Weltreise Tagebuch

#74 Unterwegs in den Julischen Alpen

Nadine

08. – 14. Juli 2018

Endlich wieder wandern! Darauf freuen wir uns schon so lange und nun geht es schließlich los. Nach 6 Monaten Asien müssen wir aber erst mal schauen wie es mit unserer Kondition aussieht und uns an die Höhe akklimatisieren. Auch wenn wir in Asien hin und wieder einen Berg bestiegen haben, waren wir sonst nicht sehr sportlich aktiv. Wir sind gespannt wie wir uns schlagen!

Unsere erste Wanderung beginnt ganz harmlos. Vom Parkplatz aus steigt ein schmaler Waldpfad ganz gemächlich an. Keine hohen Stufen, keine großartige Steigung. Wunderbar um sich wieder an Bergtouren zu gewöhnen. Der Wald ist gesprenkelt von weißen Kalksteinen auf denen sich zum Teil ein grüner Moosteppich breit gemacht hat, an allen Ecken sprießen Pilze aus dem Boden und aus den Baumgipfeln summt es geräuschvoll. Hier scheinen richtig viele Wildbienen unterwegs zu sein. Überhaupt haben wir festgestellt, dass in Slowenien – dank des vielen Waldes und der Wiesen – mehr Insekten unterwegs sind. Unsere Windschutzscheibe bestätigt übrigens unseren Eindruck. 😛

Nach einigen kurzen Wiesenpassagen sind wir über der Baumgrenze und haben das erste Mal ein Bergpanorama. Leider sieht es zu sehr nach Regen aus und das eigentliche Ziel ist noch recht weit entfernt, so dass wir uns entscheiden wieder abzusteigen. So war es dann nur eine 3,5-stündige Wanderung, aber als erster Einsteig nicht verkehrt 🙂

Märchenwald
Meditatives Wandern
Kunstvolles Muster
Kuschelzeit
Allein auf dieser Blume tummeln sich 10 Insekten!
Blick zum Triglav Nationalpark und wachsenden Wolken

Martuljkov Wasserfälle

Per Zufall erfahren wir über einen Tripadvisor Kommentar von zwei Wasserfällen, die nicht nur kein Eintrittsgeld kosten und abseits der Touristenströme gelegen sein sollen, sondern sogar noch eine kleine Klettersteigpassage enthalten. Das klingt super und wir sind natürlich am Start. Wie immer beginnen wir früh unseren Aufstieg. Wir folgen einem glasklaren, eiskalten Flüsschen an dessen Ufer wieder jede Menge Steinmännchen kunstvoll gestapelt stehen bis hinein in einen Wald. In Slowenien gibt es übrigens gelbe und rote Wanderschilder, wobei die roten eher alpinere Wege kennzeichnen. Sind mal keine Schilder da, so kann man sich gut darauf verlassen, dass Steine oder Baumstämme mit einem rot-weißem Punkt ausgestattet sind.

Wieder in einem schönen Wald unterwegs
Wegmarkierung
Schon nach einer dreiviertel Stunde Anstieg stehen wir vor dem ersten der beiden Martuljkov Wasserfälle und beobachten wie das Wasser in die Tiefe rauscht. Wir schätzen die Gesamtlänge auf 50m. Auf jeden Fall schon gut beeindruckend!

Weiter geht es durch den Wald und so langsam wird der Weg auch immer steiler und wilder und wir kommen gut ins Schwitzen. Als sich der Wald lichtet, stehen wir vor einer Brücke, die über den von den Wasserfällen gepeisten Bach Martuljek führt. Wir nähern uns dem Rauschen und sehen bis auf weiße Kalkfelsen erst mal noch nicht viel. Dafür entdecken wir die ersten Eisenstifte im Felsen. Aha – hier beginnt wohl der Klettersteig! Durch eine recht steile, aber gut abgesicherte Rinne klettern wir nach oben und keine 10 min später stehen wir vor dem Oberen Martuljkov Wasserfall. Schnurgerade und senkrecht stürzt das Wasser in einen kleinen Pool bevor es dann unterhalb der Felsen weitergeht und an einigen Stellen wieder zu Tage kommt und immer weiter gen Tal rauscht.

Die guten 500 Höhenmeter hier rauf haben sich definitiv gelohnt und nach einer ausgiebigen Brotzeit steigen wir ins Tal ab. Carsten freut sich, dass sein Rücken die kleine Kletterpartie völlig ohne Meckern mitgemacht hat. Ich freue mich mit ihm 🙂

Wandertour auf den Vogel

Heute wird es alpiner! Und damit wir nicht erst 1000 Höhenmeter aufsteigen müssen um über die Baumgrenze zu kommen, fahren wir zum Bohinjsko See von wo aus eine Seilbahn Wanderer auf 1537m.ü.M. bringt. Das geht wirklich flott und schon stehen wir vor einem tollen Bergpanorama und sehen das erste Mal den höchsten Berg Sloweniens – den 2864m hohen Triglav, der auch dem Nationalpark in dem wir uns nun befinden seinen Namen gibt. Den Triglav besteigen wir heute allerdings nicht. Es geht „nur“ auf den 1922m hohen Vogel (ausgesprochen: Wogel).

Ausblick auf den Bohinjsko Jezero und die umliegenden Berge
Ganz weit da hinten sieht man den höchsten Gipfel Sloweniens stehen – den 2864m hohen Triglav
Noch ein paar weitere Höhenmeter überwinden wir ganz gemütlich in einem Vierersessel, der im Preis mit enthalten ist. Im Winter ist hier ein Skigebiet und so sieht es leider auch aus. Viel Geröll und zum Teil kaputte Grashänge. Da macht das Wandern eh keinen Spaß und so sparen wir uns das auch 🙂 Nun geht es aber wirklich los und nach einer halben Stunde begegnen wir den ersten Tieren. Schon von weitem hören wir hohe und tiefe „Mähäää“ Rufe und nach einer Kurve stehen wir mitten in einer grasenden Schafherde mit Jungtieren. Wir beobachten die friedlichen Tiere eine Weile und lauschen dem Geräusch beim Grasbüschel rupfen.
Auf den mittig rechten Gipfel des Vogel wollen wir rauf
Zwischen den Anstiegen folgt auch immer mal wieder ein kleiner Abstieg, so dass wir bis zum Gipfel dann doch knapp 500 Höhenmeter zurücklegen. Die fühlen sich allerdings viel mehr wie 1000 Höhenmeter an. Nix mehr gewohnt 😉 Am Gipfel selbst bläst ein zugiger Wind und wir ziehen uns direkt zwei Jacken über um bei der verdienten Brotzeit nicht zu sehr auszukühlen. Hier oben sind wir nicht mehr die einzigen, aber den tollen Blick auf die umliegende Bergwelt teilt man gerne 😉 Statt einem Gipfelkreuz gibt es eine Steinpyramide und wie gewohnt aus den westlichen Alpen ein Metallkästchen mit einem Gipfelbuch. Den Rückweg zur Seilbahnstation variieren wir ein bisschen und sind nach insgesamt über vier Stunden Wandern ungewohnt platt und froh als wir unsere Beine ausruhen können. Wir brauchen mehr Kondition! 😉
Gipfelbuchkästchen
Der Triglav – höchster Berg Sloweniens
Am Gipfel des Vogel auf 1922m
Ganz am linken Rand des Bildes ist unser Start- und Endpunkt
Ausblick vom Vogel

Balkon Tour bei Granjska Gora

Nach einem Regentag, den wir hauptsächlich auf dem Campingplatz verbracht haben, wollen wir heute eine kleine Rundtour machen. Wir können erst am späten Vormittag starten, als sich die Regenwolken so langsam verzogen haben und es zumindest trocken bleibt. Carsten hat aus dem Internet GPS Daten für eine12km Strecke mit 350 Höhenmetern rauf und runter organisiert.

Die Strecke verläuft die meiste Zeit im Wald, eröffnet aber immer wieder Blicke auf die Berge des gegenüber liegenden Triglav Nationalpark. Zu Beginn jedoch hängen die Wolken noch tief in den Berghängen und von Panorama keine Spur. Dafür begegnen wir Eseln, Kühen und Pferden. Besonders ein Mini Pferd tut es uns an. Mit klugen Augen schaut es uns an und beschnuppert Carstens Hand. Die Augen sind unglaublich sanft und ja – irgendwie gütig und weise. Da wünschte man sich doch man könne mit Tieren kommunizieren.

Je länger wir wandern umso höher steigen die Wolken und die ersten blauen Lücken tauchen auf. Mittlerweile sind wir auf einem Teilabschnitt des bekannten Alpe Adria Trails gelandet. Bevor wir unsere 3,5-stündige Wanderung beenden gibt die Sonne noch einmal alles um uns diesen schönen Ausblick zu bescheren:
Triglav Nationalpark
Unterwegs auf einem Teilabschnitt des Alpe Adria Trails

Vršičpass

Zeitig brechen wir heute auf und machen uns auf den Weg zu Sloweniens höchster Passstraße, die uns in 50 Haarnadelkurven, zum Teil gespickt mit Kopfsteinpflaster, von 806 m.ü.M. auf 1611 m.ü.M. bringt. Hier oben wollen wir eine Rundtour starten, die wir uns aus dem Internet herausgesucht haben. Leider passt die karge Beschreibung so gar nicht mit der Realität zusammen und so entscheiden wir uns spontan für einen anderen Berg, den wir uns aus der Outdooractive App herauspicken. Um kurz nach 7 Uhr wandern wir los und sind überrascht wie viele Klettersteiggeher und andere Bergsteiger schon auf dem Weg zu den umliegenden Gipfeln sind. Auf unserer Strecke bleiben wir aber bis fast zum Schluss die Einzigen. Auf dem Weg blüht und summt es an allen Ecken. Wir entdecken Insekten mit neongrünen Augen und einen Goldglänzenden Rosenkäfer, den ich auf meine Hand krabbeln lasse. Dass die dabei ganz schön in die Haut zwicken weiß ich nun auch 😉

Okay wir sind uns nicht sicher – aber dieses Insekt mit den grünen Augen haben wir bei Wikipedia unter dem Artikel „Gemeine Viehbremse“ gesehen.
Goldglänzender Rosenkäfer
Ziemlich lange bewegen wir uns im Wald, immer wieder unterbrochen von genialen Ausblicken, bis es schließlich steil nach oben geht und wir ordentlich Höhenmeter schrubben. Als wir schließlich auch die Latschenkiefergrenze erreicht haben, eröffnet sich uns eine Welt, die uns an die Dolomiten erinnert. Vor uns liegen weißgraue Felsberge. Wir machen eine kleine Rast und genießen die herrliche Stille hier oben. Carsten steigt ein bisschen höher um ein Gefühl für den Weg zu bekommen und kommt nach 10 Minuten wieder. Ihm ist die Wolkenbildung nicht ganz geheuer und auch der Weg zum Gipfel scheint deutlich länger zu sein als wir vermutet haben. Da wir schon seit deutlich über drei Stunden unterwegs sind und den gleichen Weg zurückmüssen, entscheiden wir uns zur Umkehr. Ein leichtes Gewitterrisiko war für heute auch vorhergesagt. Scheint so als könnte sich da tatsächlich was zusammenbrauen.
Nein, wir sind nicht in den Dolomiten 😉
Herrliche Landschaften!
Der Triglav im düsteren Licht
Ein T-Shirt zum Buff umfunktioniert 🙂

Beim Abstieg kommt immer öfter die Sonne wieder heraus und es sieht so als ob sich die Wolken doch wieder auflösen. Schon eine halbe Stunde später verpufft unsere Hoffnung wieder und wir beschleunigen unser Tempo. Was auch goldrichtig war. Schon fallen die ersten Tropfen und wir ahnen, dass wir heute sehr nass werden. Natürlich haben wir ausgerechnet heute keine Regenklamotten dabei. Typisch 😛 Das erste Grummeln ertönt und mit besorgtem Blick zu den immer grauer und dichter werdenden Wolken versuchen wir schnell aber trotzdem konzentriert weiter zu laufen. Das Grummeln mutiert zu deutlichen Donnergeräuschen und der leichte Regen hält an. Es erwartet uns noch eine Passage mit Drahtseilen. Eisen und Gewitter ist ja nie toll, aber die Steine sind nun rutschig und das Drahtseil eine wichtige Hilfe. Glück im Unglück. Nachdem ich dann doch mal blöd zur Seite weggeknickt bin und danach mein Wadenmuskel arg beleidigt ist, schaffen wir es dafür rechtzeitig ins Auto bevor es richtig anfängt zu schütten. Das ging noch mal gut 🙂 Dank Gewitterwolken haben wir für den Rückweg nur noch zwei Stunden gebraucht und ungeplant 900 Höhenmeter im Auf- und Abstieg und 12km zurückgelegt. Und Carstens Rücken hält 🙂

Die Julischen Alpen sind ein unterschätzter Goldschatz. Wanderer und Bergsteiger finden hier unzählige Touren jeden Schwierigkeitsgrades. Dazu unterschiedliche Landschaften, die mal an die Dolomiten und mal ans Allgäu erinnern. Und doch eben anders sind. Und mit der türkisfarbenen Soča und den Nebenflüssen etwas ganz Besonderes besitzen. Entdeckenswert 🙂 Wir kommen ganz sicher wieder und dann besteigen wir den Triglav!

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