#142 Zu Fuß unter Breitmaulnashörnern
Carsten
01. – 02. Januar 2019
Heute wollen wir ein besonderes Erlebnis mitnehmen. Den Besuch von Breitmaulnashörnern nämlich. Aber nicht per Auto Safari, sondern zu Fuß! Natürlich mit einem Guide, denn die urzeitlichen Gefährten sind keine Kuscheltiere 😉 Bei diesem Ausflug dürfen wir ihnen ganz schön nah kommen!
Das neue Jahr kann beginnen und in unserem Fall ist es ein Standortwechsel zum Waterberg Wilderness Naturreservat. Dieses privatbetriebene Naturreservat grenzt ohne Zaun an den offiziellen Nationalpark des Waterberg und gibt das Gebiet der ehemaligen Rinderfarm seit dem Jahre 2000 den Wildtieren zurück. Zahlreiche Wildtiere, darunter auch das Breitmaul-Nashorn wurden wieder angesiedelt und werden vor Wilderern geschützt. Das Nashorn auf die es Wilderer abgesehen haben, wird sowohl durch anwesende Wachleute beschützt als auch teilweise durch das sorgsame Kürzen des Horns selbst. Denn nur um das Horn geht es ihnen. In Asien kann man richtig viel Geld damit gewinnen, denn es gilt als traditionelles Heilmittel. Glücklicherweise gab es am Waterberg seit der Wiederansiedlung der Tiere noch keinen erfolgreichen Versuch der Wilderer. Hoffentlich bleibt das so!
Das Breitmaulnashorn ist die größte heute lebende Nashornart und neben dem Elefanten und dem Flusspferd eines der größten Landsäugetiere, das bis zu 3,80m Länge und bis 1,80 Höhe erreichen kann. Bei einem Gewicht von 1,8 bis 2t bei Kühen und bis zu 3,5t bei Bullen ist eine Sprintgeschwindigkeit von 40 km/h recht furchteinflößend, vor allem, weil sie sehr gut riechen können und nur schlecht sehen. Ihre Strategie ist dementsprechend „Angriff ist die beste Verteidigung“ 😉 Schön zu erleben, das diese Riesen normalerweise wenig angriffslustig sind und diese hier im Besonderen Menschen gewöhnt sind und sich deshalb nicht bedroht fühlen.
Hier noch ein paar spannende Fakten: Ihre Haut ist 2cm dick, die Kälber wiegen bei der Geburt nach 16-18 monatiger Tragzeit 40-60kg und bereits nach einem Jahr schon um die 440kg! Aber auch abgesehen von der imponierenden Masse haben Breitmaul-Nashörner auch eine imponierende Anzahl von Lauten zur Verfügung, die sich aus ihren engen sozialen Beziehungen entwickelt haben. Normalerweise leben die Weibchen mit ihrem Nachwuchs und weiteren Weibchen in einer Gruppe von 5-6 Tieren und haben ein kilometerweit reichendes Gebiet für diesen Verbund. (Weitere Infos zu Nashörnern und anderen tollen Tieren findest Du hier)
Doch vor den Erlebnissen am Waterberg stehen rund 400 Kilometer mit dem Wagen an. Wir starten von der Harnas Wildlife Foundation und fahren auf Sandpisten mit reichlich Dung und Mistkäfern, die sich auf selbe stürzen 😉 Schon bald kommen wir auf geteerte Straßen, holen am Seitenstreifen unseren Kompressor raus und steigen gleich wieder ein, bevor tausende von Ameisen über uns herfallen. Eigentlich fürchten wir uns nicht vor Ameisen, aber wow, die hier sind echt schnell und gehen gleich zum bissigen Angriff über. Also schnell die Ameisen abklopfen und zurück ins Auto. Auf dem nächsten freien Platz können wir dann unsere Reifen mit dem richtigen Reifendruck versorgen und machen auch gleich eine kleine Brotzeit 🙂
Frisch gestärkt geht es auf der Landstraße weiter und ehe wir uns versehen stehen Warzenschweine am Straßenrand und grasen. Wie cool! Wir hatten so gehofft nochmal welchen zu begegnen und nun stehen sie einfach da. Nur ist das Anhalten auf dieser schmalen Landstraße ohne Seitenstreifen nicht so ungefährlich, schliesslich darf hier bis zu 120Km/h gefahren werden, und so versuchen wir es mit langsam vorbei fahren. Toll, sie laufen sofort weg! Wir finden eine kleine Haltebucht ca. 50 Meter von den Tieren entfernt, aber auch jetzt laufen sie sofort weg. Das ist doch nicht zu fassen, du kannst mit über 100 Sachen einen Meter entfernt an ihnen vorbei brettern und sie zucken nicht mal mit der Wimper, aber wehe du wirst langsamer. Wir halten noch mehr Abstand ein, nehmen das 600er Teleobjektiv und versuchen uns immerhin teilweise erfolgreich anzuschleichen. Wir finden sie sehen einfach echt putzig aus 🙂
Für die letzten Kilometer lassen wir wieder Reifenluft ab und ehe wir an der Campsite ankommen wartet noch eine kleine Überraschung auf uns. Die Sandpiste ist teilweise vom Regenwasser unterspült und riesige metertiefe Risse lassen uns immer wieder die Fahrbahnseite wechseln. Wir haben keine Fotos davon, wollten wir doch lieber diese Passagen schnell hinter uns lassen und unsere Aufmerksamkeit dem schönen Tafelberg „Waterberg“ widmen. 50 Kilometer lang und 16 Kilometerbreit steht er mit seinen 200 Meter hohen Flanken vor uns. Rote Felswände umgeben von riesigen grünen Tälern. Den Namen verdankt er den oft hängenbleibenden Regenwolken und den resultierenden Niederschlägen, die die Umgebung mit Wasser versorgen.
Wir kommen zum Nationalparktor und können nach einer kurzen Kontrolle passieren. Auf dem Campsite Gelände erhalten wir einige Stellplätze zur Auswahl und nach einer kleinen Rundtour finden wir einen kleinen abgelegenen schönen Platz. Jeder Stellplatz hat etwas abseits eine eigene Dusche und Toilette. Einen Wasseranschluss und einen Schatten spendenden Unterstand gibt es auch, nur leider keinen Strom und das angekündigte Wifi im Restaurant ist nicht existent, aber dafür gibt es eine traumhafte Natur. Das Preis/Leistungsverhältnis ist, sagen wir mal ambitioniert 😉 Lange werden wir nicht bleiben können und so sehen wir zu, dass wir soviel Natur wie möglich in uns aufsaugen 🙂
Der nächste Morgen beginnt für uns mit einer Wanderung durch das Naturreservat mit der Hoffnung auf eine Begegnung mit Breitmaul-Nashörnern. Es ist acht Uhr morgens und schon schnell zeigt die Sonne ihre Kraft. Unser Guide führt uns schnellen Schrittes in Richtung Futterstelle der Nashörner. In der Trockenzeit ist es wichtig die Tiere zu füttern, da sie nicht genügend Nahrung in ihrer Umgebung vorfinden. Unser Guide ist zügig unterwegs und wir versuchen quasi im Vorbeilaufen noch ein paar Fotos von der Umgebung zu machen. Die Erde ist sehr ausgetrocknet und die wenigen Tierspuren, die wir sehen werden uns leider nicht erklärt.
Aber was sind schon Tierspuren, wenn plötzlich mehrere Giraffen auftauchen? Erst sehen wir nur Köpfe zwischen den Baumwipfeln und dann kommen sie heraus auf die freie Fläche. Mega schön! Zwei junge Giraffen messen ihre Kräfte in dem sie mit ihrem Hälsen ringen und andere kommen ein wenig näher und futtern fleißig weiter. Unser Guide ist mit dem Abstand zufrieden und näher liessen sie uns vor allem mit dem Nachwuchs nicht heran. Zu Fuss ist es ein noch beeindruckenderes Erlebnis als aus dem Auto heraus.
Die Zeit scheint zu drängen und unser Guide geht weiter, vorbei an einem Teilskelett einer Giraffe, die hier vor einem Jahr an Altersschwäche gestorben ist. Weitere Tiere bekommen wir nicht zu Gesicht, aber dass Highlight des Tages soll ja noch folgen. Und es folgt schon eine halbe Stunde später.
Da stehen sie nun. Richtig große Breitmaul-Nashörner! Vier Erwachsene und ein Kleineres, wobei „klein“ hier relativ ist 😉 Eine Mischung aus Nervosität, Begeisterung und leichter Ungläubigkeit macht sich bei uns breit, als wir nur 15 Meter entfernt, zu Fuss und ungeschützt vor diesen mächtigen Kolossen stehen. Sie sehen grandios und vollkommen friedfertig aus.
Nach ein paar Minuten gehen wir um die Mutter mit ihrem Kleinen herum und näher an die großen Bullen heran. Die Mutter folgt uns langsam mit ihrem Nachwuchs und der zeigt reges Interesse an uns seltsamen Tieren. Unser Guide droht minimal mit seinem Stock und unterbindet sofort jegliche Zutraulichkeit. Für beide Seiten ist ein Mindestabstand eine sinnvolle Entscheidung. In der Regenzeit, wenn die Umgebung genügend Futter zur Verfügung stellt, werden die Nashörner auch nicht zusätzlich gefüttert. Dann ist es auch schwieriger ihnen zu begegnen, da sie sich weitläufig herumtreiben. Wir sind jedenfalls geflasht und möchten gerne noch länger bei ihnen bleiben. Leider ruft unser Guide sehr zeitig einen Jeep für den Rückweg (und wir dachten wir laufen!) und so beendet er unsere Tour deutlich früher als die angepriesenen 3-4 Stunden. Leider bleibt deshalb auch hier ein kleiner schaler Nachgeschmack übrig, doch das Erlebnis Nashörnern so nah begegnen zu dürfen, ist für uns einmalig und absolut traumhaft.
Die Mittagshitze hat uns wieder und während sich Carsten im Schatten am Erlebten erfreut, geht Nadine noch mal schnell einen kleinen Geschichtstrail ab. Hier am Waterberg fand 1904 von deutschen Kolonialisten ein Völkermord statt. Davon und von unserer kleinen aber feinen Wanderung durchs Tal der Quelle erzählen wir Dir dann morgen 🙂