#74 Unterwegs in den Julischen Alpen
08. – 14. Juli 2018
Unsere erste Wanderung beginnt ganz harmlos. Vom Parkplatz aus steigt ein schmaler Waldpfad ganz gemächlich an. Keine hohen Stufen, keine großartige Steigung. Wunderbar um sich wieder an Bergtouren zu gewöhnen. Der Wald ist gesprenkelt von weißen Kalksteinen auf denen sich zum Teil ein grüner Moosteppich breit gemacht hat, an allen Ecken sprießen Pilze aus dem Boden und aus den Baumgipfeln summt es geräuschvoll. Hier scheinen richtig viele Wildbienen unterwegs zu sein. Überhaupt haben wir festgestellt, dass in Slowenien – dank des vielen Waldes und der Wiesen – mehr Insekten unterwegs sind. Unsere Windschutzscheibe bestätigt übrigens unseren Eindruck. 😛
Nach einigen kurzen Wiesenpassagen sind wir über der Baumgrenze und haben das erste Mal ein Bergpanorama. Leider sieht es zu sehr nach Regen aus und das eigentliche Ziel ist noch recht weit entfernt, so dass wir uns entscheiden wieder abzusteigen. So war es dann nur eine 3,5-stündige Wanderung, aber als erster Einsteig nicht verkehrt 🙂
Martuljkov Wasserfälle
Per Zufall erfahren wir über einen Tripadvisor Kommentar von zwei Wasserfällen, die nicht nur kein Eintrittsgeld kosten und abseits der Touristenströme gelegen sein sollen, sondern sogar noch eine kleine Klettersteigpassage enthalten. Das klingt super und wir sind natürlich am Start. Wie immer beginnen wir früh unseren Aufstieg. Wir folgen einem glasklaren, eiskalten Flüsschen an dessen Ufer wieder jede Menge Steinmännchen kunstvoll gestapelt stehen bis hinein in einen Wald. In Slowenien gibt es übrigens gelbe und rote Wanderschilder, wobei die roten eher alpinere Wege kennzeichnen. Sind mal keine Schilder da, so kann man sich gut darauf verlassen, dass Steine oder Baumstämme mit einem rot-weißem Punkt ausgestattet sind.
Weiter geht es durch den Wald und so langsam wird der Weg auch immer steiler und wilder und wir kommen gut ins Schwitzen. Als sich der Wald lichtet, stehen wir vor einer Brücke, die über den von den Wasserfällen gepeisten Bach Martuljek führt. Wir nähern uns dem Rauschen und sehen bis auf weiße Kalkfelsen erst mal noch nicht viel. Dafür entdecken wir die ersten Eisenstifte im Felsen. Aha – hier beginnt wohl der Klettersteig! Durch eine recht steile, aber gut abgesicherte Rinne klettern wir nach oben und keine 10 min später stehen wir vor dem Oberen Martuljkov Wasserfall. Schnurgerade und senkrecht stürzt das Wasser in einen kleinen Pool bevor es dann unterhalb der Felsen weitergeht und an einigen Stellen wieder zu Tage kommt und immer weiter gen Tal rauscht.
Die guten 500 Höhenmeter hier rauf haben sich definitiv gelohnt und nach einer ausgiebigen Brotzeit steigen wir ins Tal ab. Carsten freut sich, dass sein Rücken die kleine Kletterpartie völlig ohne Meckern mitgemacht hat. Ich freue mich mit ihm 🙂
Wandertour auf den Vogel
Heute wird es alpiner! Und damit wir nicht erst 1000 Höhenmeter aufsteigen müssen um über die Baumgrenze zu kommen, fahren wir zum Bohinjsko See von wo aus eine Seilbahn Wanderer auf 1537m.ü.M. bringt. Das geht wirklich flott und schon stehen wir vor einem tollen Bergpanorama und sehen das erste Mal den höchsten Berg Sloweniens – den 2864m hohen Triglav, der auch dem Nationalpark in dem wir uns nun befinden seinen Namen gibt. Den Triglav besteigen wir heute allerdings nicht. Es geht „nur“ auf den 1922m hohen Vogel (ausgesprochen: Wogel).
Balkon Tour bei Granjska Gora
Nach einem Regentag, den wir hauptsächlich auf dem Campingplatz verbracht haben, wollen wir heute eine kleine Rundtour machen. Wir können erst am späten Vormittag starten, als sich die Regenwolken so langsam verzogen haben und es zumindest trocken bleibt. Carsten hat aus dem Internet GPS Daten für eine12km Strecke mit 350 Höhenmetern rauf und runter organisiert.
Die Strecke verläuft die meiste Zeit im Wald, eröffnet aber immer wieder Blicke auf die Berge des gegenüber liegenden Triglav Nationalpark. Zu Beginn jedoch hängen die Wolken noch tief in den Berghängen und von Panorama keine Spur. Dafür begegnen wir Eseln, Kühen und Pferden. Besonders ein Mini Pferd tut es uns an. Mit klugen Augen schaut es uns an und beschnuppert Carstens Hand. Die Augen sind unglaublich sanft und ja – irgendwie gütig und weise. Da wünschte man sich doch man könne mit Tieren kommunizieren.
Vršičpass
Zeitig brechen wir heute auf und machen uns auf den Weg zu Sloweniens höchster Passstraße, die uns in 50 Haarnadelkurven, zum Teil gespickt mit Kopfsteinpflaster, von 806 m.ü.M. auf 1611 m.ü.M. bringt. Hier oben wollen wir eine Rundtour starten, die wir uns aus dem Internet herausgesucht haben. Leider passt die karge Beschreibung so gar nicht mit der Realität zusammen und so entscheiden wir uns spontan für einen anderen Berg, den wir uns aus der Outdooractive App herauspicken. Um kurz nach 7 Uhr wandern wir los und sind überrascht wie viele Klettersteiggeher und andere Bergsteiger schon auf dem Weg zu den umliegenden Gipfeln sind. Auf unserer Strecke bleiben wir aber bis fast zum Schluss die Einzigen. Auf dem Weg blüht und summt es an allen Ecken. Wir entdecken Insekten mit neongrünen Augen und einen Goldglänzenden Rosenkäfer, den ich auf meine Hand krabbeln lasse. Dass die dabei ganz schön in die Haut zwicken weiß ich nun auch 😉
Beim Abstieg kommt immer öfter die Sonne wieder heraus und es sieht so als ob sich die Wolken doch wieder auflösen. Schon eine halbe Stunde später verpufft unsere Hoffnung wieder und wir beschleunigen unser Tempo. Was auch goldrichtig war. Schon fallen die ersten Tropfen und wir ahnen, dass wir heute sehr nass werden. Natürlich haben wir ausgerechnet heute keine Regenklamotten dabei. Typisch 😛 Das erste Grummeln ertönt und mit besorgtem Blick zu den immer grauer und dichter werdenden Wolken versuchen wir schnell aber trotzdem konzentriert weiter zu laufen. Das Grummeln mutiert zu deutlichen Donnergeräuschen und der leichte Regen hält an. Es erwartet uns noch eine Passage mit Drahtseilen. Eisen und Gewitter ist ja nie toll, aber die Steine sind nun rutschig und das Drahtseil eine wichtige Hilfe. Glück im Unglück. Nachdem ich dann doch mal blöd zur Seite weggeknickt bin und danach mein Wadenmuskel arg beleidigt ist, schaffen wir es dafür rechtzeitig ins Auto bevor es richtig anfängt zu schütten. Das ging noch mal gut 🙂 Dank Gewitterwolken haben wir für den Rückweg nur noch zwei Stunden gebraucht und ungeplant 900 Höhenmeter im Auf- und Abstieg und 12km zurückgelegt. Und Carstens Rücken hält 🙂
Die Julischen Alpen sind ein unterschätzter Goldschatz. Wanderer und Bergsteiger finden hier unzählige Touren jeden Schwierigkeitsgrades. Dazu unterschiedliche Landschaften, die mal an die Dolomiten und mal ans Allgäu erinnern. Und doch eben anders sind. Und mit der türkisfarbenen Soča und den Nebenflüssen etwas ganz Besonderes besitzen. Entdeckenswert 🙂 Wir kommen ganz sicher wieder und dann besteigen wir den Triglav!