#111 Versteckte Pfade zu den Geheimnissen der Meteora Felsen
Nadine
19. September 2018
Meteora bietet mehr als die berühmten sechs Klöster hoch oben auf den Felstürmen. Wir schnüren die Wanderschuhe und entdecken kaum begangene Pfade, die uns unter anderem zu einer im Fels versteckten uralten Kapelle und zu einem Gefängnis der ganz besonderen Art führt. Trittsicherheit und Abenteuergeist kommen mit in den Rucksack. Los geht’s!
Gestern sind wir auf gut ausgetretenen Touristenpfaden unterwegs gewesen und haben die faszinierenden und wirklich sehenswerten Meteora Klöster besichtigt. Heute wollen wir „off the path“ also abseits der normalen Wege die Felsgiganten erkunden. Wandern ist angesagt. Der einzige Haken: das Internet gibt irgendwie nix her an Wanderrouten. Außer natürlich, dass du Wandertouren mit einem Guide buchen kannst. Logisch, die Option gibt es immer. Aber verraten tun die natürlich auch nicht, wo und wie sie wandern 😉 Wir schmeißen also MapsMe an (sehr empfehlenswerte kostenlose Navigationsapp, die viel detaillierter als Google Maps ist) und sehen unzählige gestrichelte Linien, die sich durch die Felsen schlängeln. Na bitte. Es gibt also Pfade! Höhenangaben kann MapsMe zwar nicht angeben, aber immerhin wissen wir nun, dass es möglich ist eine Wandertour zu starten. Auf der Karte lesen wir so tolle Namen wie „Teufelsturm“, „Drachenhöhle“ und „Mönchsgefängnis“. Klingt alles spannend! Wir legen gedanklich eine Route fest und wollen uns vor Ort überraschen lassen wo es uns noch langführt 😀
Unser Start liegt im Örtchen Kastraki – gar nicht weit weg von unserem Campingplatz. Nachdem wir einen Parkplatz für den Wagen gefunden haben, folgen wir dem blauen Navipfeil auf unserem Handy und finden überraschend problemlos den Wandereinstieg in Form eines schmalen Pfades. Kein einziger Wegweiser verrät, dass dieser Weg zu einem kleinen Abenteuer führt 😉 Nur später sehen wir ab und zu blaue Farbpunkte, die zur Orientierung auf die Felsen gepinselt wurden. Kaum haben wir den Pfad betreten, stehen wir schon mitten drin. Mitten zwischen den Meteora Felsen. Und ganz alleine. Hier, fernab der Touristenströme, können wir uns gut vorstellen, wie Mönche, die die Einsamkeit und Abgeschiedenheit gesucht haben, auch gefunden haben. Ehrfürchtig bleiben wir immer wieder stehen und legen unsere Köpfe in den Nacken um diese einmaligen Felsformationen zu bestaunen. Mutter Natur bringt uns immer wieder zum Staunen! Wir fragen uns wie die Meteora Felsen entstanden sind. Darauf hätten sicherlich auch die Geologen gerne eine Antwort – aber es gibt keine eindeutige Theorie, sondern nur wage Vermutungen.
Schweigend laufen wir durch diese bizarre Felsenwelt bis wir irgendwann vor einem Abzweig stehen. Links oder geradeaus weiter? Laut Navi eigentlich geradeaus, aber links scheint ein kleiner Gipfel zu liegen. Und gar nicht so weit weg. Na, dann nehmen wir den doch mit 🙂 Nach wenigen Schritten wird der Aufstieg deutlich schmaler, zur linken Seite geht es steil runter und zur rechten Seite wurde ein Drahtseil im Fels befestigt um eine kleine Hilfestellung anzubieten. Nach knappen zehn Minuten erreichen wir einen Felsdurchgang und stehen auf einer Art Platz, der umgeben ist von Gestein. Rechts sehen wir eine helle Tür, die mitten in den Fels gebaut wurde. Darauf ein Kreuz. Und drei weitere Kreuze, die in unmittelbarer Umgebung auf die Felsen gemalt worden sind. Wir sind angekommen am „Holy Spirit“. Noch ehe ich denken kann, dass die Tür sicherlich abgeschlossen ist, hat Carsten schon längst die Klinke in der Hand und öffnet sie 😛 Geduckt verschwindet er im Inneren und ich folge ihm. Weit hinein geht es nicht, aber wir stehen nun direkt in einer alten in den Fels gehauenen Kapelle. Später erfahren wir, dass es die älteste Einsiedelei von Meteora ist und im 10. Jahrhundert errichtet worden ist. Wahnsinn.
Carsten zündet erst mal ein paar Kerzen an um ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen 😉 Neben alten Schriften und Kreuzen, sind an den Wänden auch Ikone der orthodoxen Kirche zu finden. Was für ein magischer Ort 😉
Aber das ist noch nicht alles. Nur ein paar Schritte weiter sehen wir eine Leiter, die am Felsen befestigt ist und uns zu einem genialen Aussichtsplateau führt! Wir blicken über Kastraki, was direkt zu unseren Füßen liegt und auf die Meteora Klöster zur anderen Seite. Unter dem Gipfelkreuz ist eine schwere Eisenglocke befestigt, die wir – nur ganz vorsichtig – mit der Faust leise erklingen lassen. Wir wollen ja keine Echolawine lostreten 😛
Top of „Holy Spirit“
Nadine am Abgrund – aber nur auf dem Bild. Unter der Felskante befindet sich ein weiteres Felsplateau – also keine Sorge 😉
„Monk Prison“ – Blick nach oben wo früher die Isolationszellen der Mönche waren. Ein paar Holzverstrebungen sind noch vorhanden
Wer sich nicht scheut die Hände zum Kraxeln einzusetzen, kann sogar noch ein paar Meter höher steigen. Dank des Konglomerat Gesteins findet man immer kleine Griffe und Tritte und nach wenigen Metern ist man am höchsten Punkt des „Holy Spirit“ angekommen. Es ist der Wahnsinn! Wir kommen aus den Superlativen heute nicht mehr raus ;-D
Wir laufen zurück zum Abzweig und biegen diesmal in die andere Richtung ab. Wir sind nun wieder unterhalb der Felsen mitten in einem waldigen Abschnitt unterwegs. Immer wieder trennt sich der Weg auf und ohne Navi wären wir vermutlich im Kreis gelaufen. Aber irgendwann kommen wir dann doch an. Am – vielleicht – einzigen Felsen-Gefängnis der Welt. Hier wurden keine Diebe, Mörder oder Räuber gefangen genommen. Sondern Mönche. Daher auch der Name „Monks Prison“. Denn auch Mönche können unartig sein 😛 Wer sich nicht an die Regeln hielt, wurde hierher geschickt und durfte in luftiger Höhe über seine Sünden nachdenken. Das Gefängnis war ursprünglich mal mitten in einer senkrecht nach oben laufenden Felsspalte befestigt. Mittlerweile sieht man nur noch einzelne Holzverstrebungen. 14 Ebenen soll es gegeben haben. Unglaublich, wie isoliert sie da hoch oben gewesen sein mussten. Vorallem fragen wir uns wie sie überhaupt nach oben gekommen sind. Mussten sie klettern oder gab es Leitern? Wir laufen tiefer in die Spalte hinein und finden einen kleinen sehr niedrigen Gang. Ich leuchte mit der Handy Kamera hinein. Hinter einer Kurve verliert sich das Licht.
Mittlerweile ist noch ein Pärchen aus England dazugekommen. Sie packen ihre Stirnlampen aus und kriechen ein Stück in den Höhlengang, bleiben aber in Sichtweite. Wir sind neugierig und fragen nach. Der Gang endet wohl nach der Kurve und die Wände dahinter wären voll mit tausenden kleinen Insekten. Ich darf mir eine Lampe ausleihen und schaue mich im Gang um. Nach nur ein paar Schritten sehe ich, was sie meinen und drehe schnell wieder um. Gruselig, wenn eine Wand komplett bedeckt ist mit unzähligen Insekten. 😛
Von den Engländern bekommen wir noch den Tipp wie wir einen Rundweg laufen können um zu unserem Wagen zurückzukommen. Wir sollen einem steilen, quasi nicht sichtbaren Pfad folgen, der uns durch zwei extrem eng stehende Felstürme bringen soll. Der wäre zwar nicht offiziell, aber sie hätten diesen Tipp vom Hotelier bekommen und kommen grad von da. Gesagt, getan. Nach ein bisschen runprobieren, finden wir dann auch den genannten Weg. Steil stimmt schon mal und plötzlich stehen wir vor einem sehr hohen Felshaufen, der uns den Weg durch die zwei Türme versperrt. Da müssen wir wohl rüber. Am Anfang noch gut machbar, steigert sich die Steilheit dann doch in einen Winkelbereich, der an die Komfortzone kratzt und in uns ein mulmiges Gefühl aufflammen lässt. Hoffentlich bricht keiner der Griffe aus! Da auch keine Möglichkeit besteht seitlich entlang des Felshaufens zu kraxeln, müssen wir uns bis zum „Gipfel“ tasten.
Oben angekommen sind wir froh, dass uns die kleinen Tritte und unsere Waden 😉 nicht im Stich gelassen haben. Vorallem aber sind wir froh, dass wir nun endlich sehen können, wie der Weg weitergeht und der sieht gut aus! Den Weg wieder runter hätten wir echt nicht gehen wollen 😛 Hoch klettern ist nun mal leichter als runter klettern 😉 Der leicht erhöhte Pulsschlag darf sich nun wieder beruhigen und der Rest des Weges ist zwar auch wieder steil – diesmal bergab – aber im Vergleich harmlos 🙂 Nach diesem kleinen Abenteuer kommen wir glücklich am Auto an und freuen uns, über diesen unerwartet spannenden Wanderweg.
Wir fahren noch einmal zurück zum Campingplatz um zu duschen und zu essen, denn daran anschließend erwarten uns noch drei Stunden Autofahrt bis nach Thessaloniki, wo wir einen kleinen Abendessen Stopp einlegen und uns von der veganen Küche des sehr einprägsamen Restaurants namens „Elephants in the room“ verwöhnen lassen. Aber der Tag ist noch immer nicht beendet. Wir wollen noch über die bulgarische Grenze zum nächten Campingplatz. Nach knapp zwei Stunden kommen wir sehr spät im Dunkeln an, aber zum Glück sind die Eigentümer noch wach und machen uns das Tor auf 🙂 Ein langer Tag geht zu Ende! Die nächsten drei Tage wollen wir ausspannen, denn die letzte Zeit sind wir ungewohnt schnell gereist und gar nicht mehr dazugekommen unsere Weiterfahrt durch Bulgarien und Rumänien zu planen 😉