangen. Google Maps sei Dank endet der erst Versuch am Einstieg einer Mountainbike Strecke zum Gipfel. Sicher auch schön, aber eben nicht mit dem Auto. Also wieder ein paar Kilometer zurück und in die entgegengesetzte Richtung gefahren, schon sind wir an der Mautstation. Ein super netter Herr erklärt uns auf Deutsch, dass besonders Sonnenschutz und warme Jacken am Gipfel wichtig wären und wünscht uns einen schönen Tag. Wir haben eh alles mit (mit Ausnahme der Festplatten) und freuen uns auf die Aussicht. Bis dahin bedeutet es allerdings sich eine Stunde lang Kurve für Kurve die schmale Straße hoch zu arbeiten. 1400 Höhenmeter verteilt auf 24 Kilometern.
Am Anfang ist es noch recht gemütlich breit, doch das ändert sich schnell und es passt bald nur noch ein Fahrzeug auf die Fahrbahn. Vorausschauendes Fahren ist bei den äußerst wenigen Ausweichbuchten eine gute Entscheidung, ist ja keine Einbahnstraße, Leitplanken gibt es auch nur sehr sehr selten und wenn, haben sie die Bezeichnung nicht verdient. Da wir früh unterwegs sind kommen uns kaum Autos entgegen und es läuft richtig gut, im zweiten Gang 🙂 Abseits der Straße grasen einige Wildpferde, Kühe und Schafe. Voll schön hier, wären wir doch nur entspannter und könnten das Ganze richtig geniessen. Die Festplattensorge ist zu groß ;-(
Oben angekommen haben wir ein tolles Panorama und dank riesigem Sendemast auch guten Empfang. Nur leider noch keine Nachricht wegen unserer Festplatten. Dann eben noch nicht, hmpf.
Eine kurze 10-minütige Wanderung führt die Besucher einmal um den Gipfel herum. So sehen wir sowohl die karge Seite zur Küste im Osten hin, als auch die grünere Seite des Gebirges zum Westen hin. Eine beeindruckende Landschaft! Und der Fernblick reicht weit. Wir sehen sogar die stark langgezogene Insel Hvar am Horizont.
Damit wir auch bei der Abfahrt möglichst wenig Gegenverkehr haben, machen wir uns auf die Rückfahrt und warten nicht, bis auch der letzte ausgeschlafen hat 😉
Nach einem Drittel der Strecke bietet sich noch eine kurze 20-mimütige Wanderung zu einem Aussichtspunkt auf den Küstenort Makarska an. Die nehmen wir noch mit – ein bisschen Wandern muss dann doch drin sein – und Müsli Frühstück folgt im Anschluss. Weiter geht es auf der schmalen Straße, aber schon recht bald folgt eine etwas entspanntere Fahrbahnbreite und dann darf es auch wieder voller werden 😉
So langsam gibt es wieder nur noch ein Gesprächsthema. Was ist, wenn die Festplatten wirklich weg sind. Wir sind uns einig, dass es nur Fotos sind und Gesundheit wesentlich wichtiger ist. Uns ist nichts passiert, also ist letztlich nichts Schlimmes geschehen! Trotzdem würden wir uns riesig freuen, wenn unsere Fotos wieder auftauchen. Wir sind uns sicher, dass uns solch ein Fehler nicht nochmals wiederfahren würde. Zwei Festplatten am selben Platz aufbewahren! Wie doof! Wozu sichern wir doppelt, wenn wir sie nicht getrennt aufbewahren? Während unserer Südost-Asienreise haben wir diesen Fehler nicht einmal gemacht, weil wir fürchteten beraubt zu werden. Aber hier verlieren wir sie einfach. Kopfschüttel! Nadines WhatsApp meldet sich und…Jaaaa, sie waren im Schrank! Puuuh, noch mal richtig Glück gehabt, dass sie noch kein anderer Gast gesehen und mitgenommen hat. Noch kurz eine Unterkunft in Mostar gebucht und auf geht’s nochmals nach Bosnien und Herzegowina. Ein kleiner leerer Grenzübergang mit sehr entspannten Grenzbeamten kostet uns keine Minute, sie wollen nicht mal unsere Ausweise sehen 😉 Ach, wäre das doch immer so. In Mostar holen wir erstmal unsere Festplatten ab, verstauen sie getrennt von einander 😉 und nach dem Einchecken gehen wir sehr erleichtert noch eine Runde Eis essen. Glück gehabt 🙂